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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0319

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Zeremoniell und Inszenierung

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Empfang in Paris, nach der Epiphaniasmesse und dem anschließenden Essen
sowie beim Besuch des Kaisers in Saint-Pol von Angesicht zu Angesicht. Wenn
aber ausführlich ein Treueversprechen Wenzels mit dem Vokabular einer Beleh-
nung beschrieben wird, so ist es zumindest nicht reine Spekulation, einen Akt
der Belehnung des Dauphin mit dem Vikariat über das Arelat anzunehmen,
der jedoch in der französischen Hofberichterstattung verschwiegen wurde.

Rex z'mpemfor zu regno sno
König Karl V. war vor die nicht leichte Aufgabe gestellt, den Besuch seines
Onkels, des römischen Kaisers Karl IV., in Paris möglichst angemessen zu ge-
stalten, um sich dessen Wohlwollen zu versichern. Doch konnte und wollte er
aus verschiedenen Gründen nicht zulassen, dass sich sein Onkel in Paris als
Kaiser darstellte, denn damit wäre es um die Frage gegangen, wer die höchste
Instanz in Frankreich sei, der König oder der Kaiser. Dann hätte Kaiser Karl IV.
die mit dem Kaisertitel verbundenen Rechte in Frankreich beanspruchen kön-
nen. Möglicherweise hätte er auch zu einer Anlauf stelle bei der Formierung
einer Opposition in Frankreich werden können. Mit dem Titel des ZTtzpcudor
Rozzizmoiuim war dem römischen Recht zufolge der Anspruch auf das z'zrzpcn'zmz
verbunden, also der Anspruch auf universelle Herrschaft. Somit hätten auch
die auf den prz'nce^s gemünzten Regelungen des antiken römischen Rechts ihre
Geltung erhalten V Zu diesen Rechtsvorstellungen gehörten Rechte des Kaisers
wie die Rx aziz'mahz, also das Recht, im gesamten Geltungsbereich des römi-
schen Rechts als gesetzgebende Instanz anerkannt zu werden und, einen Krieg
zum Mizuzz jMshzm zu erklären. Somit wären dem Kaiser Hoheitsrechte inner-
halb jedes Territoriums zugekommen, in dem das römische Recht Anwendung
fand. Das wäre aber für den französischen König nicht hinnehmbar gewesen/''
Freilich hatte der römisch-deutsche Kaiser schon längst nicht mehr die Macht,
seine Ansprüche militärisch durchzusetzen, sie also &/acfo auszuüben. ^
In Frankreich stellte sich die königliche Macht als ein nach oben geschlosse-
nes System dar, in dessen Hierarchie der Kaiser nicht über, sondern maximal
neben dem König stehen konnte. ^ So gehörte zur königlichen Macht neben
dem ausschließlichen Recht, in seinem Machtbereich die Gerichtsbarkeit, die
Rechtsfindung und -Setzung, sowie die Einflussnahme im Bereich der Spiri-
tualien auszuüben, auch die theoretische wie praktische Unanfechtbarkeit
durch einen (noch) Höherstehenden wie den Kaiser. Daher ergab sich für das
französische Königtum die Notwendigkeit, auf der unbegrenzten Superiorität,
der Souveränität des Herrschers, zu beharren. Mittel der Verbreitung der Sou-
veränität des Königs waren nicht nur im Sinne des Königshauses entstandene

75 RtESENBERG, Inalienability of Sovereignty in Medieval Political Thought, S. 841.; Post, Two
Notes on Nationalism in the Middle Ages, S. 304-310, 320.
76 BouRNAZEL, Robert, Charles et Denis, S. 69-77; ScnLiNKER, Fürstenamt und Rezeption, S. 269f.
77 ULLMANN, Principles of Government and Politics in the Middle Ages, S. 206; PosT, Two Notes
on Nationalism in the Middle Ages, S. 310.
78 QuiLLET, De Charles V a Christine de Pizan, S. 28f.
 
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