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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0235

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Zwei Könige desselben Reichs

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zeichnete. Dadurch gewinnt die Beschreibung des Zisterziensermönchs von
Fürstenfeld über die Unterwerfung Friedrichs an Glaubwürdigkeit, obwohl
jener ohne explizit parteilich zu sein, dem bayerischen Mäzen seines Klos-
ters sicherlich zugewandt waQ Unabhängig davon, wie die Begrüßungs-
szene auf dem Schlachtfeld verlaufen war und unabhängig davon, was Mathi-
as von Neuenburg mit dem konsternierten Verhalten Friedrichs insinuierte, der
Mönch von Fürstenfeld gab seiner Erzählung eine entscheidende Akzentuie-
rung, indem er nicht nur die Fherarchieverhältnisse versinnbildlichte (Ludwig
erhaben, Friedrich am Boden), sondern den für ihn rechtmäßigen König auch
noch mit königlicher Gesinnung darstellte: Ludwig ließ gegenüber Friedrich
die Gnade walten, die sich für einen guten König ziemte.
Eine letzte Quelle sei angeführt, die ein devotes Auftreten Friedrichs nahe-
legt. Es ist dies die großteils 1341/42 entstandene Chronica Ludovici IV. eines
nicht weiter bekannten Autors, dessen durchaus auch panegyrisch übertrei-
bendes Lobgedicht für eine ereignisorientierte Flistoriographie als zweifelhafte
Quelle eingestuft wurdet Im Zusammenhang mit den Herrschertreffen werden
allerdings gewichtige Aussagen getroffen. Der Verfasser, der im Inn-Salzach-
raum beheimatet war, griff bei seiner Abfassung auf keinerlei schriftliche Vor-
lagen, sondern in erster Linie auf mündliche Überlieferungen zurück, weshalb
seine plastische Formulierung eines Unterwerfungsaktes Friedrichs nicht über-
gangen werden kann. Seiner Darstellung zufolge habe der Habsburger seinen
Onkel wortreich um sein Leben angefleht und dabei sogar seinen Anspruch auf
das Königtum und seine persönliche Freiheit zur Verfügung gestellt. ' Darauf-
hin habe Ludwig ihn aufgenommen und in Gefangenschaft geführt (asszunpszt
[...] H &zxz'f Rafzspoziazn). So scheint diese verbale dcdztzo eine die Unterwürfig-
keit durch Gesten nahe zulegen und eine Erzähltradition im südbayerischen
Raum anzudeuten, nach der König Friedrich vor Ludwig sogar einen Kniefall
geleistet habe.
Auf der ereignisgeschichtlichen Ebene lassen sich die herangezogenen
Quellen, der Bericht der Schlacht von Mühldorf, die Chronik des Mathias Neu-
enburg, die Chronica de gestis principum und die Chronica Ludovici IV., nicht
zu einem stimmigen Bild vereinen. Berücksichtigt man, dass jeder der Verfas-
ser den Moment der von Angesicht zu Angesicht stehenden Gegenkönige als
Schlüsselstelle für deren rechtmäßiges Königtum gestaltete, so verwundert es
nicht, dass die Darstellungen der postulierten Aussagen und Handlungen am
Ende der Schlacht so vollkommen gegensätzlich sind.

8 Leidinger, Einleitung zu Chronica de gestis principum, in: Bayerische Chroniken des XIV. Jahr-
hunderts, ed. Leidinger, S. 9.
9 Vgl. Einleitung zu: Chronica Ludovici IV., in: Bayerische Chroniken des XIV. Jahrhunderts,
ed. Leidinger, S. 109-111.
10 Chronica Ludovici IV., in: Bayerische Chroniken des XIV. Jahrhunderts, ed. Leidinger, S. 128:
O Lndnuce Nomine, rex RoTTMnorMM inciyie, recipife nos miseros exnunc in uesiros Ja"Mos; accipiie
ei capiie ei permiüaiis uiuerei Dimiüo oo&is mnndnm, resigno oo&is regnum; insuper ei/aieor uos esse
menm dominum. Perdidi coiores, amisi res ei Sonores. Ad inuicem dicenies se mnir/o oidenies: Meriio
iiec paiimnr, ^nia peccaoimns in nosirnm oernm do77iinnm, Lndonicnm incii/inm.
 
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