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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0063

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des Adam de Murimuth und der Scalacronica des Thomas Gray of Heton gar
nicht im Zentrum eines Gerichtsprozesses gegen Philipp VI. zu stehen. Viel-
mehr verhielt sich Ludwig wie ein Richter im Konflikt zwischen dem engli-
schen und dem französischen König, und damit gleichsam als Richter über
Könige bzw. als Weltenrichter. Adam de Murimuth berichtet, dass er als Kai-
ser das höchste Richteramt ausübe/*" Der Abt von Viktring bezeichnet ihn als
Vorsitzenden eines Tribunals gegen Philipp/*' Thomas Gray of Heton verbin-
det bereits die Ereignisse des Kronetragens mit dem Recht über den König
von Frankreich urteilen zu können.'*^ Im Mittelpunkt standen die Anklagen
Eduards III. bezüglich der ungerechtfertigten Ansprüche Philipps und dessen
Angriffe auf die Normandie, Aquitanien, Anjou und Artois sowie der unrecht-
mäßigen Beanspruchung der französischen Krone durch Philipp. Die genauen
Anklagepunkte und das Urteil Ludwigs ist, sofern es am 5. September gespro-
chen wurde, nicht überliefert. Dies scheint jedoch nicht ungewöhnlich, da eine
Aufzeichnung des mündlichen Urteils nicht den Gepflogenheiten eines könig-
lichen Gerichtstages entsprach. Lediglich aus einer Notiz bei Henry Knighton
geht hervor, dass der Kaiser allen Versammelten die Unrechmäßigkeiten und
Verfehlungen Philipps dargelegt und gegen diesen die Forisfactio, also den
Rechtsverlust, ausgesprochen habe/"'* Anschließend habe Ludwig den franzö-
sischen König und dessen Anhänger als ettittü H rdWles verurteilt und ihnen
als Friedlosen die Fehde erklärt und sei das Bündnis mit Eduard eingegangen,
um ihnen als gerechte Strafe die widerrechtlich angeeigneten Gebiete, Güter
und Rechte zu entreißen/"' Der deutsch-englische Bündnisvertrag Ludwigs
mit Eduard am Folgetag nahm ebenfalls auf die Verurteilung Phillips bezug.

126 Die ausführlichste Beschreibung findet sich bei Johannes von Viktring, Liber certarum histori-
arum, ed. Schneider, Bd. 2, S. 210-212 in dessen späterer, prägnanteren Version (Recensio D),
in der Ludwig als Richter und als Appellationsinstanz für den englischen König und als Ver-
teidiger des Friedens im Erdkreis darstellt wird: Et seEenfe fmperafore pro frzEnnaE contra regem
Fronde, presentiEns Mognnf;no, Freuerensi epi'scopi's, EncEiMS, pafafz'nis ac in/i'mE's i'mperE magnafi-
Ens, i'nci'pi'f acfz'onem, repefens Encafnm NorfEmannz'e et Apnz'fanz'e, comz'fafnm AnEegauensezzz et coro-
nam regnz Francz'e sz'Ez et sororis sneTEo, z'mperafoi'em, or&z's Ee/ensorem, iHEzcem ZMsfz'cz'e z'nferpeEnns,
z'nEz'czMm szEz'Terz pefens a maL^Eei possesore. Die frühere und genauere Recensio Abringt zwar
Daten und Abläufe des Koblenzer Tages durcheinander, nennt allerdings zusätzlich Artois als
Streitpunkt: ebd., S. 178f.
127 Adamus Murimuthensis, Continuatio Chronicarum, ed. Thompson, S. 84f., Anm. 16, Hs-Vari-
ante N: [...] pronf morz's esf imperaforzEns in szunmz's EzEz'cz'z's exercenrE's
128 Thomas Gray of Heton, Scalacronica, ed. Stevenson, S. 168: Le roy EeEenz fes z)'. premz'ers mops Ee
sonn aryoaf se trey al emperonr Eotoys a Conefens, on z'f feint consfoir piener, on/nsf pronnnce en piayn
constoir ie Eroz'f Ee ie roy Dengiefer En conronne Ee France et accepfe en cei conrf, yne [...].
129 WErrzEL, Art. »Königs- und Hofgericht«, in: LexMa 5, Sp. 1331f.; DiESTELKAMP, Die höchste
Gerichtsbarkeit in England, Frankreich und Deutschland; KAUFMANN, Art. »Königsgericht«,
in: HRG 2, Sp. 1034-1040.
130 Die Diktion der Notiz in Knightons Chronik weist hier auf eine mögliche juristisch formulierte
Vorlage hin.
131 Henry Knighton, Chronicle, ed./engl. Martin, S. 8 u. 10: et zEz'Eem Imperator coram omni popzEo
congregafo osfenEE et nofz/z'caoz't omniEns znnafnraEfafezn et i'noFeEi'enfi'om ac i'mprotn'fafem pnam rex
Francz'as ez/eceraf, et zEz'Eem regem Francz'a? Ez^z'Eetzaf, et z'n/büs/äcfzzra zpszzm et omnes snos aEEasrezz-
fes promnfgauz'f; Bündnisvertrag vom 6. Sept. 1338: Das deutsch-englische Bündnis, ed. Bock,
Nr. 525, S. 115f.
 
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