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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,4.1912

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Heft 20 (2. Juliheft 1912)
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Rundsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9025#0159
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„Dieser Vorschlag stellt den Ver-
such dar, den Urheber an der etwai-
gen Steigerung des Handelswertes
seiner Werke zu beteiligen. Es ist
eine in der Kunstgeschichte hundert-
fach bestätigte Erfahrung, daß ge-
rade der Schöpfer bedeutender
Kunstwerke erst allmählich »durch-
dringt«, weshalb er seine ersten
Werke weit unter dem Preise zu
verkaufen genötigt ist, den ihm spä-
tere Iahre zusprechen. Sind doch
Fälle bekannt, daß ein Kunstwerk
vom ersten Käufer etwa für 500
Mark erworben, aber noch bei Leb-
zeiten des Künstlers für 50 000
Mark und mehr weiterverkauft
wurde, so daß der Kunsthan-
del daran tatsächlich hun-
dertmal mehr verdient
hat, als der Schöpfer. Ist
es nicht an der Zeit, dem Künstler
wenigstens eine bescheidene Be-
teiligung an solchen Mehrer-
lösen als ein Urheberrecht zuzu-
sprechen? Die Festlegung eines sol-
chen Rechtes auch an verkausten
Werken scheint uns um so weniger
bedenklich, als ja durch die Gesetz-
gebung auch das Vervielfältigungs-
recht bereits vom Eigentumsrechte
losgelöst worden ist.

Die Fassung unseres Vorschlages
ist so zurückhaltend, wie hervor-
ragende Iuristen sie als wünschens-
wert, nunmehr aber auch als zu-
lässig erklärten. Auch jede anders-
artige Formulierung jedoch wäre
des Dankes der ernsten Künstler-
schaft gewiß. Nur meinen wir, daß
eine Zeit, die sogar auf die rein
technische Leistung des Abphoto-
graphierens ein Urheberrecht zu
begründen geneigt scheint, end-
lich auf irgendeine Weise dem
schöpferischen Künstler eine be-
scheidene Beteiligung am Mehrer-
löse des Kunsthandels aus seinen
Werken schon aus sittlichen Grün-
den nicht verweigern darfF

Der Erfolg unsrer Eingabe war,
daß sowohl von den Herren im
Reichstag wie in der Regierung die
Anregungen des Dürerbundes als
gänzlich „unmöglich" bezeichnet, und
daß über sie ohne weiteres hinweg-
gegangen wurde. Man lächelte ein-
fach über unsre „Utopie". Auch
als darauf von juristischer Seite ein
ausgearbeiteter Vorschlag im Kunst-
wart veröffentlicht wurde, ward dem
keinerlei Folge gegeben. Ietzt greift
die französische Regierung die Auf-
gabe an. Kein Kenner der Ver-
hältnisse bezweifelt: jetzt wird es
„möglich" sein, jetzt, da die An-
regung aus Frankreich kommt,
wird es auch bei uns zu Hause
„gehn". Amd wieder einmal wird
Frankreich als der Bringer einer
Kulturtat für Europa dastehn, weil
sich in Deutschland Regierung wie
Parlament mit den Kulturgedan-
ken ihres Volkes nicht ernsthaft
beschäftigt haben. Wir hinken nach,
wo wir führen konnten. And
außerdem sind sechs Iahre bei dieser
Sache verloren worden!

Pflanzenkunst

Zur ästhetischen Betrachtung der
Pflanzen

enn man mit unbefangenem
Auge die wildwachsenden
Pflanzen unsrer Heimat betrachtet
und sich völlig in ihre oft schlichte
Schönheit versenkt, wenn man es
versteht, sie zu schauen wie etwas
Neues, Niegesehenes, so wird man
oft zum höchsten Erstaunen bewegt,
Man beachtet im allgemeinen diese
stillen und bescheidenen Wunder-
werke zu wenig, man geht an ihnen
vorüber und hat meist nur Sinn
sür die üppigen Kulturblumen, die
der Gärtner züchtet. Die heimat-
liche Pflanze vermag dem zeichnen-
den Künstler noch immer vollkom-
men neue Aufgaben zu stellen.
Während man es in der Darstel-

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