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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 6
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Suida, Wilhelm: Altsteirische Bilder im Landesmuseum "Johanneum" zu Graz
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0531

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Altsteirisdie Bilder im Landesmuseum „Johanneum"
zu Graz
Von Wilhelm Suida
Die Werke der Malerei des XV. und XVI. Jahrhunderts, welche die inneröster-
reichischen Länder hervorgebracht haben, sind im allgemeinen noch sehr wenig bekannt
und erforscht. Kennen wir aus Böhmen, Tirol, Salzburg die Hauptwerke und Künstler-
individualitäten, so sind trotz der Publikationen der Tafelgemälde des Stiftes Kloster-
neuburg durch Drechsler und List, trotz der Arbeiten von Graus und Wastler1) für Steier-
mark, doch die Zusammenhänge der Kunstentwicklung in diesen Ländern noch sehr
wenig aufgedeckt. Konnten doch Hauptwerke deutscher Malerei, wie der Altar von
1447 in der Stefanskirche zu Wien, oder wie die Serie von 1469 im Schottenstift bisher
nahezu ganz übergangen werden!
In Niederösterreich sind bei dem Fehlen eines geeigneten Landesmuseums nament-
lich die Sammlungen der Klöster und Stifte für den Forscher von Wichtigkeit, in Steier-
mark ist das Landesmuseum Johanneum allmählich und nicht zum wenigsten auch durch
die glückliche Sammeltätigkeit des verstorbenen Direktors Lacher in den Besitz von
Gemälden gelangt, aus denen, wie ich glaube, die künstlerischen Strömungen in der
Steiermark vom beginnenden XV. bis ins XVI. Jahrhundert deutlich erkannt werden
können. Eine große Zahl von recht interessanten Künstlerindividualitäten, die uns zum Teil
in Klöstern oder Kirchen des Landes wieder begegnen, lernen wir da kennen, wenn wir nur
im Museum selbst, das in der Aufstellung vielfach zersplitterte Material zusammengesucht
haben. Die steirische Abteilung der Landesgemäldegalerie enthält ein einziges Bild dieser
Epoche, dafür sind aber steirische Gemälde unter „kölnische", selbst „italienische Schule"
und in der kunstgewerblichen Sammlung verstreut aufgestellt. Vielleicht tragen die
folgenden Zeilen dazu bei, eine historisch richtigere und der künstlerischen Vergangenheit
des Landes entsprechende Gruppierung anzuregen. Die photographischen Aufnahmen,
welche mich in den Stand setzen, einige der besprochenen Werke hier in Abbildung
vorzuführen, verdanke ich der Güte des Herrn Hofrat Dr. Strzygowski, dem ich auch
an dieser Stelle meinen Dank aussprechen möchte.
Die ältesten steirischen Gemälde im Museum, vom Katalog ganz richtig auf die
Zeit um 1400 angesetzt, sind die aus dem Klarissinnenkloster in Judenburg stammenden
vier Tafeln: die Ölbergszene, die Kreuzigung, die Auferstehung und die Herabkunft
des hl. Geistes. Der Erhaltungszustand dieser Tafeln dürfte keineswegs ein so schlechter
sein, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte, nur müßte eine vorsichtige Reinigung
und Sicherung des noch Vorhandenen eintreten. Lange schmale Figuren von schöner
Bewegung, ein hohes Kompositionstalent und Sinn für dekorative Wirkung sind dem
9 Die Forschungen des Monsignore Dr. J. Graus findet man in zahlreichen Jahrgängen
der von ihm redigierten Zeitschrift: „Der Kirchenschmuck", von Prof. J. Wastler kommt namentlich
hier in Betracht: „Das Kunstleben am Hof zu Graz", Graz 1897, Seite 3ff und „Steirisches
Künstlerlexikon".
 
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