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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0091

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90

1111 Voraussetzungen

dem Pilger sein Geld zurückgeben und gebeichtet hatte, erlangte er Besse-
rung.^ Einem anderen Plünderer, der eine Kirche überfiel, den dort betenden
Priester schlug und liturgisches Gerät stahl, erging es in einem ExemplMm Jean
Froissarts nicht besser: Als er davon ritt, bekam er einen Anfall, schrie, brach
sich das Genick und zerfiel schließlich zu Asche.^ Dies, so Froissart, sei die
Rache Gottes und ein Beispiel für alle anderen Plünderer gewesen, die sofort
geschworen hätten, nie wieder eine Kirche zu beraubend" Dass Froissart ein
solches Exempel überliefert, zeigt zum einen das verbreitete Wissen, dass
Plünderungen von Kirchen und Klöster verboten waren. Seine Skepsis ange-
sichts des Gelübdes der Krieger schloss Froissart jedoch gleich an: „Ich weiß
allerdings nicht, ob sie es seitdem gehalten habend^' Zum anderen wird deut-
lich, wie verbreitet die Vorstellung war, Gott könne und würde spontan in die
menschliche Febenswelt eingreifend^ Das Mittel des göttlichen Handelns war
dabei häufig ein spontaner Anfall von Schmerzen oder Wahnvorstellungen,
der den Sünder außer Gefecht setzte.^ Dass moralische Fehltritte oder hand-
festes Unrecht ihre Korrektur fanden, konnte auch ohne direkten Rekurs auf
das Wirken Gottes berichtet werden, dieser dürfte als Urheber aber automa-
tisch im Hintergrund mitgedacht worden seind^ Seien es direkt durch Gott
oder Heilige verursachte Anfälle oder indirekt durch menschliche Rache aus-
geübte (höhere) Gerechtigkeit: Gott schien in der Wahl seiner Mittel nicht
zimperlich zu sein, so dass die irdische Gewalt einerseits als durch Menschen
verursacht erscheint, andererseits aber auch Gott zugeschrieben wurde und in
dieser Perspektive als gerechte Strafe für die menschliche Sündhaftigkeit ge-
sehen wurde. Fetztlich blieb die Hoffnung auf Gottes Hilfe, die schon Sodal
im DmlogMS yhon'Ettns (siehe S. 88) ausgedrückt hatte und die sich auch bei
Basin spiegelte: Mit Blick auf zerstörte Fandschaften seufzte er, die Schäden
blieben wohl noch lange sichtbar, wenn nicht Gott die menschlichen Dinge
zum Guten wende

3s Lemaitre, Miracles, S. 131f. (Nr. 71).
39 Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 175f. (1,445). Vgl. die vermutliche Vorlage bei Jean le Bel,
Chronique, Bd. 2, S. 283. Siehe auch die kurze Schilderung bei Kaeuper, Chivalry and violence,
S. 184.
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prommiscMf DieM et a Nostre Dame t?Me James eghse ne uiolerent ne desre:dvro;'eMf. Froissart, Chro-
niques (SHF), Bd. 5, S. 176 (1,445).
Je ne se d FoMt dep:ds teMM. Ebd., S. 176 (1,445).
43 Siehe dazu: Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 148f. (1,42) und 291 (1,113); Chronique des
quatre premiers Valois, S. llf., 86,103,165f., 186, 238, 326; Chronique normande de Pierre Co-
chon, S. 240; Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 214—216 und 294-296; Bd. 4, S. 496 und 556;
Journal d un Bourgeois, S. 108 (§ 189); Monstrelet, Chronique, Bd. 1, S. 7f.; Philippe de Com-
mynes, Memoires, Bd. 1, S. 24f. (1,3), 311 (IV,13), 423 (V,20).
43 So etwa auch bei Henkern, vgl. S. 333f. sowie Abb. 7, S. 439.
44 Vgl. die Schilderung Pierre Cochons, der einen Hochmütigen durch seinen eignen Hochmut
bestraft sah, sowie diejenige der CdroMäfMe des ^Mafre premiers Vaiois, die einen ehrbegierigen
Ritter den Tod finden ließ, weil er allein handelte. Chronique normande de Pierre Cochon,
S. 217; Chronique des quatre premiers Valois, S. 193. Siehe dazu auch Schmieder,
Gewaltbewältigung, S. 424.
43 C:p*MS pro/edo uasfifafis uesfigia m pferis^MC fods, Mist dddMa propidado mdrns coMSMiMcdf rdws
dMMMMis, wrcMdMM! esf ioMgo euo esse dMratMra af^Me maMMra. Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 86.
 
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