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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0065

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Text und Ritual

61

wandern mit halbhohen goldenen Schuhen und seiner Krone gesessen habe.
Allerdings fährt der Autor fort, dass die Herzoge von Brabant und Geldern
hinter dem Kaiser gestanden und je ein blankes Schwert empor gehalten hätten.
Johann von Brabant war jedoch nachweislich nicht in Koblenz und Rainald von
Geldern noch Graf. Erst am 19. März 1339 sollte er von Ludwig zum Herzog er-
hoben werden.'^ Dann habe der Erzbischof von Köln, der ebenfalls nachweis-
lich nicht in Koblenz zugegen war, mit anderen Bischöfen den wohl berittenen
König von England an das Podium herangeführt. Eduard, der einen goldenen
Umhang getragen habe, sei von 300 weiteren Rittern begleitet worden. Ludwig
habe ihm einen goldenen Stab in die Hand gegeben und ihn so als Vikar des
Kaisers bestätigt.'" Eine Stabübergabe als Symbol einer Amtsübertragung ist
zwar für Hofämter am königlichen Hof und an fürstlichen Höfen nachweis-
bar.' ^ Bei der Verleihung des Vikariats war eine Stabübergabe abgesehen von
der Verleihung des Vikariats mit einer Rute (per HaccEHhnn) an Castruccio
Castracani im Jahre 1328, nicht gebräuchlich.'^
Die Verleihung des Reichsvikariats an Eduard könnte also durchaus mit ei-
nem goldenen Stab durchgeführt worden sein. Allein die Tatsache, dass alle an-
deren Chronisten eine derart starke Zeichensetzung übergehen, legt aber nahe,
dass die Vikariatsverleihung an Eduard im engsten Kreise vollzogen wurde
und daher unbeobachtet blieb oder dass der Autor der Chronographia Regum
Francorum im Nachhinein dem Geschehen eine für ihn notwendig erscheinen-
de Symbolhandlung hinzufügte. Allerdings ist die Verleihung des Reichsvika-
riats in der Form einer Lehnszeremonie unwahrscheinlich, da das Reichsvika-
riat, wie bereits Trautz feststellte, nicht lehnbar war.'""'
Plausibler scheint die Version Henry Knightons, dessen Bericht aufgrund
seiner zeitnahen Abfassung als sehr glaubwürdig einzustufen ist. Nachdem
Ludwig Philipp VI. aufgrund seiner Vergehen gegen das Reich und gegen
den König von England im Rahmen einer Gerichtssitzung die Fehde angesagt
und ihn und seine Getreuen für friedlos erklärt hatte, habe Ludwig Eduard zu
seinem Vikar erklärt.'"' Der englische Chronist Adam de Murimuth lässt die

136 Erhebungsurkunde in: Gelderse Charters uit München teruggekeerd, ed. Meij, Nr. 68; dazu
ausführlich: HEiNRicxs, Rainald von Geldern, S. 78f.
137 Chronographia Regum Francorum. Ed. Moranville, Bd. 2, S. 65f.: iaferaa Arcta'episcopas Coio-
aieasis et omaes episcopi ejasdem prcuiacie iadati sacris uestzhas, adaxeraat regen? Aagiie iadatam
aeste aarea aoia'ii ei preciosa aaide, et EaFebat secam treceatos miiites ipsaza coadaceates azzte dictaza
Eadoaicam pai se imperatorem dicetzat: zyai dedit ez az'rgam aaream ia maaa,/aitpae cozpirzaafas aica-
rias imperaioris.
138 CARLEN, Art. »Stab«, in: HRG 4, Sp. 1838-1844; voN AMiRA, Der Stab in der germanischen
Rechtssymbolik; vgl. auch die zum Thema »Stabübertragungen« am Historischen Seminar
Heidelberg in Bearbeitung befindliche Dissertation von Paul Töbelmann.
139 So wurde beispielsweise Castruccio zum Vikar ernannt: MGH, Const. 6/1, Nr. 462, S. 379-
381. Vgl. dazu mit einer gewagten Rückführung auf die antiken Rutenbündel: HECKMANN,
Stellvertreter, S. 464.
140 TRAUTZ, Die Könige von England und das Reich, S. 276.
141 Henry Knighton, Chronicle, ed./engl. Martin, S. 8, 10: [...] Imperator [...] iia'dem regem Eraacz'as
di^z'detzat, et ia Jöz'is/actara z'psaa? et omaes saos adtzsreaies pzaazaigaaif Deiade fzapez'ator/ecz't Ed-
azardam saaza aicariam et dedit ei pieaaza saaaz potestatea? de Coioaia et citra. Et saper Eoc dedit ei
cartam saam az'deate ozaai popaio.
 
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