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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 1/2
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Der Kunstsammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0133

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DERKUNSUAMMLER

ORGAN FÜR DEN INTERNATIONALEN KUNSTMARKT
UND DIE INTERESSEN DER SAMMLER.

DIE AUFTEILUNG DER SAMMLUNG
□ RUDOLF KANN □
Die Schätze der Sammlung Rudolf
Kann, die Ende vorigen Jahres aufgelöst worden
ist, wohin sind sie gekommen? Das ist die
Frage, die heute alle Kunstfreunde bewegt.
Nadi Amerika ist die Antwort — und leider
die richtige —, aber Bestimmtes hat bisher nicht
darüber verlautet. Jetzt gerade beginnt das
Burlington Magazine eine Serie von Artikeln,
welche die Bilder bei ihren neuen Besitzern
jenseits des großen Wassers beschreiben sollen.
Der erste Aufsatz ist den Kunstwerken ge-
widmet, die Mrs. C. P. Huntington in Newyork, und
ihr Sohn Archer Huntington erworben hat. Außer
hervorragenden französischen Möbeln und De-
korationsstücken des 18. Jahrhunderts hat die
Witwe des bekannten Eisenbahnkönigs Rem-
brandts berühmten „Philosophen neben der Büste
Homers" und sein köstliches, leicht hingehauchtes
Bildnis der „Hendrikje" erworben; dazu die
beiden besten Bildnisse der Sammlung von
Frans Hals: den jungen Mann und das Frauen-
portät, endlich die Madonna von Roger van der
Weyden. Mr. Archer Hutchinson, der bekannte
Verehrer und Sammler spanischer Kunst, hat
sich alle drei spanischen Bilder der Sammlung
gesichert: das pikante Mädchenbildnis von
Velazquez, den Kardinal Quevera von Greco
und den Toreador Romero von Goya. Die beiden
Hauptkäufer waren aber Pierpont Morgan und
Henry Altman. Ersterer hatte wohl die erste
Auswahl und hat, gegen Erwarten, nur wenige
Holländer1, aber die schönsten Primitiven ge-
wählt: neben dem Meisterwerke Metsus (la visite
ä 1'accoudiee) die große Verkündigung von Roger
van der Weyden, die Ruhe auf der Flucht von
Gerard David, das Jünglingsporträt von Memling,
das berühmte Bildnis der jungen Tornabuoni
von Dom. Ghirlandajo, ein dem Andrea del
Castagno zugeschriebenes männliches Portät,
wahrscheinlich auch die Apfelschälerin von
N. Maes. Mr. Henry Altman, der Besitzer des
größten Warenhauses in Newyork, hat nicht
weniger bedeutende Bilder für sich gewählt:
u. a. von Rembrandt den „Pilatus die Hände
waschend", die „Nägelschneiderin" und den

„Titus", den großen Hobbema, den „Wasserfall"
von Jacob Ruisdael, den Pieter de Hooch, die
Tänzerin von Gainsborough. In Europa sind
nur wenige Bilder geblieben. Die Komtesse de
Beara in Paris hat den berühmten Fragonard
gekauft, und das Berliner Museum veröffentlicht
soeben eine Liste seiner Erwerbungen: von
Rembrandt die Samariterin am Brunnen und
den Cristuskopf, von Jacob Ruisdael die „Wind-
mühlen", von A. van der Neer den „Winter-
abend auf dem Eise", den „Winter" von Ph.
Wouwerman, die toten Vögel neben einer
Melone von Jan Fyt, die „Familie" von Gonzales
Coques, sowie das große Porträt eines jungen
Deutschen mit langem blonden Haar und Trient
im Hintergründe, von einem Schüler Bellinis
um 1500. Das Städel-Museum hat das eine
Rubens-Porträt von einer Schwester R. Kann's
zum Geschenk bekommen; und ein Schwager
desselben, Martin Bromberg, hat u. a. den köst-
lichen kleinen Jan Steen, den schönsten Sal. von
Ruysdael, den farbenprächtigen Hummer von
Fyt, den Greisenkopf Rembrandts von 1643
erworben. Unter den weniger bedeutenden
Bildern der Sammlung wird noch eine Anzahl
in Paris sein oder jetzt an europäische Liebhaber
gekommen sein, da dieselben von einigen Pariser
Händlern zum Weiterverkauf übernommen
worden sind, darunter auch die beiden geistvollen
kleinen Studienköpfe von Greisen. Auch ist
bekanntlich das Porträt eines sitzenden Mannes
von Th. de Keyser als Vermächtnis des ver-
storbenen Besitzers an den Louvre gekommen.
Alles in allem tritt aber das, was von der
Sammlung in Europa verblieben ist, wesentlich
zurück gegen das, was nach Amerika ge-
kommen ist. **
g
EIN WIEDERGEFUNDENER POR-
ZELLANAPOSTEL VON KAENDLER
Von Richard Graul.
Als August der Starke den Plan faßte, das
holländische, später „japanische" Palais, das er
dem Grafen Flemming abgekauft hatte, mit
seinen Sammlungen ostasiatischen Porzellans
auszustatten, trat auch gleich die Absicht zutage,
 
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