Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,4.1912

DOI Heft:
Heft 24 (2. Septemberheft 1912)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Ein Vierteljahrhundert Kunstwart
DOI Artikel:
Ullmann, Hermann: Das deutsche Vaterland: ein Brief nach Deutschösterreich
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9025#0455
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
gedichtet, gesungert, gestaltet, hier weitertönen und -leuchten zu lassen.
Und allen Mitarbeitern im engeren Wortsinn — aber dazu gehören
nicht nur die Freunde von der Feder, die auch ohne jedes Wort
wissen, wie ich's meine. Auch die Männer und Frauen gehören
dazu, die in buchhändlerischen und technischen Betrieben mich den
Respekt vor jenen gelehrt haben, deren Namen nicht por die össent-
lichkeit kommt und die doch nicht nur mit aufopserungssreudigem
Fleiß, sondern auch mit echtem Idealismus an Arbeitstisch oder
Maschine Anentbehrliches und ost Äberraschendes helfen. Zwei Män-
nern aber schulde ich vor allen andern viel. Meinem Freunde
und Verleger Callwey, der mir in achtzehn Iahren gemeinsamer
Arbeit und vor tausenden von einzelnen Ausgaben nicht ein ein-
ziges Mal ein Hemmer,. jedes einzige Mal ein Förderer gewesen
ist. And dem, den ich nicht nennen darf, der durch die Gabe der
Kunstwartstistung meinen Sorgen Ruhe, meinen Plänen Sicherung
und zugleich so manchem Strebenden Hilfe gegeben hat.

Das Dankthema ist eins, von dem man schnell abkommen muß,
sonst wird man doch noch „sentimental". Schließlich ist's gut, daß
zum Rückwärtsblicken nicht viel Zeit bleibt. Das Beste vom ersten
Kunstwart-Vierteljahrhundert ist: daß es dem zweiten Arbeitsmittel
geschafsen hat. Für die Ausgaben selbst sorgt Frau Welt, und vor
uns stehen ja heut weit größere, wichtigere, schönere, als wir beim
ersten Auszuge sahn. Davon zu sprechen ist nicht Sache des Rück-
blicks, das gehört in den Iahrgang XXVI. Ich hab es nie glauben
können, daß die Iünglingszeit schöner sei, als die der vollen Mannes-
krast; vom Kunstwart weiß ich, daß seine Gegenwart schöner als
seine Vergangenheit ist. Im Werden steht er ja jetzt erst recht, im
Wachsen und im Wirken. Mir wünsche ich den Kopf, ihm noch
eine Weile tüchtig dienen zu können, das Auge, rechtzeitig zu sehen,
wann ich Platz machen muß, und dann die Hand, in die ich die
Arbeit legen kann. Wer die Leitgedanken dieser Arbeit nicht bloß
nachgedacht, sondern in sich erlebt hat, der wird ihr treu bleiben.
Im zweiten Vierteljahrhundert aus Wiedersehn! A

Das deutsche Vaterland

Ein Brief nach Deutschösterreich

>^^o bin ich denn, wohin uns Freunde in der Studienzeit sast alle
im „Reiche". Ist es eine „Erfüllung", wovon ich Dir
^^nach diesen ersten schweigsamen Monaten zu berichten habe? Ia.
Sie wurde mir nur freilich nicht auf so einfache Weise zuteil, als wir
uns das wohl dann und wann dachten.

Wir suchten gewiß keinen äußerlichen blendenden Glanz in den Stun-
den, in denen wir nach langen und oft mutlosen Gesprächen den Blick
von den damals so trüben Zuständen des Vaterlandes hinweg über die
Grenze sandten. Es war der Schimmer eines freieren, kraftvolleren,
seines Zieles gewisseren Lebens, der uns von „draußen" entgegenzudringen
schien, uns war, als entfalteten sich die deutschen Kräfte mächtiger, die
deutsche Seele freier in dem größeren Raume des geeinten Staates, als
lebe dort doppelt, was uns daheim noch immer zu schlummern und

2. Septemberheft 365 I
 
Annotationen