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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0080

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11 Kriegerisch-bejahend

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der Sichtweise der Quellen geschuldet ist, die (zumindest ritterlicherseits) auf
Heroisierung und Motivation der Ritter zielen und daher negative Darstel-
lungen des Krieges beziehungsweise des Todes bewusst vermeidend Den-
noch wird in einigen Passagen ein Widerwille gegen (andauerndes) Kämpfen
und Töten sichtbar, der in starkem Kontrast zu den häufigeren euphemisti-
schen Darstellungen steht. Philippe de Commynes etwa berichtete, der Kano-
nendonner in der Schlacht von Montlhery (1465) habe jede Kampfeslust wei-
chen lassen,^ Jean Froissart beschrieb die körperliche Erschöpfung Bertrands
du Guesclin und Heinrichs von Trastämara vom endlosen Töten in der
Schlacht von Montiel (1369/8 und Michel Pintoin überlieferte, dass französi-
sche Ritter nach der Schlacht von Roosebeke (1382) Mitleid mit den letzten
fliehenden Flamen hatten und nicht weiter töten wollten (während andere
freilich ihrer Grausamkeit (cn/iM/fds) freien Lauf ließen und die Fliehenden
weiter verfolgten).^ Im Kriegsrat des burgundischen Prinzen Karl von
Charolais schließlich bekundete der Herzog von Berry 1465 sein Unwohlsein
angesichts der 700-800 Toten des letzten Kampfes und wünschte sich, dieser
Krieg hätte nie stattgefunden. Die anderen Adligen zeigten sich jedoch em-
pört: Die Toten gingen ihn ja nichts an, er kenne sie nicht einmal und solle
lieber aufpassen, dass derartiges nicht ihm selbst widerfahre!^
Diese Passagen sind recht singulär, eine allgemeine Skepsis gegenüber
dem Töten ist kaum nachweisbar - im Gegenteil: Gewalt und Rittertum wa-
ren untrennbar miteinander verbunden, der Tod wurde vornehmlich totge-
schwiegen oder heroisiert. Individuell geäußerte Zweifel konnten schnell zu
sozialer Stigmatisierung führen, wie das Beispiel Commynes' zeigt. Die Gren-
ze zwischen ,Schwächlingen' und ,Helden' verlief entlang ihrer Einstellung
zum Kämpfen: Nur Feiglinge hatten Angst vor dem TodA

46 Prietzel, Tod, S. 62-92; Oschema, Si tut moult grande perte, bes. S. 108-120.
47 Tsiani adis/ res deMi* daiad/es rengees /duie deuani /'aMire, se i/rereni p/Ms/eMrs roMps & ranon (?Mi
iMereni des gens d'MM rosie ei d'aMire. N:d ne desiro/i p/MS de romdaire. Philippe de Commynes,
Memoires, Bd. 1, S. 30 (1,4).
48 Ti se ira/eni de rede pari, ioMi en romdaiani ei orr/ani gens a JoMS ei a mons, ensi t?Me desies, ei iani
t?M'd esioieni ioMi Lssei d orr/re, doM deroper ei de /a/vire. Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 7, S. 78
(1,598).
49 in persei/Mi/one iam airor; non d/iierMMi tpd, woi/ rowpass/one, d/rereni w/ser/s uen/aw exr/aniani/dMS
parr/ posse, sai/s dadMndei/Me rede///on/s rr/wen exp/aiMW, rMW pr/nr/pa/es Jarhon/s /n/i/Me rer/d/sseni;
i/M/ redeMMies Jere dMrenios re/Zm/MerMMi, i/M/ MS^Me ad sods orrasMW dadenas SMe rrMdediaiis /axaue-
rMMi. Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 222.
80 Ti enire /es aM/ires parodes ^M/Jiireni dien rerMeddes ei noiees, wond/ri se/gneMr de Bern/, tpd esio/i
Jbri/eMne ei M'auo/i/'awa/s ueM ie/z exp/o/iz, sewd/a per ses parodes i/Me/'a en/Msi emiMi/e, ei adegMa /a
grande i/Mani/ie des gens d/erez ^n'd auo/i ueM de re:dx de wonsr de Cdarro/oi/s, en nionsirani par ses
parodes en auod p/i/e ei Msani de res woiz; t?M'd ensi wi/eM/x ai/we ^ne res rdoses M'eMsseMi/'ania/s esie
rowwenrees ipie de ueo/r des/'a iani de ma:dx uenns par /Mi/ ei sa ranse, ei doMdiani /es rdoses a uen/r.
(...) Commej'ai/ d/ri, /es paro//es d/riez par wonsr Cdar/es en re ronsed wi/reni en dondie wonsr de
Cdarro/oi/s ei ses gens, tpu u/ndreni a d/re; „(Auez uoMsJ oi/ par/er resi dowwe? i/ se ironue esdai/ ponr
sepi OM dMi/i eens dowwes ipTd ueo/i d/er/ez, adans par /a ud/e, tpu ne /Mi/ soni r/ens ne i/M'd ne rong-
no/si. i/ se esdai/ro/i dien iosi se /e ras /e ioMrdoii de i/Me/ipie rdose, ei sero/i dowwe poMr appo/nrier dien
/eg/ereweni ei MOMS /a/sser en /a /ange." Philippe de Commynes, Memoires, Bd. 1, S. 40 (1,5).
84 Ti /a OM // rda/i/s oni grani enu/e de u/ure ei grani paoMr de wonr/r, r'esi ioMi an ronira/re des dons; rar
ans dons ne rdaMi // de /eMr u/e ne de wonr/r, wa/s i/ne /eMr u/e so/i donne a woMr/r donorad/eweni. The
Book of Chivalry, S. 126.
 
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