^^1 RUNDSCHAU i
*
BERLIN -.-. =
Neuerwerbungen der Kgl. Museen. Über
italienische Bronzen im Kaiser Friedrich-Museum
gibt Bode im neuesten Heft der „Amtlichen Be-
richte a. d. kgl. Kunstsammlungen" ein Referat.
Zwei Statuetten: ein verwundeter Jüngling, ent-
fliehend, von Francesco da Sant' Agata um 1520,
und eine nackte Flötenspielerin von runden
Formen, auch aus dem XVI. Jahrhundert, vor-
läufig nicht näher zu bestimmen. Ferner eine
hervorragend schöne Glocke mit Reliefschmuck
in Riccios Art, aber etwas später; ein Tinten-
faß mit drei Plaketten, bei dem die schöne
schwarze (Lack-) Patina besonders gut erhalten
ist. Dies gibt Bode Gelegenheit, seine reichen
Erfahrungen über schwarze und grüne Patina
italienischer Bronzen und über ihre Fälschung
mitzuteilen.
Das gleiche Heft bringt eine Studie Fried-
länders, die auf das Problem „Herry met de
Bles" vorbereitet und seine Klärung verspricht;
vorläufig löst F. aus der Wirrnis, welche jenen
Namen umgibt, einen Maler heraus, den er
„Antwerpener Meister von 1518" nennt, nach
den Flügelbildern des Marienaltars in der Lü-
becker Katharinenkirche; weil dieser datiert und
seine Herkunft von Antwerpen gesichert ist.
Um dieses dergestalt fixierte Werk ordnen sich:
ein neu erworbenes Bild des Kaiser Friedrich-
Museums, den Abschied Christi von den Frauen
darstellend, der Magdalenenaltar der Brüsseler
Galerie, die Sippe Christi in der Münchener
Pinakothek (Nr. 129) u. a. Bilder, welche F. alle
derselben Hand zuweist.
Das Kunstgewerbe-Museum erwarb eine
kostbare Porzellandose mit Emailmalereien von
Chodowiecki (signiert). Schnorr v. Carolsfeld
berichtet (an der nämlichen Stelle), daß Chodo-
wiecki schon sehr früh mit der Miniaturmalerei
vertraut war; die vorliegenden 7 Darstellungen
am Äußern und Innern der Dose, Szenen aus
dem Leben einer vornehmen Orientalin, gehören
nach Stil und Gegenstand seiner reiferen Zeit
an, um 1780.
Auch die Vorderasiatische Abteilung
hat eine interessante Erwerbung gemacht in
einem babylonischen Siegelzylinder aus der
ersten Hälfte des dritten Jahrtausends, dar-
stellend den Heros Etana, wie er auf einem
Adler zum Himmel emporfliegt; das Treiben
auf der Erde wird dabei durch Hirten mit Schafen,
Ziegen und Hunden, einen Töpfer und einen
Bäcker charakterisiert. Solche Zylinder besaß
jeder Babylonier, um die zahlreichen Urkunden,
Gefäße usw. mittelst Tonplomben zu versiegeln.
Die Darstellungen waren stets in die Walze
von Halbedelstein (meist Lapislazuli und Häma-
tit) eingraviert, der Abdruck im weichen Ton
ergab Relief. (Nadi Messerschmidt.)
In das Münzkabinett kam eine Bronze-
medaille, unter Septimius Severus (193—211)
geprägt, auf deren Revers sich die einzige aus
dem Altertum erhaltene Darstellung des Altars
von Pergamon befindet. Es gibt hiervon nur
noch drei weitere Exemplare, in London, Paris
und Wien.
Die Nationalgalerie erwarb eine Büste
Goethes von M. G. Klauer, aus der Reihe von
Tonbüsten, welche K. um 1790 unter dem über-
ragenden Eindruck der Trippelschen Goethebüste
schuf: treuer und realistischer im einzelnen, aber
weniger schwungvoll als Trippel.
In der Sitzung der kunstgeschichtlichen
Gesellschaft vom 31. März trug Professor
Wölffflin einige Erfahrungen und Vorschläge
zur Abfassung von Galeriekatalogen vor.
Die schon in „Kunst und Künstler" (Heft 2) von
ihm geäußerte Ansicht, eine in das formale
Wesen der Kunstwerke einführende Beschreibung
müsse an die Stelle des bisherigen Schematis-
mus treten, ergänzte er dahin, daß man wohl
neben dem offiziellen Katalog einen analytischen
für die Besucher der Sammlungen herstellen
könnte. Aber auch bei dem offiziellen Katalog
fehlten bisher sehr wesentliche Elemente; na-
mentlich literarische Angaben, Vergleiche mit
verwandten Kompositionen und Handzeich-
nungen, eingehendere Farbenbeschreibung; bei
nicht-figürlichen Bildern wurde erst gar nicht
der Versuch einer formal richtigen Beschrei-
bung gemacht.
Über neue Forschungen zu Leonardos
Abendmahl sprach sodann Prof. Schubring.
Er lehnte Strzygowskis Deutung ab, wonach das
Wort Christi die Situation regiere: Der mit der
Hand mit mir in die Schüssel tauchte, der wird
midi verraten — und bekämpfte Otto Hoerths
Ansicht, daß die Straßburger Köpfe eigenhändige
Zeichnungen L.s nach dem vollendeten Fresko
seien. Auch Dr. Wulff sprach zu diesem Thema
uud erklärte eine Rekonstruktion des Abend-
mahls mit den heute verfügbaren Hilfsmitteln,
im Gegensätze zu Prof. Schubring, für gut aus-
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BERLIN -.-. =
Neuerwerbungen der Kgl. Museen. Über
italienische Bronzen im Kaiser Friedrich-Museum
gibt Bode im neuesten Heft der „Amtlichen Be-
richte a. d. kgl. Kunstsammlungen" ein Referat.
Zwei Statuetten: ein verwundeter Jüngling, ent-
fliehend, von Francesco da Sant' Agata um 1520,
und eine nackte Flötenspielerin von runden
Formen, auch aus dem XVI. Jahrhundert, vor-
läufig nicht näher zu bestimmen. Ferner eine
hervorragend schöne Glocke mit Reliefschmuck
in Riccios Art, aber etwas später; ein Tinten-
faß mit drei Plaketten, bei dem die schöne
schwarze (Lack-) Patina besonders gut erhalten
ist. Dies gibt Bode Gelegenheit, seine reichen
Erfahrungen über schwarze und grüne Patina
italienischer Bronzen und über ihre Fälschung
mitzuteilen.
Das gleiche Heft bringt eine Studie Fried-
länders, die auf das Problem „Herry met de
Bles" vorbereitet und seine Klärung verspricht;
vorläufig löst F. aus der Wirrnis, welche jenen
Namen umgibt, einen Maler heraus, den er
„Antwerpener Meister von 1518" nennt, nach
den Flügelbildern des Marienaltars in der Lü-
becker Katharinenkirche; weil dieser datiert und
seine Herkunft von Antwerpen gesichert ist.
Um dieses dergestalt fixierte Werk ordnen sich:
ein neu erworbenes Bild des Kaiser Friedrich-
Museums, den Abschied Christi von den Frauen
darstellend, der Magdalenenaltar der Brüsseler
Galerie, die Sippe Christi in der Münchener
Pinakothek (Nr. 129) u. a. Bilder, welche F. alle
derselben Hand zuweist.
Das Kunstgewerbe-Museum erwarb eine
kostbare Porzellandose mit Emailmalereien von
Chodowiecki (signiert). Schnorr v. Carolsfeld
berichtet (an der nämlichen Stelle), daß Chodo-
wiecki schon sehr früh mit der Miniaturmalerei
vertraut war; die vorliegenden 7 Darstellungen
am Äußern und Innern der Dose, Szenen aus
dem Leben einer vornehmen Orientalin, gehören
nach Stil und Gegenstand seiner reiferen Zeit
an, um 1780.
Auch die Vorderasiatische Abteilung
hat eine interessante Erwerbung gemacht in
einem babylonischen Siegelzylinder aus der
ersten Hälfte des dritten Jahrtausends, dar-
stellend den Heros Etana, wie er auf einem
Adler zum Himmel emporfliegt; das Treiben
auf der Erde wird dabei durch Hirten mit Schafen,
Ziegen und Hunden, einen Töpfer und einen
Bäcker charakterisiert. Solche Zylinder besaß
jeder Babylonier, um die zahlreichen Urkunden,
Gefäße usw. mittelst Tonplomben zu versiegeln.
Die Darstellungen waren stets in die Walze
von Halbedelstein (meist Lapislazuli und Häma-
tit) eingraviert, der Abdruck im weichen Ton
ergab Relief. (Nadi Messerschmidt.)
In das Münzkabinett kam eine Bronze-
medaille, unter Septimius Severus (193—211)
geprägt, auf deren Revers sich die einzige aus
dem Altertum erhaltene Darstellung des Altars
von Pergamon befindet. Es gibt hiervon nur
noch drei weitere Exemplare, in London, Paris
und Wien.
Die Nationalgalerie erwarb eine Büste
Goethes von M. G. Klauer, aus der Reihe von
Tonbüsten, welche K. um 1790 unter dem über-
ragenden Eindruck der Trippelschen Goethebüste
schuf: treuer und realistischer im einzelnen, aber
weniger schwungvoll als Trippel.
In der Sitzung der kunstgeschichtlichen
Gesellschaft vom 31. März trug Professor
Wölffflin einige Erfahrungen und Vorschläge
zur Abfassung von Galeriekatalogen vor.
Die schon in „Kunst und Künstler" (Heft 2) von
ihm geäußerte Ansicht, eine in das formale
Wesen der Kunstwerke einführende Beschreibung
müsse an die Stelle des bisherigen Schematis-
mus treten, ergänzte er dahin, daß man wohl
neben dem offiziellen Katalog einen analytischen
für die Besucher der Sammlungen herstellen
könnte. Aber auch bei dem offiziellen Katalog
fehlten bisher sehr wesentliche Elemente; na-
mentlich literarische Angaben, Vergleiche mit
verwandten Kompositionen und Handzeich-
nungen, eingehendere Farbenbeschreibung; bei
nicht-figürlichen Bildern wurde erst gar nicht
der Versuch einer formal richtigen Beschrei-
bung gemacht.
Über neue Forschungen zu Leonardos
Abendmahl sprach sodann Prof. Schubring.
Er lehnte Strzygowskis Deutung ab, wonach das
Wort Christi die Situation regiere: Der mit der
Hand mit mir in die Schüssel tauchte, der wird
midi verraten — und bekämpfte Otto Hoerths
Ansicht, daß die Straßburger Köpfe eigenhändige
Zeichnungen L.s nach dem vollendeten Fresko
seien. Auch Dr. Wulff sprach zu diesem Thema
uud erklärte eine Rekonstruktion des Abend-
mahls mit den heute verfügbaren Hilfsmitteln,
im Gegensätze zu Prof. Schubring, für gut aus-