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Sauter, Alexander; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Fürstliche Herrschaftsrepräsentation: die Habsburger im 14. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 12: Ostfildern, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.34726#0027

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Albrecht I. - die Ankunft einer Dynastie

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fällig erfolgt.9 Die Stadt bot sich »als taktischer Stützpunkt an«10, zumal sie an
der wichtigen Donaustraße lag und Rudolf während seiner Auseinanderset-
zungen mit Ottokar - ganz im Gegensatz zum widersetzlichen Wien" - die
Tore geöffnet hatte.12 Ausschlaggebend für die Ortswahl dürfte aber die per-
sönliche Verbindung des Königs zu dem Landschreiber Konrad von Tulln1
gewesen sein, der zudem die Stiftung in einer Weise förderte, daß er selbst als
»Mitstifter«14 des Klosters zu gelten hat.
Die Klosterkirche wurde in den Jahren 1280 bis 1290 erbaut.1" Ihr auffällig-
stes Merkmal war ein Statuenprogramm, das in den Jahren zwischen 1283
und 1290 entstand und im Chor der Kirche um den Altar herum aufgestellt
war.lb Es ist ebenso wie die Kirche nicht mehr erhalten, aber in Abbildungen
bei HERRGOTT überliefert. Dargestellt sind, an Pfeilern und auf Podesten auf-
gestellt, König Rudolf, seine Gemahlin,1 sein Sohn Albrecht I. und dessen
Gattin Elisabeth. Das Königspaar ist mit Kronen geschmückt; Albrecht trägt

9 Zur Bedeutung Tullns in der Babenbergerzeit vgl. CSENDES, Tulln. Für Jans von Wien war
Tulln sogar »des landes houptstat« (Fürstenbuch, 599, v. 35; zum Autor s.u. Anm. 32).
10 Ramharter, Kaiser Rudolf, 115.
11 Vgl. Lhotsky, Geschichte, 21.
12 In einer Urkunde Rudolfs für Tulln heißt es: »Considerantes, quod iidem Cives in primo felici
nostro adventu, ad agnicionem nostri nominis reverentissime venientes, nos pronis vultibus suscepe-
runt« (1276 Okt. 30; zit. n. KERSCHBAUMER, Geschichte, 483, Anm. 2).
Das Nahverhältnis Tullns zum König kommt auch in dem Siegel der Stadt zum Ausdruck.
Denn die Umschrift lautet: »S RVDOL CIVITATIS TVLNENSIS«, und im Siegelfeld ist ein
großes T zu sehen, darüber der kleinere Buchstabe R sowie rechts und links des T der Bin-
denschild und der einköpfige Reichsadler (vgl. Städte Niederösterreichs, 191, Nr. 12; Abb.:
KERSCHBAUMER, Geschichte, Titelblatt).
13 Zur Person vgl. KERSCHBAUMER, Geschichte, 478-487; REDLICH, Rudolf, 278, 357-360, 760f.;
LHOTSKY, Geschichte, 60, 74; Englisch, Beitrag, 54-61; Biack, Geschichte, 69-72.
14 KERSCHBAUMER, Geschichte, 264.
15 Sie ist heute nicht mehr erhalten, kann aber auf der Grundlage von Grundrißdarstellungen
des 18. Jahrhunderts weitgehend rekonstruiert werde (vgl. dazu und zum Folgenden WAG-
NER-RlEGER, Bildende Kunst: Architektur, 104-107; dies.. Mittelalterliche Architektur, 124f.; zur
Architektur außerdem B. SCHEDL, in: GBKÖ 2, 227t., Nr. 27). Es handelte sich um eine drei-
schiffige Hallenkirche mit plattem Chorschluß. Nach der Interpretation von WAGNER-RlEGER
wollte Rudolf damit ein politisches Zeichen setzen. Denn die gewählte Raumform schließe
vor allem an die von dem Babenberger Leopold VI. gestiftete Zisterzienserkirche in Lilien-
feld an, die ebenfalls beim Rechteckchor und der Ausführung des ersten Langhausjochs eine
Hallenform erkennen lasse. Dagegen scheint Ottokar II. eher eine basilikale Bauform bevor-
zugt zu haben. Rudolf habe also bewußt als Vorbild nicht die unmittelbar vorangehende
Bautätigkeit, sondern die der Babenberger gewählt. Dabei räumt WAGNER-RlEGER ein, daß
Rudolf auch andere Vorbilder gehabt haben könnte, zumal sich die Bauform zu dieser Zeit
durchzusetzen begann. Dennoch sei »eher mit einer programmatischen Neuschöpfung zu
rechnen, bei der sich alle möglichen Anregungen zu einer neuen Lösung zusammenfanden,
die dann ihrerseits für die weitere Bautätigkeit wegweisend sein sollte« (WAGNER-RlEGER,
Bildende Kunst: Architektur, 107).
16 S.u. Anh. 2, Nr. 2-5. Der terminus ante quem ergibt sich daraus, daß die in den Abbildungen
bei HERRGOTT zu sehenden Konsolen eingemauert in die Pfeiler erscheinen. Eine Fertigstel-
lung zur Zeit der Kirchweihe ist demnach sehr wahrscheinlich. In jedem Fall aber wurden
die Statuen gemeinsam mit dem Chorbau konzipiert (vgl. WAGNER-RlEGER, Bildende Kunst:
Architektur, 105f.; KUBES, Bauherr, 274f.). Zum terminus post quem s.u.
17 Zur Frage, welche Gemahlin Rudolfs dargestellt war, s.u.
 
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