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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0151

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150

IVI Problematisierungen

Ob diese Bestimmungen auch umgesetzt wurden, hing jedoch von der Diszip-
lin und Zusammensetzung der Truppen ab/' Sofern es aber verbindliche
Regeln oder Verträge gab, galten diese als bindend und konnten rechtmäßig
und blutig umgesetzt werden - was bei dieser Art der angekündigten und
vereinbarten Gewaltausübung keineswegs als Widerspruch angesehen wur-
de.
Zum Jahr 1363 schildert die C/irornpov des poahv premiers Vdlois eine Episo-
de, die eindrücklich die Implikationen der verschiedenen Modi des Krieges
deutlich werden lässt: Nach dem Frieden von Bretigny waren sowohl engli-
sche Krieger als auch diverse Söldnergruppen in Frankreich verblieben und
zogen nun als Compdgnics plündernd durch das Fand. Im Sommer 1363 war
Jean Jouel mit seiner Truppe im Seine-Tal und eroberte schließlich Rolleboise
und Mante-la-Jolie (beide Dep. Yvelines). Nach dem Bericht des Chronisten
geschah dies auf Geheiß Edwards III. Dieser habe sich dafür rächen wollen,
dass Fudwig von Anjou, Sohn des französischen Königs, aus der englischen
Gefangenschaft geflohen sei. Also habe Edward Jean Jouel beauftragt, Frank-
reich in seinem eigenen Namen mit Krieg zu überziehen: „Das war ein ver-
deckter Krieg" (gMenv coMuerfe^), schloss die C/irornpoe ihren Bericht ab. Damit
wurde das Problem der Söldnerbanden als Teil einer englischen Fist darge-
stellt, die nur bei Kenntnis der verschiedenen Kriegsmodi verständlich wird.
König Edward ließ die Normandie als Rache für die ihn beleidigende Flucht
Fudwigs verwüsten, ohne aber selbst dafür verantwortlich zu sein. Mit Ver-
weis auf den persönlichen Kriegszug Jean Jouels konnte er jede Schuld von
sich weisen und hatte damit offiziell den Friedensvertrag nicht gebrochen.
Insofern waren nicht die Gewaltakte selbst umstritten, sondern die Frage, ob
sie rechtmäßig ausgeübt worden waren. Die Akzeptanz kriegerischer Gewalt-
ausübung war damit grundsätzlich an den jeweiligen Rechtszustand gebun-
den.

Recht und Moral
Selbst der Rekurs auf das Recht bot jedoch nicht immer eine eindeutige Fö-
sung. Zwar sollten während eines Waffenstillstands alle Angriffe ruhenA
Dennoch galt er als Zustand des Krieges und nicht des Friedens, denn er un-
terbrach den Krieg nur, der beim Auslaufen der Waffenruhe automatisch

zesse geführt: Timbal, Guerre, S. 493f. Zur Bedeutung von Beute für die Kriegsführung siehe
Jucker, Butin; Jucker, Plünderung.
?! Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 228 und 262.
72 Fdonarf, ie roi/ d'Angieferre,^id mond i/res de ce ^ne ie dne d'Angon s'esfod pari; d'Angieferre, efp'sf
anx darons de France s; esfreedier ienr prison tp/dz n'auoienf Jbrs ia ede de Fondres. Pnis manda ie dd
roi/ Fdonarf a monseignenr Jedan Jone/, tpu auod ef fenod piMsienrs Jbrs en Normandie, tpFd gnerroiasf
en France en son propre nom comme Jedan Jone/, fd^id nne gnerre conuerfe. Chronique des quatre
premiers Valois, S. 129. Sumption bezeichnet den Bericht der Chronik als unglaubwürdig, Au-
trand folgt ihr in ihrer Darstellung: Sumption, Trial by fire, S. 490-492; Autrand, Charles V,
S. 441f. Siehe auch Fowler, Medieval mercenaries 1, S. llf.
73 Bonet, Arbre, S. 211f. (IV, 203).
 
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