Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 34.1991

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Aktuelle Themen
DOI Artikel:
Podosinov, Aleksand'r V.: Zur klassischen Bildung in Rußland
DOI Artikel:
Fritsch, Andreas: Zum 400. Geburtstag von Jan Amos Comenius
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35875#0116

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
in Deutschland oder Rußland studieren zu können. Dr. Bubmann hat sogar versprochen, einen
Lateinlehrer aus Ingolstadt mit seiner Familie für ein Jahr nach Moskau einzuladen. In jedem Fall
glaube ich, daß dadurch die Zusammenarbeit und die Kontakte zwischen den sowjetischen und
deutschen Kollegen gefestigt und vertieft werden können und daß wir uns auf diesem Weg der so
sehr gewünschten gesamteuropäischen Integration nähern werden.
DR. ALEXANDER PODOSSINOV, Moskau

Zum 400. Geburtstag von jan Amos Comenius
Am 28. März 1992 jährt sich zum 400. Mal der Geburtstag des großen tschechischen Pädagogen
und Didaktikers, Theologen und Philosophen jan Amos Comenius. Aus diesem Anlaß hat die
UNESCO das Jahr 1992 zum Comenius-Jahr erklärt. Auch die Lateindidaktik ist dem großen Päd-
agogen verpflichtet, hat er doch eine Vielzahl seiner zahlreichen Werke den Fragen nach Zielen,
Inhalten und Methoden eines zeitgemäßen Lateinunterrichts gewidmet. Den größten Teil seiner
lateinisch geschriebenen didaktischen Werke konnte er 1657 im Amsterdamer Exil in vier großen
Folianten veröffentlichen: Opera Dtdacdca Omn/a. Sie wurden genau 300 Jahr später in Prag als
Facsimile nachgedruckt (1957).
Sein philosophisches Vermächtnis, niedergeiegt in dem siebenbändigen Werk De emendaü'one
rerum humanarum consu/tado catbob'ca, war lange Zeit verschollen und ist erst 1935 in den
Franckeschen Stiftungen in Flalle/Saale wiedergefunden worden. Es wurde 1966 erstmals voll-
ständig gedruckt und in einer den Opera D/dact/ca Omn/a ähnlichen Prachtausgabe von der
Akademie der Wissenschaften in Prag veröffentlicht. Es hat unser Bild vom Philosophen und
Theologen Comenius erheblich erweitert und vertieft. Aus Anlaß des bevorstehenden Comenius-
Jahres finden vielerorts wissenschaftliche Tagungen und Symposien statt. Die Altphilologen soll-
ten Comenius nicht allein den Philosophen, Pädagogen und Theologen überlassen, sondern sich
seines lateinsprachigen literarischen und fachdidaktischen Erbes stärker annehmen, als dies bis-
her der Fall war. Nicht selten verstellte nämlich eine auf den schon von Erasmus verspotteten Ci-
ceronianismus fixierte Sprachnorm den Blick der Philologen für Comenius' schöpferischen Geist,
der sich nicht zuletzt gerade in seinem sicheren, selbständigen, zeit- und sachgemäßen Ge-
brauch der lateinischen Sprache zeigte.
Für den Lateinlehrer und -didaktiker sind wohl hauptsächlich folgende Werke von bleibendem
Interesse: 1. D/dact/ca magna, 2. Desermom's Latin;' Studio didactica dissertatio, 3. Linguarum me-
thodus novissima, 4. Latium redivivum, 5. Pro Latinitate /anuae Jinguarum suae apo/og/a, 6. /anua
/inguarum reserata, 7. Orbis pictus. Aus Studiengründen und (seit 1620) als religiös Verfolgter
hielt sich Comenius etwa fünfzig Jahre in verschiedenen Ländern Europas auf, vor allem in
Deutschland (er studierte in Fleidelberg und Herborn; 1625/26 war er auch zweimal in Berlin),
Polen, England, Schweden, Ungarn und Holland. So ist er ein echter Europäer geworden, ein
Wegbereiter des Friedens und der Völkerverständigung und - durch seine Unterrichtstätigkeit,
seine didaktische Forschung und seine Beiträge zur Schulreform in verschiedenen Ländern - ein
wahrer Praeceptor gentium Luropae. Den Ruf, Präsident der neugegründeten Harvard University
in Amerika zu werden, nahm er wegen anderer Verpflichtungen nicht an. Die kritische Edition
seiner sämtlichen Werke wird seit mehreren Jahren von der Tschechoslowakischen Akademie
der Wissenschaften betreut. Die Ausgabe ist auf 27 Bände veranschlagt, die sich freilich oft noch
in mehrere Teilbände aufgliedern. Mehrere Bände, darunter auch der Band mit der D/dact/ca
Magna (15/1), liegen bereits vor.

102
 
Annotationen