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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 12 (2. Märzheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0521
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-und läßt sich auf keinem pädagogi-
schen Seminar und in keinem Kolleg
erwerben. Sie kann nur vervoll-
kommnet werden, wo sie bereits vor-
handen ist. Und sie ist seltener vor-
handen, als man nach der großen
Zahl der Pädagogen annehmen
möchte!

Erzieher, Lehrer, denen jene pä-
dagogische Anlage fehlt, werden trotz
alles pädagogischen Studiums zeit-
lebens kinderfremd bleiben. Sie
neigen sich nicht aus innerm Drang
heraus zur Iugend herab; sie wer-
dcn von intellektualistischen, kinder-
psychologischen Lrwägungen zur
Kindlichkeit gezwungen. Da°
durch bekommt ihr ganzes Verhalten
etwas Aunatürliches, Geschraubtes,
Kindisches. Kinder sind scharfe Kri-
tiker. Ihrem Spürsinn entgeht na-
türlich jener Zwang nicht; sie
scheuen sich, ihre eigne Natürlich-
keit zu offenbaren. Sie bleiben dem
Manne, der selbst in seiner gewoll-
ten unnatürlichen Iugendlichkeit
uur die sichere Äberlegenheit der
gereiftcn Persönlichkeit zum Aus-
druck bringen kann, im Kern ihres
Wesens fremd.

Ämgekehrt aber gibt es Men-
schen, die nie ein pädagogisches Werk
studierten, die Kinderpsychologie
kaum dem Namen nach kennen und
die doch, sobald sie mit Kindern in
Verührung kommen, ganz naturge-
mäß wieder jugendlich denken, füh-
len, hoffen und wünschen. Bci aller
Gereiftheit und Männlichkeit, bei
aller Aberlegenheit der eignen Per-
son — dics sei eigens hervorgehoben.
Abcr instinktiv fühlen sie, was dem
werdendcn Menschen not tut; sie fin-
den in der Welt des Kindes etwas
von der Hcimat, die man immer wie-
der aufsucht, so weit das Schicksal
uns auch in der Fremdc umherwan-
dcrn ließ. Ohne daß sie lange nach-
grübeln und logisch erwägen, sind
sie nun wieder zu Hause; alles ist

neu und eigenartig und doch altver-
traut. Der Lehrer wird wieder zum
Mitstrebenden, zum Freund und
Spielkameraden — zum Kinde —
trotz oder gerade wcgen seiner sichern
Abcrlegenheit in allen Fällen.

Dieses wunderbare Zusammen-
stimmen ist nicht lediglich ethischen
Ursprungs: Gottfried Kellers Aus-
spruch bedarf hier der Ergänzung.
Persönlichkeitsgehalt läßt sich nie-
mals eindeutig bestimmen und ab-
leiten. Sicher aber ist, daß die er°
zieherische Anlage in der Hauptsache
nicht ein Ausfluß intellektuellcr Be-
gabung ist, sondern auf Eigenschaf-
ten beruht, die heutzutage beim
Ausbilden und beim Prüfen unsrer
jungen Lehrer überhaupt nicht ge»
wertet werden. Kein Wunder dar-
nm, daß auf der einen Seite so
oft über „verschlossene Muscheln"
und auf der andern so viel über
^Zertrümmcrer" geklagt wird.

ErnstWeber

Käuferpflichten

^xirusgchend von der Forderung,
^L'daß sittliche Grundsätze unser ge-
samtes Tun und Lassen, auch alle
Akte des täglichen wirtschaftlichen
Verkehrs durchdringen sollen, erör-
tert Professor HeinrichHerknerin
dcr 80. Flugschrift des Dürerbundes
die Verantwortung, die dem Käufer
infolge seines wirtschaftlichen Ein-
flusses auferlegt ist. Von ihm
hängt es zum Teil ab, wieviel oder
wie wenig Solidität, Geschmack und
Sittlichkcit in unsrer Güterproduk-
tion, aber auch in Litcratur, Kunst,
Presse, Theater gilt. Die Käufer
dazu anzuleiten, daß sie ihre wirt-
schaftliche Macht im Sinne ge-
sunden Kulturstrcbens nützen, und
den in dieser Weise bestimmtcn
Käuferwünschen Nachdruck zu gebcn,
ist die Aufgabe eines Käuferbundes.

>— Die Flugschrift (bei Eallweh,
München) kostet (5 Pfennig.

2. MLrzheft chss PZ5
 
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