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Kunstwart und Kulturwart — 37,1.1923-1924

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Heft 1 (Oktoberheft 1923)
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Gedichte von Ferdinand Avenarius
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https://doi.org/10.11588/diglit.14439#0038

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Mrt heißem Hirne fühl ich mich genarrt
Und wende mich verstimmt zur Gegenwart —

Da plötzlich bin ich in ganz anderm Land,

Fremd ist mir's und kein Mensch darin bekannt:

Sie sprechen und sie tun, was geht's mich an?

„Mich"? Bin ich mehr denn als ein toter Mann?

Ich weiß nichts mehr von mir, sie sind allein
Auf ihrer Welt, mit allem ihrem Sein,

Bin weiter nichts mehr als das Schilf im Lauschen,

Das Tönen wird, wenn Wind und Welle rauschen.

Bnd alles schwebt ins Dunkel nun zurück.

Ich bin daheim. Rings ist das halbe Glück,

Rings klein und groß, rings dies und das und Plage
Im buntgewirrten schwachen Menschentage.

Aud was mir bleibt in allem dem Gewühl
Ist wieder nur, du Dämon, ein Gefühl.

Ich fürchte, daß du meine Kreise störst
Und trag ein heimlich Sehnen, daß du hörst.

Oktober 1922

Qualendämon

Sie wissen's nicht, wie ich auch dich empfunden,

Du Qualendämon schwarzer Menschenstunden,

Der alles zeigt von unten her im Licht,

Zu sprechen zwingt, was selbst uns widerspricht,

Zu quälen zwingt, wo Liebe in uns sucht,

Und wo wir segnen möchten, da verflucht
Er, die uns lieben, bis das letzte Flehn
Aufsteigt für sie, die selten uns verstehn
Und dennoch lieben, sie, du Teufelsgeist,

Die du, wie uns, in ihrem Ich entzweist. . .

Gott, der du mich so langen Weg gesührt
Rnd stets mir mehr gabst, als mir je gebührt,

Alt nun und krank, noch dieses bitt ich dich:

Muß denn gequält sein, quäle nicht durch mich —

Ist meine Pflicht ersüllt, so rufe mich.

Oktober 1922

Die Schichten

Sehnt ihr euch, so schließt euch, meine Augen,

Rnd aus Dunkeln löst sich euch ein stilles
Abendsonnenbild. Im Feld, mein Vater
Dir zur Seite schreit ich, jung an Iahren,

Durch das Wallen segenschweren Korns.

„Unterm Birnbaum?« „Ia, zur Bank am tzügel,

Wo Kornblumen mit den Halmen spielen.

Und wir fern im West die Türme sehen,

Still im Golde. .

Felder meiner Iugend, harte Straßen
Abermauern euch . . .
 
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