Text und Ritual
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rechtskräftige Annahme von fünf Gesetzen."' Rechtsberatung und Verkündung
nahmen am Vormittag des 5. September 1338 sehr wahrscheinlich den größten
zeitlichen Anteil ein und dürften am Anfang der Sitzung gestanden haben. Die
Dauer erklärt sich aus dem besonderen Procedere beim Erlass dieser Geset-
ze, worüber das Notariatsinstrument Auskunft gibt. Zunächst habe der Kaiser
persönlich mit lauter Stimme die Bestimmungen der fünf Gesetze verlesen. Be-
reits dies dürfte einige Zeit in Anspruch genommen haben, bestätigen doch
die Notare, in ihrem Notariatsinstrument den genauen Wortlaut der Gesetze
wiederzugeben, die in der modernen Edition etwas mehr als drei Seiten bean-
spruchen/" Zudem wird individuell zu jedem Gesetz vermerkt, wie es von der
Versammlung aufgenommen und somit zu Reichsrecht wurde. Es folgte eine
Beratung und Diskussion unter den Kurfürsten und mit den übrigen Reichs-
fürsten und Großen (zzzfcr sc tzc cum tdz'z's prz'z-zcz'pes et zrzagzzatzüzzs),'" die jeweils
von den Erzbischöfen von Köln und Trier geleitet wurde.
Das erste Gesetz bestand aus einer Zusammenfassung und Weiterführung
des Rhenser Weistums - das von den Kurfürsten ausgegangen war - sowie
den rechtlichen Folgerungen, die der Kaiser daraus zog oder vielmehr gezogen
haben wollte. Aufgrund seiner rechtmäßigen Wahl durch die Kurfürsten sei
er rechtmäßiger römischer König und ihm stünden die Verwaltung, Lenkung
und Regierung der Güter, Lehen und Rechte des Römischen Regnums wie des
Römischen Imperiums zu. Daraus ergab sich für Ludwig und die das Gesetz
vorbereitenden Juristen die notwendige Folgerung, die in Rhense nicht verkün-
det worden war, aber nun durch die Ansprache des Kaisers ausgeführt wurde.
Ludwig trug persönlich vor, dass er als Gewählter sofort die Reichsrechte in
Anspruch nehmen und sich krönen lassen könne, wann, wo und von wem er
wolle (szze &czzz'plzzcz'to uoüzzüzdz's). Daher seien die päpstlichen Prozesse ungültig
und niemand dürfe diese zum Anlass nehmen, gegen den Kaiser vorzugehen.
Das zweite Gesetz verdient insofern Aufmerksamkeit, da auch in diesem
vordergründig auf Reichsangelegenheiten eingegangen wurde, sich aus ihm
allerdings ein unmittelbarer Nutzen für den englischen König ergab. Das
Majestätsrecht und die Anwendung der Regelungen des crz'zrzezz Zcse mtzjesüz-
tz's seien auch auf die Person des kaiserlichen Vikars anzuwenden. Gemäß des
Allgemeinheitsanspruchs der Reichsgesetze wurde der Name des Vikars nicht
genannt. Den verhandelnden Reichsfürsten musste jedoch klar sein, dass der
Nutznießer dieses Gesetzes der neben dem Kaiser thronende Eduard war. Die
Findung von Reichsrecht und die Anwesenheit des englischen Königs standen
somit in direktem Bezug.^"' In dieser Weise kam auch das fünfte Gesetz dem
117 STENGEL, Avignon und Rhense, S. 161f.; LtEBERicn, Kaiser Ludwig der Baier als Gesetzgeber,
S. 196-207; KRIEGER, Lehenshoheit, S. 402.
118 Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 557, S. 372: oer&o ad uertmm paMice iech's ptern'as sunt
conscn'tpfa; idem dominus Imperator patdice ac sonora uoce proposait (ebd., S. 371); ^aam senfenh'ani
ipse dominas Imperator modo, c?ao premiftifar in legem inuioInMifer perpetae odseroaadaar statait
(ebd., S. 374). Dazu auch: HECKMANN, Das Reichsvikariat Eduards III. von England, S. 171.
119 Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 557, S. 373.
120 Allerdings erlangte die in der HandschriA Paris, BNF, Colb. 10197 überlieferte Generalklau-
sel, dass nicht die Befehdung des Kaisers, sondern jeder Fall lehnrechtlicher Felonie wie ein
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rechtskräftige Annahme von fünf Gesetzen."' Rechtsberatung und Verkündung
nahmen am Vormittag des 5. September 1338 sehr wahrscheinlich den größten
zeitlichen Anteil ein und dürften am Anfang der Sitzung gestanden haben. Die
Dauer erklärt sich aus dem besonderen Procedere beim Erlass dieser Geset-
ze, worüber das Notariatsinstrument Auskunft gibt. Zunächst habe der Kaiser
persönlich mit lauter Stimme die Bestimmungen der fünf Gesetze verlesen. Be-
reits dies dürfte einige Zeit in Anspruch genommen haben, bestätigen doch
die Notare, in ihrem Notariatsinstrument den genauen Wortlaut der Gesetze
wiederzugeben, die in der modernen Edition etwas mehr als drei Seiten bean-
spruchen/" Zudem wird individuell zu jedem Gesetz vermerkt, wie es von der
Versammlung aufgenommen und somit zu Reichsrecht wurde. Es folgte eine
Beratung und Diskussion unter den Kurfürsten und mit den übrigen Reichs-
fürsten und Großen (zzzfcr sc tzc cum tdz'z's prz'z-zcz'pes et zrzagzzatzüzzs),'" die jeweils
von den Erzbischöfen von Köln und Trier geleitet wurde.
Das erste Gesetz bestand aus einer Zusammenfassung und Weiterführung
des Rhenser Weistums - das von den Kurfürsten ausgegangen war - sowie
den rechtlichen Folgerungen, die der Kaiser daraus zog oder vielmehr gezogen
haben wollte. Aufgrund seiner rechtmäßigen Wahl durch die Kurfürsten sei
er rechtmäßiger römischer König und ihm stünden die Verwaltung, Lenkung
und Regierung der Güter, Lehen und Rechte des Römischen Regnums wie des
Römischen Imperiums zu. Daraus ergab sich für Ludwig und die das Gesetz
vorbereitenden Juristen die notwendige Folgerung, die in Rhense nicht verkün-
det worden war, aber nun durch die Ansprache des Kaisers ausgeführt wurde.
Ludwig trug persönlich vor, dass er als Gewählter sofort die Reichsrechte in
Anspruch nehmen und sich krönen lassen könne, wann, wo und von wem er
wolle (szze &czzz'plzzcz'to uoüzzüzdz's). Daher seien die päpstlichen Prozesse ungültig
und niemand dürfe diese zum Anlass nehmen, gegen den Kaiser vorzugehen.
Das zweite Gesetz verdient insofern Aufmerksamkeit, da auch in diesem
vordergründig auf Reichsangelegenheiten eingegangen wurde, sich aus ihm
allerdings ein unmittelbarer Nutzen für den englischen König ergab. Das
Majestätsrecht und die Anwendung der Regelungen des crz'zrzezz Zcse mtzjesüz-
tz's seien auch auf die Person des kaiserlichen Vikars anzuwenden. Gemäß des
Allgemeinheitsanspruchs der Reichsgesetze wurde der Name des Vikars nicht
genannt. Den verhandelnden Reichsfürsten musste jedoch klar sein, dass der
Nutznießer dieses Gesetzes der neben dem Kaiser thronende Eduard war. Die
Findung von Reichsrecht und die Anwesenheit des englischen Königs standen
somit in direktem Bezug.^"' In dieser Weise kam auch das fünfte Gesetz dem
117 STENGEL, Avignon und Rhense, S. 161f.; LtEBERicn, Kaiser Ludwig der Baier als Gesetzgeber,
S. 196-207; KRIEGER, Lehenshoheit, S. 402.
118 Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 557, S. 372: oer&o ad uertmm paMice iech's ptern'as sunt
conscn'tpfa; idem dominus Imperator patdice ac sonora uoce proposait (ebd., S. 371); ^aam senfenh'ani
ipse dominas Imperator modo, c?ao premiftifar in legem inuioInMifer perpetae odseroaadaar statait
(ebd., S. 374). Dazu auch: HECKMANN, Das Reichsvikariat Eduards III. von England, S. 171.
119 Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 557, S. 373.
120 Allerdings erlangte die in der HandschriA Paris, BNF, Colb. 10197 überlieferte Generalklau-
sel, dass nicht die Befehdung des Kaisers, sondern jeder Fall lehnrechtlicher Felonie wie ein