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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 5
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^^ IJTERATURIBOI

Heinrich Hammer, Josef Schöpf 1745
bis 1822. Innsbruck, Verlag der Wagnerschen
Univ.-Buchhandlung, 1908.
Unter den verschiedenen Schulen der süd-
deutschen Barockmalerei sind bisher der Tiroler
verhältnismäßig am meisten monographische
Behandlungen gewidmet worden. Aber die
vorliegende über Schöpf ist die erste, die den
beiden solche Untersuchungen einzelner Lokal-
schulen bedrohenden Gefahren zu entrinnen
vermochte. Scylla und Charybdis sind in einem
solchen Falle einerseits die Möglichkeit, der
beschränkten Entwicklung einer solchen Schule
Antwort auf alle allgemeine Fragen abzwingen
zu wollen, anderseits die allzuenge Beschränkung
auf das betrachtete Gebiet ohne irgendwelche
Ausblicke, wodurch das verengerte Interessen-
feld einer Kirchturmkunstgeschichte entsteht.
Zwischen diesem Zuviel und Zuwenig, die z. B.
die Monographien über Knoller und die Unter-
berger beeinträchtigen, hat Verf. die richtige
Mitte gefunden und in einer sauberen Arbeit
sowohl eine knappe Darstellung des Lebens
und des Werkes seines Helden gegeben, als
auch seine Teilnahme an der allgemeinen Kunst-
entwicklung mit ausreichender Genauigkeit ge-
schildert. Das Wirken Schöpfs ist ein aller-
dings nur kleines Scharmützel in dem großen
Feldzug, der damals für ein neues Kunstideal
geführt wurde, aber es ist doch symptomatisch
und ein gutes Beispiel dafür, wie sich die klas-
sizierende Richtung allmählich aus der Barocke
loslöst und wie sie auch auf unbedeutende
Maler Einfluß zu üben beginnt. Leider hat
dieser ganze, für unsere gesamte künstlerische
Kultur eminent wichtige Prozeß noch keinen
Schilderer gefunden und während in der Ge-
schichte der Literatur längst Volbehr und an-
dere gezeigt haben, wie tief die Wurzeln des
Klassizismus zurückreichen und wie er sich
als notwendige Phase organisch der Entwick-
lung einfügt, schreiben Kunsthistoriker" noch
immer in weinerlichem Ton über diese Epoche
und richten ernstgemeinte Angriffe gegen
Winckelmann — „um nicht einen noch Größeren
zu nennen", wie es in dem Buche „Füger, der
Portraitminiaturist" heißt; Goethe von F.Laban
wohlwollend mit Schweigen übergangen!!
Für alle Kunsthistoriker, die sich nicht für
berechtigt halten, die definitiven Lorbeerkränze
zu verteilen, sind Barocke und Klassizismus

Glieder einer folgerichtigen Entwicklungskette;
die Künstler in der zweiten Hälfte des XVIII.
Jahrhunderts aber meinten ein ganz neues
Evangelium zu bringen und eine total neue
Kunstepoche zu inaugurieren. Gegen die deko-
rative Kunst der Barocke spielten sie die Be-
deutung der Einzelfigur aus und der Faust-
fertigkeit jener glänzenden Dekorateure setzten
sie die Korrektheit der Zeichnung entgegen.
Dieser Vorgang ist nicht vereinzelt, und die
tausenden von Einzelstudien der Carracci und
namentlich Dominichinos — die Reaktion gegen
die Manieristen in der Art des Cavaliere
d'Arpino — entsprechen dem Schatz von Zeich-
nungen, die als Nachlaß Schöpfs in das Kloster
Stams gelangt sind. Haben diese so ihre prin-
zipielle Bedeutung, so haben sie natürlich auch
ihren besonderen Wert für die Spezialbetrach-
turig des Künsters, denn sie ermöglichten dem
Verf., die Entstehung der Fresken und Tafel-
bilder in allen Stadien zu zeigen und geben
seinen Analysen der einzelnen Werke Schöpfs
eine feste Grundlage.
Wien. Hans Tietze.
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Lehrs, Max. Karl Stauffer-Bern, 1857 bis
1891. Ein Verzeichnis seiner Radierungen und
Stiche. Mit dem Manuskript zu einem „Traktat
der Radierung" aus dem Nachlaß des Künstlers
als Anhang. Herausgegeben von Max Lehrs,
Dresden. Ernst Arnold. Kl. 4°. 1907. M.40.—.
Kurz nach Stauffers Tod hatte schon einmal
Richard Graul einen Oeuvre-Katalog von dessen
Radierungen in Angriff genommen und sogar
Bürstenabzüge seiner ersten Korrektur an ver-
schiedene Sammlungen gesandt mit der Bitte
um Berichtigungen und Ergänzungen. Der Viel-
beschäftigte kam nicht zur Durchführung des
Werkes und mußte namentlich nach seiner Be-
rufung an das Grassi-Museum den Gedanken
daran ganz aufgeben. Lehrs selbst aber steht
der Arbeit annähernd ebensolange gegenüber.
Er war einer der ersten, der Stauffersche Ar-
beiten sammelte und im Dresdener Kupferstich-
kabinet die größte Anzahl von an einem Ort
befindlichen alten Drucken zusammenbrachte.
Es entspann sich eine intime Bekanntschaft
zwischen ihm und den Staufferschen Blutsver-
wandten, die ihm nicht nur alle schriftlichen
Dokumente zur Verfügung stellten, sondern auch,
 
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