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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 10 (2. Feburarheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0351
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Bildung und
Schule

nie ganz überwunden und ist die
Grnndlage vieler dauernder Leiden.
s60 sind lungenkrank, trotzdem nur ^6
erblich belastet sind. Sorgfältige Er-
nährung und Bewahrung körperlich
Geschwächter vor Ansteckung könn-
ten viel Unheil vermeiden helfen.

Zielbewußten, gesunden, kräftigen
Frauen mit der erforderlichen Nei-
gnng und Anpassungssähigkeit bietet
trotz alledem die Krankenpflege eine
der schönsten Lebensaufgaben. Neben
der staatlichen Alters- und Inva-
liditätsversicherung ist eine leidliche
Versorgung durch privatc Versiche-
rung schon jetzt möglich, die im Fall
der Invalidität ohne jede Wartezeit
eine Rente ergibt, so daß auch die
Sicherung der materiellen Lagejetzt
erheblich aussichtsreicher ist als noch
vor einem Iahrzehnt. Und wer sich
nicht dauernd der Krankenpflege
widmen will, bringt auch aus ein
paar Iahren solcher Zätigkeit un-
schätzbare Lebenswerte hcim.

Schwester Agnes Karll

Erziehungsgenoffen-

schaften

n breiten, und nicht in den un-
^ tüchtigsten Schichten unsres Vol-
kes wird die Familienerziehung, die
Quelle alter deutscher Tüchtigkeit,
immer ernster beeinträchtigt durch
die wirtschaftlichen und sozialcn Zu-
stände. Frauenarbcit, übermäßige
Berufsleistung der Väter lockern
selbst da dic enge Lcbensgemcin-
schaft, wo ein aufrichtiger Wille
zum Familienleben im alten Sinne
besteht. Große unpersönliche, etwa
staatliche Erziehungsanstalten sind
gewiß unfähig, die Werte der alten
Familienerziehung allgemein zu er-
setzen: die Arbeit der Mutter, dcr
eigenen Angehörigen überhaupt
darf nicht ausgeschaltet werdcn. Da
bietet sich zur Vermittlung gleich-
sam etwas dar, was dem ersten
Blick allzusehr aus der Theorie ge-

boren schsint, bei nähercm Zusehen
aber gewiß nicht ohne Halt ist in
der Wirklichkeit unsres gegsnwärti-
gen sozialen Lebens. Natorp*
weist auf die Möglichkeit hin, dcn
aus Lngland stammeu'' .n Gedanken
der „Nach^arschastsgilden" in dieser
Richtung auszugestalten: Eruppen
von Famil'en schließen sich in der
Art einer freien Genossenschaft zum
Zweck gcmcinsamer Erzichung zu°
nächst ihrcr vorschulpflichtigen Kin-
der zusammen. Kann nicht jede Ar-
beiterfamilie für sich ihren Kindcrn
eine vollkommcnc Familienerzie-
hung bicten, so könncn doch wohl
mehrere vercint aus ihrer Mitte
dafür geeignete Pcrsonen stellen.
Die müßten dann eine einfache er-
ziehcrische Ausbildung empfangcn,
im übrigen aber durchaus im Le-
benskreise der ihnen anbcfohlencn
Kinder bleiben. Nebcn jüngeren
Mädchcn müßtcn Mütter herange-
zogen wcrden. Organisation und
Vcrwaltnng der Gruppen hätte
durchaus in den Händen der betei-
ligten Familien selbst zu liegcn: die
aufblühenden Verbranchs- und
Wirtschaftsgenossenschasten könnten
vielfach eine Stütze bieten.

Verdiente der Gedanke nicht ein-
mal eine praktische Probe im klei-
nen? Ansätze zu ähnlichen Ver-
suchcn finden sich schon mehrfach,
zum Beispiel in der Arbeit des
Hamburger Volksheims, wo die
Mädchenbünde in dcn Kindergrup-
pen mit tätig sind. Iedenfalls
müßte der Gedanke von freier Ge°
stellten zunächst einmal in die Ar-
beiterschaft getragen werdcn. Wo
sindet sich ein Anternehmcr, der in
scinem Wirküngskrcis einen Vcr-
such anregt? Daß bei all dem nur

* In dem Aufsatze „Aber eine
mögliche Umbildung der Familien-
crzichung in den arbcitcnden Klas-
sen" (Säcmann, (. 5).

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