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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 1/2
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0089

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Rundschau

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haft aus, trotzdem sollen nunmehr Wachhunde
die Sicherheit des Louvre in der Nacht erhöhen,
wodurch den Witzblättern wieder reichlicher
Stoff geboten wird.
Von wirklichem Interesse ist die Frage, ob
das Louvre einen Teil der Sammlung des am
13. Januar verstorbenen Amateurs Camille
Groult erhalten wird. Die Hoffnungen scheinen
sich leider nicht zu bestätigen. Groult war einer
der exzentrischesten Pariser Sammler. Er hatte in
der Mehlindustrie ein ungeheures Vermögen er-
worben, das ihm ermöglichte, eine hervorragende
Sammlung von Werken des französischen und
englischen 18. Jahrhunderts zusammenzubringen.
Besonders hervorzuheben: seine Boucher, Fra-
gonard, Hubert Robert, Gainsborough und Turner.
Allerdings sollen sich in der Sammlung eine
nicht unbeträchtliche Anzahl gefälschter Stücke
befinden. Die Anekdoten über Groults Art
Kunstwerke zu sammeln und zu genießen sind
Legion. Es genügt an die in seinem Park von
seinem Gärtner geschaffenen Hubert-Roberts zu
erinnern. Alles in allem ein etwas derb orga-
nisierter Charakter, der, nicht gerade den feinsten
Sensationen zugänglich, in seiner Sammlung wie
im Leben Abgeschmacktes mit dem Köstlichsten
vermengte. — Die Freunde des alten Paris sehen
einen lauschigen Winkel nach dem andern da-
hingehen: jetzt wird das unterste Stück der
rue Saint Jacques und die rue du Petit Pont
verbreitert. Durch diese Demolierungsarbeiten
ist wenigstens ein Ausblick auf das bisher recht
vergraben gewesene Kirchlein Saint-Severin
geschaffen, der erhalten bleiben soll, wenn die
Societe du Vieux-Paris ihren Willen durch-
setzt, —
Unter den modernen Ausstellungen des Mo-
nats Januar sind lediglich zwei van Gogh-Aus-
stellungen hervorzuheben. Die bei Bernheim
zeigte in hundert Nummern Werke aus allen
Epochen, darunter viel Mittelgut, die an Um-
fang bedeutend geringere bei Druet brachte eine
Anzahl der besten Werke van Goghs aus der
Zeit von Arles und Auvers, darunter die schönen
dem Grafen Kessler gehörenden Werke.
In der Provinz scheint sich die Ausstellungs-
tätigkeit jetzt ein wenig zu regen. Der Salon
in Nizza hat eine merkliche Schwenkung nach
links gemacht, nachdem ihm le Havre in diesem
Sinne vorausgegangen ist. Wenn sogar die
französische Provinz erwacht!! —
R. A. Meyer.
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SEVILLA ============
Das Museo Provincial hat vor der Ma-
drider Gemäldegalerie des Prado den
Vorzug der Einheitlichkeit. Die Sammlung ist
nur klein, aber sie ist doch das wichtigste Denk-
mal der Geschichte Sevillaner Malerei. Dennoch
wird sie nur selten besucht, d. h. jeder geht
einmal hinein, um die Murillos zu sehen. Aber
selbst dieser Eindruck ist nur bei wenigen ein
starker. Denn wer sieht heute in Murillo ein
kunstgesdiichtliches Problem? Und im beson-
deren die Spanier stehen augenblicklich ganz
unter dem Banne der Kunst des Greco; nicht
allein in Castilien, wo die durch die Unachtsam-
keit der Regierung — wenn ich recht unter-
richtet bin — ermöglichte Entführung der beiden
Toledanerbilder nach Paris auch Fernerstehenden
lebhaftes Interesse für Grecos Kunst eingegeben
hat. Auch erschien vor einigen Wochen die
Grecomonographie des Madrider Universitäts-
professors Cossio, der, ein Pädagog im Lehr-
amt, durch öffentliche Vorträge dem „spanischen
Analphabetentum in Kunstdingen" — wie der
Heraldo von Madrid sich vor kurzem aus-
drückte — nach Kräften entgegenwirkt.
Die Sammlungen des Sevillaner Museums
sind schon seit der Mitte des letzten Jahrhun-
derts in dem alten Convento de la Merced
untergebracht, wo sie die ehemalige Kloster-
kirche und zwei Kreuzgänge mit einigen an-
gelehnten Räumen im Erdgeschoß füllen. Diese
Nebenräume, hauptsächlich der Saal des Valdes
Leal, haben fast Kellerlicht, die Bilder darin
sind also kaum zu betrachten. Die Kreuzgänge
mit wertvolleren Gemälden auszustatten, läßt
auch in Andalusien Wind und Wetter nicht zu,
so bleibt also nur die Kirche.
Die Kirche ist ein einschiffiger, tonnenge-
wölbter Bau des 17. Jahrhunderts mit kurzem
Querschiff. Man hat den Wänden die archi-
tektonische Gliederung durch die üblichen Doppel-
pilaster abgenommen, und erhielt so große,
glatte Flächen für die Bilder. Aber die Wände
sind unglücklicherweise gerade in dieser Kirche
besonders hoch, und Licht fällt nur durch die
in das Gewölbe eingeschnittenen, kleinen Fenster.
Das war nun zwar sehr ungünstig, aber nicht
gut zu ändern. Nur in der Wahl des Wand-
tones war man frei; und da entschloß man sich
zu dem allerschlimmsten, man wählte ein tiefes,
jedes Licht wegsaugendes, pompeianisches Rot.
Es war erreicht, die Wände in der Bilderzone
liegen zu jeder Tageszeit im Halbdunkel.
Etwas günstiger beleuchtet sind nur die
Wände an der Kuppel. Man bedachte sie mit
den Bildern Zurbarans, unter denen sich aber

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