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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,4.1912

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Heft 20 (2. Juliheft 1912)
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Rundsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9025#0162
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manns eingerichtet. Auch die Groß-
indnstrie nahm die Anregungen mit
offenen Armen auf. Es wird immer
mehr eine Selbstverständlichkeit, daß
auf allen Gebieten, in denen der
Geschmack mitzusprechen hat, der
Rat des Künstlers eingeholt wird.
Deutlich ist das erkennbar in dem
heutigen Bestreben, auch die Fabrik-
gebäude in eine gute architektonische
Form zu bringen. Der Deutsche
Werkbund umfaßt schon heute alle
führenden Künstler auf dem Ge-
biet des Kunstgewerbes und der
Architektur, sowie eine große An-
zahl der Industriellen. Bewährt
hat sich das Prinzip, zur Mit-
gliedschaft aufzufordern und bei der
Aufnahme eine strenge Auswahl
walten zu lassen, statt beliebige Per-
sonen, die sich melden, aufzunehmen,
wie das in anderen Vereinen viel-
fach üblich ist. Bei dem Klang,
den der Name „Deutscher Werk-
bund" schon nach der kurzen Zeit
seines Bestehens angenommen hat,
ist es doppelt wichtig, auf ein hohes
Niveau seiner Mitglieder zu sehen
und dafür zu sorgen, daß Elemente,
die nur aus äußerlichen Gründen
sich herandrängsn, ferngehalten
werden.

Das Iahrbuch des Deutschen
Werkbundes ist ein stattlicher Band,
der, in sO 000 Abzügen zu dem
äußerst billigen Preise von 2 Mark
gedruckt, für Massenverbreitung be-
stimmt ist. Aus dem textlichen Teile
interessiert, daß in den Beiträgen
durchweg diesenigen zu Worte kom-
men, die aus der Erfahrung ihres
eigenen Berufslebens heraus spre-
chen und als Männer der Praxis
etwas zu sagen haben: Inhaber von
kunstgewerblichen Werkstätten, Li-
noleumfabrikanten, Beleuchtungs-
körperfirmen, Kunstpädagogen, Mu-
seumsdirektoren, Architekten usw.
Dadurch ist den Aussätzen etwas
Ursprüngliches eigen. Und wie man

einmal gern auf die Berufssprache
des Kunstschriftstellers verzichten
wird, so hat es etwas Anziehendes,
die recht und schlecht vorgetragene
Meinung derer zu hören, die prak-
tische Erfahrung gesammelt haben.
Äber die nächsten Wege und Ziele
des Deutschen Werkbundes berich-
tet Peter Iessen. Eine program-
matische Abhandlung, die gerade
in der angenblicklichen kunstgewerb-
lichen Entwicklungsphase von Be-
dentung sein dürfte, gibt Hermann
Muthesius in einer Rede „Wo
stehen wir?", die er auf der vor-
letzten Werkbundtagung in Dresden
gehalten hat. Hier wird, nach-
dem so viel von Zweckmäßigkeit und
Materialgerechtigkeit geredet worden
ist, einmal klar und deutlich das
Formproblem an die Spitze des
Werkbundprogramms gestellt. In
der Tat handelt es sich doch bei
allem sichtbaren Schaffen, das
heißt bei allem Schaffen für das
Auge, um die Erscheinung. Der
Kunstwart hat ähnliches seit Iahren
unter dem Stichwort „Ausdrucks-
kultur" verfolgt, welches Wort auch
Muthesius akzeptiert hat. Richard
Riemerschmid berichtet über die Or-
ganisation der Münchner großen
kunstgewerblichen Ausstellungen.
Eine weitere Reihe höchst inter-
essanter Aufsätze sind mitten aus
dem praktischen Leben gegriffen. Die
Abbildungen, die etwa die Hälfte
des Bandes füllen, geben ein Bild
vom Schaffen der Werkbundmit-
glieder. Das Iahrbuch, das unter
dem Titel „Die Durchgeistigung der
deutschen Arbeit" erschienen ist, soll
von jeht an, wie es in seinem
Namen liegt, jährlich herausgegeben
werden, wobei aber wahrscheinlich
eine jeweilige Spezialisierung auf
Einzelgebiete eintreten muß, um
Zersplitterung zu vermeiden.

Für die Wiener Tagung hatte
der Wiener Ortsausschuß umfas-

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