Rundschau
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ausführlich erzählt: wie Bernini die erste Büste
preisgab wegen eines Fehlers im Marmor und
dann mit dem zweiten Exemplar den Kardinal
überraschte, der schon mit dem ersten voll-
ständig zufrieden gewesen war. Die Büsten
sind einstweilen provisorisch in der prächtigen
Eingangshalle der Villa aufgestellt; leider ein
wenig weit von einander, denn es sollte dem
Beschauer die Möglichkeit eingehender Ver-
gleichung nicht vorenthalten werden. Es ist so
außerordentlich merkwürdig zu beobachten, wie
es Bernini unmöglich war, sich selbst zu kopieren,
wie er es verstand aus derselben Aufgabe gleich-
sam ein neues Problem zu schaffen. So bildete
er bei allen äußeren Ähnlichkeiten doch zwei
verschiedene Charaktere, die sich gegenseitig
nicht nur in der Stimmung des Augenblicks,
sondern auch in der Offenbarung verborgener
Anlagen der Psyche zu ergänzen scheinen. Der
glänzende Name des Scipione Borghese begegnet
uns an unzähligen Denkmälern Roms, nun ist
auch sein Bild der Stadt, die ihm so viel ver-
dankt, zurückgegeben worden. E. St.
g
Die Baugeschichte des Vittorio Emanuele-
Denkmals — a strange eventful history —
scheint durch das energische Eingreifen des
Unterrichtsministers in ein neues Stadium ge-
treten zu sein. Die in einer Kommissionssitzung
vom 5. Januar gefaßten Beschlüsse sind etwa
folgende: Das Monument soll i. J. 1911 einge-
weiht werden, wenn es auch noch nicht ganz
vollendet sein kann. Vor allem sollen die Archi-
tektur und die Statuen berühmter Männer fertig-
gestellt werden; die großen Reliefs dagegen
mit den historischen Darstellungen sind über-
haupt aufgegeben worden. Im übrigen wurde
der geniale Gesamtplan des verstorbenen Sacconi
seinen Nachfolgern aufs neue als höchste Norm
für ihre Aufgabe hingestellt. Eine Prämie von
je 20000 Lire wurde den drei Leitern des
kolossalen Werkes zugesichert, wenn i. J. 1911
alles jetzt geplante rechtzeitig zur Ausführung
gelangt sein wird.
Zunächst scheint es allerdings, daß man die
Rechnung ohne die scalpellini gemacht hat, ein
kleines Heer von Maurern und Steinmetzen,
dessen Unzufriedenheit so groß ist, daß es bei
dem letzten Besuche des Denkmals durch den
König eine sehr peinliche Demonstration ver-
anstaltete. E. St.
Esposizione dell' ornamento feminile 1500
bis 1800. Die erste Ausstellung aus Römi-
schem Privatbesitz in Rom und als solche ein
Ereignis von Bedeutung! Elisa Ricci, die Gattin
des Generaldirektors, hat die schwierige Aufgabe
mit Geschick und Glück durchgeführt. Sie hat
auch gleichzeitig ein Prachtwerk über die Spitzen
in Italienischem Privatbesitz herausgegeben, die
eben in dieser Ausstellung im Palazzo Rospi-
gliosi, am glänzendsten vertreten sind. Außer-
dem verdient die historisch angeordnete Fächer-
sammlung der Marchesa Buzzacarini Erwähnung,
von der auch ein Katalog erschienen ist. End-
lich sieht man zahllose kleine Köstlichkeiten;
Uhren, Porzellane, Miniaturen, — aber weniger
Schmuck als man erwarten sollte. Eine Perlen-
schnur der berühmten Connetable Colonna,
Maria Mancini, war wenige Tage ausgestellt.
Signora Ricci hofft diese Ausstellungen alljähr-
lich zu wiederholen. Etwas besonders glänzen-
des dieser Art wird für das Jahr 1911 geplant.
Villa Mills. Die kaum begonnenen Aus-
grabungen in der Villa Mills sind bis auf wei-
teres sistiert worden. Aber Villa und Kloster
mit den unvergleichlichen Gärten, die sie um-
geben, sind jetzt für alle Zeiten wieder mit
dem Palatin vereinigt worden. E. St.
^
LONDON ■ ■■■■ = =
Das Hauptereignis des Winters auf künst-
lerischem Gebiete ist hier stets die Alt-
meisterausstellung der Royal Academy,
die für den Gelehrten wie den Kunstfreund sonst
oft unzugängliche Bilder aller Schulen vorführt
und, da sie sich auf englischen Besitz beschränkt
— eine stolze Beschränkung — immer wieder den
Reichtum und die Vielseitigkeit privater Kunst-
schätze hierzulande bewundern läßt. Mit diesen
Ausstellungen ist meist eine Sonderausstellung
eines einzelnen Meisters, diesmal Hogarths,
verbunden, die ein volles Bild der Kunst, wo-
möglich der Entwicklung des gewählten Künst-
lers zu geben sucht. Die Natur dieser Aus-
stellungen bringt es nun freilich mit sich, daß
eine ganze Reihe mittelmäßiger Werke ohne
besonderes Interesse mit aufgenommen werden
und dazu noch oft genug unter großen Namen
segeln, mit denen sie von ihren Eigentümern
allein bedacht worden sind. — Diesmal enthält
die Ausstellung eine Reihe der ehemaligen Kann-
sehen Bilder, die ja Messrs. Duveen seinerzeit
angekauft hatten: Einige Gerard David: Flügel
zu Triptychen; Hochzeit zu Cana, die hier be-
stritten wird; Quentin Matsys u. a. m., sowie
ein Porträt des bedeutenden Malers Chardin
von Fragonard. W. G. Rawlinson sendet einen
77
ausführlich erzählt: wie Bernini die erste Büste
preisgab wegen eines Fehlers im Marmor und
dann mit dem zweiten Exemplar den Kardinal
überraschte, der schon mit dem ersten voll-
ständig zufrieden gewesen war. Die Büsten
sind einstweilen provisorisch in der prächtigen
Eingangshalle der Villa aufgestellt; leider ein
wenig weit von einander, denn es sollte dem
Beschauer die Möglichkeit eingehender Ver-
gleichung nicht vorenthalten werden. Es ist so
außerordentlich merkwürdig zu beobachten, wie
es Bernini unmöglich war, sich selbst zu kopieren,
wie er es verstand aus derselben Aufgabe gleich-
sam ein neues Problem zu schaffen. So bildete
er bei allen äußeren Ähnlichkeiten doch zwei
verschiedene Charaktere, die sich gegenseitig
nicht nur in der Stimmung des Augenblicks,
sondern auch in der Offenbarung verborgener
Anlagen der Psyche zu ergänzen scheinen. Der
glänzende Name des Scipione Borghese begegnet
uns an unzähligen Denkmälern Roms, nun ist
auch sein Bild der Stadt, die ihm so viel ver-
dankt, zurückgegeben worden. E. St.
g
Die Baugeschichte des Vittorio Emanuele-
Denkmals — a strange eventful history —
scheint durch das energische Eingreifen des
Unterrichtsministers in ein neues Stadium ge-
treten zu sein. Die in einer Kommissionssitzung
vom 5. Januar gefaßten Beschlüsse sind etwa
folgende: Das Monument soll i. J. 1911 einge-
weiht werden, wenn es auch noch nicht ganz
vollendet sein kann. Vor allem sollen die Archi-
tektur und die Statuen berühmter Männer fertig-
gestellt werden; die großen Reliefs dagegen
mit den historischen Darstellungen sind über-
haupt aufgegeben worden. Im übrigen wurde
der geniale Gesamtplan des verstorbenen Sacconi
seinen Nachfolgern aufs neue als höchste Norm
für ihre Aufgabe hingestellt. Eine Prämie von
je 20000 Lire wurde den drei Leitern des
kolossalen Werkes zugesichert, wenn i. J. 1911
alles jetzt geplante rechtzeitig zur Ausführung
gelangt sein wird.
Zunächst scheint es allerdings, daß man die
Rechnung ohne die scalpellini gemacht hat, ein
kleines Heer von Maurern und Steinmetzen,
dessen Unzufriedenheit so groß ist, daß es bei
dem letzten Besuche des Denkmals durch den
König eine sehr peinliche Demonstration ver-
anstaltete. E. St.
Esposizione dell' ornamento feminile 1500
bis 1800. Die erste Ausstellung aus Römi-
schem Privatbesitz in Rom und als solche ein
Ereignis von Bedeutung! Elisa Ricci, die Gattin
des Generaldirektors, hat die schwierige Aufgabe
mit Geschick und Glück durchgeführt. Sie hat
auch gleichzeitig ein Prachtwerk über die Spitzen
in Italienischem Privatbesitz herausgegeben, die
eben in dieser Ausstellung im Palazzo Rospi-
gliosi, am glänzendsten vertreten sind. Außer-
dem verdient die historisch angeordnete Fächer-
sammlung der Marchesa Buzzacarini Erwähnung,
von der auch ein Katalog erschienen ist. End-
lich sieht man zahllose kleine Köstlichkeiten;
Uhren, Porzellane, Miniaturen, — aber weniger
Schmuck als man erwarten sollte. Eine Perlen-
schnur der berühmten Connetable Colonna,
Maria Mancini, war wenige Tage ausgestellt.
Signora Ricci hofft diese Ausstellungen alljähr-
lich zu wiederholen. Etwas besonders glänzen-
des dieser Art wird für das Jahr 1911 geplant.
Villa Mills. Die kaum begonnenen Aus-
grabungen in der Villa Mills sind bis auf wei-
teres sistiert worden. Aber Villa und Kloster
mit den unvergleichlichen Gärten, die sie um-
geben, sind jetzt für alle Zeiten wieder mit
dem Palatin vereinigt worden. E. St.
^
LONDON ■ ■■■■ = =
Das Hauptereignis des Winters auf künst-
lerischem Gebiete ist hier stets die Alt-
meisterausstellung der Royal Academy,
die für den Gelehrten wie den Kunstfreund sonst
oft unzugängliche Bilder aller Schulen vorführt
und, da sie sich auf englischen Besitz beschränkt
— eine stolze Beschränkung — immer wieder den
Reichtum und die Vielseitigkeit privater Kunst-
schätze hierzulande bewundern läßt. Mit diesen
Ausstellungen ist meist eine Sonderausstellung
eines einzelnen Meisters, diesmal Hogarths,
verbunden, die ein volles Bild der Kunst, wo-
möglich der Entwicklung des gewählten Künst-
lers zu geben sucht. Die Natur dieser Aus-
stellungen bringt es nun freilich mit sich, daß
eine ganze Reihe mittelmäßiger Werke ohne
besonderes Interesse mit aufgenommen werden
und dazu noch oft genug unter großen Namen
segeln, mit denen sie von ihren Eigentümern
allein bedacht worden sind. — Diesmal enthält
die Ausstellung eine Reihe der ehemaligen Kann-
sehen Bilder, die ja Messrs. Duveen seinerzeit
angekauft hatten: Einige Gerard David: Flügel
zu Triptychen; Hochzeit zu Cana, die hier be-
stritten wird; Quentin Matsys u. a. m., sowie
ein Porträt des bedeutenden Malers Chardin
von Fragonard. W. G. Rawlinson sendet einen