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Teil 1: Spätmittelalterliche Herrschertreffen
wurden. Dort stritten die Gelehrten Jean Petit und Jean Gerson als Kontrahen-
ten u. a. auch um die Gültigkeit geleisteter Treueide.*'^
Zusammenfassend ließe sich die allgemeine Bedeutung königlicher Eide bei
Herrschertreffen als das wichtigste Instrument zur »Perfektion internationaler
Verträge«^ charakterisieren. In den Fällen, in denen man sich zur Leistung
eines Eides entschloss, wurde das allgemeine Modell für eine Eidesleistung
mit Gottesbezug geschickt den jeweiligen Vertragsinhalten und politischen Er-
fordernissen angepasst. Bei der Untersuchung der Häufigkeit zeigte sich, dass
königliche Eide insgesamt über die Zeitspanne von 1270 bis 1440 einen Bedeu-
tungsrückgang erlitten. Auch wenn das Spätmittelalter, mit Paolo Prodi gespro-
chen, als diejenige Epoche gelten kann, in der der Eid sozialer Grundpfeiler
und institutionelles Bindemittel par excellence warp^ verloren hier die Eide den
Stellenwert, den sie in den Jahrhunderten zuvor noch hatten. Dies ist nicht nur
an der inflationär wachsenden Zahl von Eiden, vor allem Kaiser Sigismunds
abzulesen, sondern auch an der wesentlich stärkeren Verankerung der Ver-
tragsinhalte durch andere, materielle Sicherheiten, die in den Vertragstexten
benannt wurden. Die ausführliche Untersuchung der Herrschertreffen anhand
der dort geleisteten Eide erwies jene Juridifizierung der internationalen Verträ-
ge, die im Zusammenhang mit einer stärkeren rechtlichen Durchdringung des
Regierungsgeschehens im Spätmittelalter steht. Doch auf diese kann hier nicht
weiter einegangen werden. Gleichwohl blieb der Eid ein häufiger, schließlich
notwendiger Bestandteil von Verträgen zwischen Königreichen, über deren
Rechtsgeschäfte keine höhere weltliche Autorität mehr wachte.^'
204 Zu den Theorien zu Eiden radikaler Christen: PRODI, Sakrament der Herrschaft, S. 301f.; zum
Streit Jean Gersons und Jean Petits um den Eid vgl. GuENEB, Non perjurabis, S. 241-257.
205 ZiEGLER, Völkerrechtsgeschichte, S. 100.
206 Das Spätmittelalter bildete nach PRom, Sakrament der Herrschaft, S. 141 den Höhepunkt der
körperschaftlich organisierten »geschworenen« Gesellschaft.
207 PRom, Sakrament der Herrschaft, S. 179.
Teil 1: Spätmittelalterliche Herrschertreffen
wurden. Dort stritten die Gelehrten Jean Petit und Jean Gerson als Kontrahen-
ten u. a. auch um die Gültigkeit geleisteter Treueide.*'^
Zusammenfassend ließe sich die allgemeine Bedeutung königlicher Eide bei
Herrschertreffen als das wichtigste Instrument zur »Perfektion internationaler
Verträge«^ charakterisieren. In den Fällen, in denen man sich zur Leistung
eines Eides entschloss, wurde das allgemeine Modell für eine Eidesleistung
mit Gottesbezug geschickt den jeweiligen Vertragsinhalten und politischen Er-
fordernissen angepasst. Bei der Untersuchung der Häufigkeit zeigte sich, dass
königliche Eide insgesamt über die Zeitspanne von 1270 bis 1440 einen Bedeu-
tungsrückgang erlitten. Auch wenn das Spätmittelalter, mit Paolo Prodi gespro-
chen, als diejenige Epoche gelten kann, in der der Eid sozialer Grundpfeiler
und institutionelles Bindemittel par excellence warp^ verloren hier die Eide den
Stellenwert, den sie in den Jahrhunderten zuvor noch hatten. Dies ist nicht nur
an der inflationär wachsenden Zahl von Eiden, vor allem Kaiser Sigismunds
abzulesen, sondern auch an der wesentlich stärkeren Verankerung der Ver-
tragsinhalte durch andere, materielle Sicherheiten, die in den Vertragstexten
benannt wurden. Die ausführliche Untersuchung der Herrschertreffen anhand
der dort geleisteten Eide erwies jene Juridifizierung der internationalen Verträ-
ge, die im Zusammenhang mit einer stärkeren rechtlichen Durchdringung des
Regierungsgeschehens im Spätmittelalter steht. Doch auf diese kann hier nicht
weiter einegangen werden. Gleichwohl blieb der Eid ein häufiger, schließlich
notwendiger Bestandteil von Verträgen zwischen Königreichen, über deren
Rechtsgeschäfte keine höhere weltliche Autorität mehr wachte.^'
204 Zu den Theorien zu Eiden radikaler Christen: PRODI, Sakrament der Herrschaft, S. 301f.; zum
Streit Jean Gersons und Jean Petits um den Eid vgl. GuENEB, Non perjurabis, S. 241-257.
205 ZiEGLER, Völkerrechtsgeschichte, S. 100.
206 Das Spätmittelalter bildete nach PRom, Sakrament der Herrschaft, S. 141 den Höhepunkt der
körperschaftlich organisierten »geschworenen« Gesellschaft.
207 PRom, Sakrament der Herrschaft, S. 179.