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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0019

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Einleitung

15

und die Ergebnisse. Hierzu zählen vor allem Arbeiten zur spätmittelalterlichen
politischen Geschichte oder Diplomatiegeschichte." So wurden diese Treffen
zumeist als Handlungsorte beurteilt, in denen Friedensschlüsse, Verträge oder
Rechtsakte ausgehandelt oder vollzogen werden konnten. Für die jeweiligen
Begegnungen standen dabei meist Fragestellungen der politischen Geschichts-
schreibung wie Handlungsintentionen, Reichweite und Wirksamkeit der ge-
troffenen Vereinbarungen im Vordergrund. Bisweilen wurden Begegnungen
auch unter dem Aspekt der kulturellen Unterschiede, gar des Austauschs be-
trachtet, sei es innerhalb europäischer Königreiche" oder zwischen christlichen
und nichtchristlichen Völkern.'* Jedoch erfordert der dort nicht systematisch
angestellte Kulturvergleich für eine größer angelegte Studie eine methodische
Fundierung. Dabei ist einer historischen Komparatistik auf europäischer Ebene
Rechnung zu tragen, wie sie bereits bei Marc Bloch oder Hannes Siegrist for-
muliert wurde." So verfolgen beispielsweise die umfangreichen Arbeiten im
Bereich der materiellen Hofkultur vor allem in Bezu^ auf Residenzen" und
Hofordnungen jene gesamteuropäischen Perspektive.
Doch auch die öffentlichen und vordergründigen Inszenierungen, die Ze-
remonien und Prachtentfaltung bei Herrschertreffen waren Gegenstand ein-
zelner Untersuchungen. Gerade hierbei wurden Konzepte zur Analyse heran-
gezogen, die politische Handlungen als regelhafte, ja regelgeleitete Rituale
deuteten. Dies basierte auf den vor allem für das Früh- und Hochmittelalter
in der Mittelalterforschung so ergebnisreichen Ritualforschung, wie sie in der
deutschsprachigen Mediävistik durch Gerd Althoff eingeführt wurde."' For-
schungen wie die von Victor Turner, die teilweise auf die Studien Arnold van
Genneps zu den Übergangsriten zurückgingen/' waren über die englischspra-
chige Mediävistik aufgenommen worden, wobei gerade auch Arbeiten von
Malcom Vale, Ralph Giesey, und Geoffrey Koziol diese Ansätze im Hinblick
auf die Erforschung von fürstlichen bzw. königlichen Handlungs- und Verhal-
tensweisen fruchtbar anwandten."

14 Sigismunds Englandreise 1416 beispielsweise ausführlich bei REiTEMEiER, Außenpolitik im
Spätmittelalter, 281-312; bei KiNTZiNGER, Westbindungen, S. 96-106.
15 AuTRAND, Aux origines de la diplomatie europeenne, S. 15-28 bezieht sich beispielsweise auf
Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Hoflebens, die bei der Reise Karls IV. nach Paris auf-
treten.
16 Treffen von Großfürst Jaroslav Vsevolodovic im Jahre 1243/44: HECKER, Khan und Großfürst,
S. 153-174.
17 Anknüpfend an Bloch: BoRGOLTE, Mediävistik als vergleichende Geschichte Europas, S. 313-
323; SiEGRisT, Perspektiven der vergleichenden Geschichtswissenschaft, S. 305-339; OsTER-
HAMMEL, Sozialgeschichte im Zivilisationsvergleich.
18 Zusammenfassend: PARAViciNi, Auf der Suche nach einem Hofmodell.
19 Dazu der jüngste Sammelband: KRUSE/PARAviciNi (Hg.), Höfe und Hofordnungen 1200-1600;
vgl. auch: ZiEDEK (Hg.), Hofkultur im spätmittelalterlichen Europa.
20 Vgl. dazu jüngst zusammenfassend: ALTHOFF, Die Macht der Rituale, S. 8-31, der die Grun-
dlagen der Ritualforschung darstellt; vgl. ebenso Althoffs Forschungsbericht in: DERs., Rituale,
S.140-154.
21 VAN GENNEP, Übergangsriten. Les rites de passage.
22 GtESEY, Ceremonial et puissance souveraine; KoziOL, Begging Pardon and Favor; VALE, Höfis-
che und städtische Kultur im Europa nördlich der Alpen (1200-1500).
 
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