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Sauter, Alexander; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Fürstliche Herrschaftsrepräsentation: die Habsburger im 14. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 12: Ostfildern, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.34726#0153

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Die Oberen Lande der Habsburger - Präsenz und Abwesenheit

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Weitaus wichtiger ist allerdings die Frage nach der Funktion, die Königs-
felden in den Oberen Landen erfüllte. Wie bereits erwähnt, hielt sich nach
dem Tod Leopolds I. im Jahr 1326 kaum mehr ein habsburgischer Herzog für
längere Zeit in den Oberen Landen aufG Mithin stellte die Anwesenheit von
Agnes das einzige Kontinuum habsburgischer Herrschaft in diesen Gebieten
dar. Die ihr damit zugewiesene Rolle nahm sie verhältnismäßig erfolgreich
wahr. Das Kloster Königsfelden, in dem sie residierte, entwickelte sich des-
halb - ob ursprünglich intendiert oder nicht - tatsächlich zu einem politischen
Zentrum der Familie in ihren westlichen Gebieten. Es wurde zu einem Zei-
chen der Anwesenheit in einer Zeit, in der sich kaum mehr ein regierendes
Familienmitglied dort aufhielt.
Die Unterschiede in den Glasgemälden des Chors und des Langhauses
spiegeln bis zu einem gewissen Grad diese Entwicklung wider. Denn wäh-
rend die Chorverglasung noch sehr stark dem privaten Gedenken an die Er-
mordung Albrechts I. verpflichtet war, trat bei den Langhausfenstern zu die-
sem Aspekt noch eine starke Betonung der Dynastie, ihrer Größe und ihrer
politischen Bedeutung hinzu. Sie sind deshalb in unserem Sinn wesentlich
repräsentativer als die Stifterbilder des Chors und können als bildlicher Aus-
druck der politischen und dynastischen Rolle angesehen werden, die Königs-
felden als Agnes’ Residenz zunehmend zu spielen begann.
Nach Agnes’ Tod im Jahr 1364 verlor Königsfelden die beschriebene Rolle
in politischer wie in dynastischer Hinsicht. Letzteres sei mit einem Blick auf
seine Bedeutung als Grablege nochmals verdeutlicht. Bereits vor 1364 hatte
sich kaum mehr ein Habsburger dort bestatten lassen. An die Stelle waren die
östlichen Grablegen Mauerbach, Neuberg und Gaming sowie schließlich die
Stephanskirche in Wien getreten. Nur mit der Beerdigung Leopolds III. erfüll-
te Königsfelden ein letztes Mal diese Funktion, was wohl mit der Nähe seines
Sterbeorts Sempach Zusammenhängen dürfte. Danach spielte es in dynasti-
scher Hinsicht kaum mehr eine Rolle, bis es 1415 ohnehin an Bern verloren-
ging-

Die Herrschaft zu Österreich (I)

Dieser Abschnitt geht von der Frage aus, ob es im 14. Jahrhundert den Ver-
such gegeben hat, den habsburgischen Gesamtbesitz durch einen Begriff zu-
sammenzufassen. Daß es in späterer Zeit solche Versuche gab, haben die For-
schungen LHOTSKYS hinlänglich gezeigt.v Denn die »Domus Austriae ist seit

86 S.o. S. 137-140.
87 Vgl. LHOTSKY, Haus; außerdem KOLLER, Bedeutung; ders., Herkunft; ZÖLLNER, Österreichbe-
griff, 37-40; Baum, Reichs- und Territorialgewalt, bes. 274—277, mit Belegtexten auf 371-393;
NlEDERSTÄTTER, Habsburg, 14f. Dabei kann Baum eine Reihe bislang unbekannter Belege an-
führen, die allerdings an LHOTSKYS Interpretation (Haus, 351), daß in der ersten Hälfte des
 
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