Einzelelemente bei Herrschertreffen
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über Geschenke sind oft als unsicher zu bewerten. Bisweilen lassen sie die Ten-
denz erkennen, den impliziten Wunsch des Ehren- und Beeindruckenwollens
von Seiten der Schenkenden durch Übertreibungen zu verstärken. Oft nur
indirekt über Wert oder Details unterrichtet, werden die Großzügigkeit und
der hohe Wert der Geschenke mit schillernden Formulierungen gepriesen.""
Dabei werden bisweilen utopisch hohe Zahlen genannt, die für Geschenke
und Bewirtung aufgewendet worden seien. Das knapp einwöchige Treffen
in Reims zwischen Karl VI. und Wenzel habe laut Jean Froissart insgesamt
200 000 Franc gekostet/' eine Summe, die jeder Grundlage entbehrte. So verwun-
dert es bisweilen, dass die von Jacques d'Esch in seiner Chronik genannte Aus-
gabenhöhe von mehr als 60 000 Franc eine scheinbar ebenso übertriebene Zahl
angibt."" Wie jedoch die moderne Forschung auf Basis der Rechnungsbücher
ermitteln konnte, wurden für den Besuch Kaiser Karls IV. in Paris mindestens
55 888 Franc ausgegeben." ' Genaue Kenntnisse in diesem Fall sind dem Metzer
Chronisten d'Esch allerdings nicht nachzuweisen.
In wenigen Fällen können die historiographischen Angaben direkt auf das
Aktenmaterial bezogen und somit überprüft werden. Ein aussagekräftiges Bei-
spiel soll darstellen, wie selbst bestens informierte Autoren die Aufzählung von
Geschenken veränderten. So lässt der Berichterstatter in den Grandes Chroni-
ques zum Treffen von 1378 darauf schließen, dass er seine Kenntnisse aus den
königlichen Registerbüchern hatte. Viele der dort abgerechneten Geschenke
werden im Chroniktext aufgezählt, bisweilen im selben Wortlaut. Doch es be-
steht ein begründeter Verdacht, dass nicht alles, was der Chronist aufzählt, auch
tatsächlich überreicht wurde. Am 18. Januar 1378, drei Tage nach der Übergabe
an den Kaiser, wies König Karl V. insgesamt 2360 Franc an den Geldwechsler
und Goldschmied Jehan Brulart an. Die Summe gelte für die überaus reich ver-
zierte goldene Vase, die er seinem Onkel, dem Kaiser, geschenkt habe, und für
eine Wasserkaraffe, die er für sich behalte.'*" Der Chronist zählt in der betref-
1. Sept. ein Pferd vom Grafen von Jülich, zwei Falken vom Grafen von Halibouston (unklar),
am 4. Sept. einen Falken vom Grafen von Hennegau (William de Norwell, The Wardrobe Book,
ed. Lyon/Lyon/Eucas, S. 232-270). Dies gewinnt um so mehr an Wert, als es keine ausdrückli-
chen Hinweise auf die Geschenkpraxis Eduards III. gibt, da die betreffenden Aufzeichnungen
des Privy Chamber Archive verloren sind (ANDRE, Ein Königshof auf Reisen, S. 193), man also
aus der englischen Überlieferung nur über deutsche Geschenke Aussagen machen kann.
116 Aus der großen Menge der Gemeinplätze bezüglich Geschenken seien stellvertretend genannt
die Gaben Ferdinands I. von Aragon an Sigismund im Sept. 1415 (Petrus de Pulka, ed. Firnhaber,
Nr. 8, S. 28): [...] zzzz'raeyzze zzzagrzzjz'cezztz'ae ;?zzznera ad Fozzorarzdz-znz z'pszzzzz d. regen: Rozzzazzorzzzzz pra-
eparauerzt etz'azzz ad uatorezzz mMttorMztz zzzz'FAztz Jtorerzorzzm.
117 Jean Froissart, Chroniques, ed. Buchon, Bd. 3, S. 327.
118 Jacques d'Esch, Die Metzer Chronik über die Kaiser und Könige aus dem Luxemburger Hause,
ed. Wolfram, S. 313, Kap. 42: L'arz ztzzl 111c LXXXV11 adaz't CFarie Fezzzperezzr a St. Mors des Fozzsses
en pederzrzaz'ge, et a Parz'x tz'Jz'st ie roy de Frazzce, Jzl de sa soer, grazzt Forzzzozzr ef/drerzt JAs dozzs a Az de
Fz'ezz LX zzzz'dez JA^cs et de pAs.
119 SMAHEL, Cesta cisare Karla IV. do Francie, S. 355-359, dazu die Aufstellung S. 362f.
120 Mandements et actes divers de Charles V. 1364-1380, ed. Delisle, Nr. 1595, S. 792 (1378 Jan. 18):
[...] ponr M7i graut Fezzzzap d'or d coMoercie et sns nzz Faatt trepz'e aoec zzzre aygaz'ere d'op garzzz'z de per-
rerz'e, teyzzet Ferznap zzozzs auozzs dozzzze d rzostre tres cFz'er orzcte Fenzperear de Rorzzzzze, et ?a dz'tte aygzzz'ere
nozrs aoorzs zzzz's par deoers zzotzs.
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über Geschenke sind oft als unsicher zu bewerten. Bisweilen lassen sie die Ten-
denz erkennen, den impliziten Wunsch des Ehren- und Beeindruckenwollens
von Seiten der Schenkenden durch Übertreibungen zu verstärken. Oft nur
indirekt über Wert oder Details unterrichtet, werden die Großzügigkeit und
der hohe Wert der Geschenke mit schillernden Formulierungen gepriesen.""
Dabei werden bisweilen utopisch hohe Zahlen genannt, die für Geschenke
und Bewirtung aufgewendet worden seien. Das knapp einwöchige Treffen
in Reims zwischen Karl VI. und Wenzel habe laut Jean Froissart insgesamt
200 000 Franc gekostet/' eine Summe, die jeder Grundlage entbehrte. So verwun-
dert es bisweilen, dass die von Jacques d'Esch in seiner Chronik genannte Aus-
gabenhöhe von mehr als 60 000 Franc eine scheinbar ebenso übertriebene Zahl
angibt."" Wie jedoch die moderne Forschung auf Basis der Rechnungsbücher
ermitteln konnte, wurden für den Besuch Kaiser Karls IV. in Paris mindestens
55 888 Franc ausgegeben." ' Genaue Kenntnisse in diesem Fall sind dem Metzer
Chronisten d'Esch allerdings nicht nachzuweisen.
In wenigen Fällen können die historiographischen Angaben direkt auf das
Aktenmaterial bezogen und somit überprüft werden. Ein aussagekräftiges Bei-
spiel soll darstellen, wie selbst bestens informierte Autoren die Aufzählung von
Geschenken veränderten. So lässt der Berichterstatter in den Grandes Chroni-
ques zum Treffen von 1378 darauf schließen, dass er seine Kenntnisse aus den
königlichen Registerbüchern hatte. Viele der dort abgerechneten Geschenke
werden im Chroniktext aufgezählt, bisweilen im selben Wortlaut. Doch es be-
steht ein begründeter Verdacht, dass nicht alles, was der Chronist aufzählt, auch
tatsächlich überreicht wurde. Am 18. Januar 1378, drei Tage nach der Übergabe
an den Kaiser, wies König Karl V. insgesamt 2360 Franc an den Geldwechsler
und Goldschmied Jehan Brulart an. Die Summe gelte für die überaus reich ver-
zierte goldene Vase, die er seinem Onkel, dem Kaiser, geschenkt habe, und für
eine Wasserkaraffe, die er für sich behalte.'*" Der Chronist zählt in der betref-
1. Sept. ein Pferd vom Grafen von Jülich, zwei Falken vom Grafen von Halibouston (unklar),
am 4. Sept. einen Falken vom Grafen von Hennegau (William de Norwell, The Wardrobe Book,
ed. Lyon/Lyon/Eucas, S. 232-270). Dies gewinnt um so mehr an Wert, als es keine ausdrückli-
chen Hinweise auf die Geschenkpraxis Eduards III. gibt, da die betreffenden Aufzeichnungen
des Privy Chamber Archive verloren sind (ANDRE, Ein Königshof auf Reisen, S. 193), man also
aus der englischen Überlieferung nur über deutsche Geschenke Aussagen machen kann.
116 Aus der großen Menge der Gemeinplätze bezüglich Geschenken seien stellvertretend genannt
die Gaben Ferdinands I. von Aragon an Sigismund im Sept. 1415 (Petrus de Pulka, ed. Firnhaber,
Nr. 8, S. 28): [...] zzzz'raeyzze zzzagrzzjz'cezztz'ae ;?zzznera ad Fozzorarzdz-znz z'pszzzzz d. regen: Rozzzazzorzzzzz pra-
eparauerzt etz'azzz ad uatorezzz mMttorMztz zzzz'FAztz Jtorerzorzzm.
117 Jean Froissart, Chroniques, ed. Buchon, Bd. 3, S. 327.
118 Jacques d'Esch, Die Metzer Chronik über die Kaiser und Könige aus dem Luxemburger Hause,
ed. Wolfram, S. 313, Kap. 42: L'arz ztzzl 111c LXXXV11 adaz't CFarie Fezzzperezzr a St. Mors des Fozzsses
en pederzrzaz'ge, et a Parz'x tz'Jz'st ie roy de Frazzce, Jzl de sa soer, grazzt Forzzzozzr ef/drerzt JAs dozzs a Az de
Fz'ezz LX zzzz'dez JA^cs et de pAs.
119 SMAHEL, Cesta cisare Karla IV. do Francie, S. 355-359, dazu die Aufstellung S. 362f.
120 Mandements et actes divers de Charles V. 1364-1380, ed. Delisle, Nr. 1595, S. 792 (1378 Jan. 18):
[...] ponr M7i graut Fezzzzap d'or d coMoercie et sns nzz Faatt trepz'e aoec zzzre aygaz'ere d'op garzzz'z de per-
rerz'e, teyzzet Ferznap zzozzs auozzs dozzzze d rzostre tres cFz'er orzcte Fenzperear de Rorzzzzze, et ?a dz'tte aygzzz'ere
nozrs aoorzs zzzz's par deoers zzotzs.