Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

DOI Heft:
Heft 1/2
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0106

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
98

Monatshefte für Kunstwissenschaft

stalten sind hier viel strenger, männlicher als
die weichlichen Borassas, auch sind sie schlan-
ker; sicher stammt der Altar aus dem Kreis
des Meisters.
Zu seinen Gehilfen und Schülern gehörte
auch sein Sklave Lukas, in seinen Arbeiten
flauer und trockener als Borassa; eine seiner
besten Leistungen ist der Georgsaltar in Villa-
franca de Penades.
Ein zweiter größerer Künstler ist Benito
Martorell, gest. 1453 oder 1454; erkenntlich
an den untersetzten Gestalten und der etwas
langweiligen Gewandbehandlung mit den großen
Längsfalten; mit das beste der Retablo der Di-
putados de Cataluna (Barcelona, Audiencia).
Am bekanntesten von allen katalonischen
Quatrocentisten dürfte wohl Luis Dalmau
de Viu sein. Wie Bertaux vor kurzem nadi-
gewiesen hat (Revue de l'Art anc. et mod.
XXII. 107 ff.), war er 1428 Stadtmaler in Valen-
cia. Am 21. September 1431 erhält er als Haus-
maler des Königs Reisegeld für eine Fahrt nach
Flandern. Er kam also kurz vor Enthüllung
des Genter Altars dorthin. Sein berühmter
Ret. de los Concelleres in Barcelona wurde 1443
bestellt und 1445 vollendet. In Barcelona ist
Dalmau noch 1459 nachweisbar. Im Gegensatz
zu Casellas und Sert weist ihm Sanpere die
Pariser Caselverleihung zu, wohl mit Unrecht.
Nach Sanpere bediente sich der Maler hier
kastilianischer Modelle; das Werk sei nach 1459,
dem Ausbruch des Bürgerkriegs, entstanden.
Mit Recht dagegen spricht er Dalmau den ihm
von Dvorak zugewiesenen Madrider Lebens-
brunnen ab, wegen der allzugelehrten und zu
komplizierten Komposition und wegen völligen
Mangels spanischer Typen.
Jaime Huguet, der „Meister des Aus-
drucks", ist von 1448, wo er ca. 30 Jahre zählt
bis 1483 nachweisbar. Das einzige doku-
mentarisch beglaubigte Werk, das erhalten
ist, ist der 1460 vollendete Ret. de S. Abdon y
S. Senen de S. Pedro de Tarrassa. Aufgeregte
Szenen liegen dem Meister nicht, der Ausdruck
der Ergebenheit seiner Märtyrer gelingt ihm
dagegen vortrefflich. Dann arbeitete er mit
den Vergos am Vicentealtar von Sarria, wo er
als derjenige erscheint, der am meisten von der
Renaissance aufgenommen hat. In den Typen
erinnert er mehrfach an Gerhard David.
Mit Recht schreibt ihm Sanpere (im Anhang)
den Georgsaltar im Louvre zu, zusammen mit
dem in Barcelonaer Privatbesitz befindlichen
Drachenkampf, den er im ersten Band Martorell
zugewiesen hatte.
1473 malte Meister Alfonso den Retablo von
S. Cugat de Valles mit der Marter des S. Me-

din. Die Köpfe der Begleitfiguren, schon von
Justi gerühmt, gehören mit zum Hervorragend-
sten der damaligen Kunst, man denkt an Bel-
lini; der Akt freilich altertümlicher, mehr an
Antonello da Messina gemahnend.
Alfonso ist kein katalonischer Name. Haben
wir hier Pedro Alfonso de Baena vor uns?
Dieser, ein Cordobese, wird noch 1485 als Ma-
ler erwähnt.
Noch bedeutender ist Bartolome Ber-
mejo, auch Bartholomeus Rubeus genannt, um
den sich im Burlington fine Art Magazin, in der
Gazette des Beaux-Arts und in der Revue
de l'Art in den letzten Jahren ein kleiner
Kampf entwickelt hat. Was Sanpere anlangt,
so begeht er den Fehler, erst alle möglichen
dem Meister zugewiesenen Werke zu besprechen
und dann erst auf das beglaubigte Meisterwerk
einzugehen, das sich, wie Bertaux bemerkt, zu
den meisten zugeschriebenen Gemälden verhält
wie ein Roger van der Weyden zu einem Bel-
lini. Bermejos „Piedad" in der Kathedrale von
Barcelona, 1490 im Auftrag des Canonicas Des-
pla gemalt, ist (trotz aller Zerstörung) eines
der Hauptwerke der spanischen Quattrocento-
kunst, Maria namentlich von großartiger Herbheit.
Der St. Michael mit Stifter in London bei
Herrn Warnher stammt aus der Valencianer
Gegend und ist ein Frühwerk des Meisters; der
niederländische Einfluß noch sehr stark, eigen-
artig der Mantel, wie der einer Estofadofigur
behandelt. S. Engracia bei Gardiner-Boston
macht mehr einen französischen Eindruck. Die
Zuschreibung der Piedad von Villeneuve-les-
Avignon im Louvre an Bermejo hat ziemlich
viel für sich, obzwar ich auch hier lieber an
eine französische Arbeit denken möchte. Wenn
auch die Pietäskulptur am Barcelonaer Dom-
portal in der eigenartigen Lage Christi merk-
würdig mit dem Bild übereinstimmt, so ist doch
nicht nachgewiesen, daß der Maler wie der
Bildhauer Spanier waren.
Die Verkündigung und der Michael in Avignon
haben nichts mit dem spanischen Rubeus-Ber-
mejo zu tun. Es zeigt sich hier, namentlich in
der Verkündigung, eine merkwürdige Mischung
von Niederländischem und Oberitalienischem.
Von grandioser Herbheit dagegen die „Santa
Faz" im Museum von Vich, eines der unver-
geßlichsten spanischen Frühwerke. 1495 ent-
warf der Künstler die Malereien der zehn Glas-
gemälde in der Taufkapelle der Barcelonaer
Kathedrale, von denen uns noch eins erhalten ist.
Ein großer Teil der Kunstwerke aus der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist in der
Werkstatt der Vergos entstanden. Die Haupt-
mitglieder dieser Künstlerfamilie sind Jaime
 
Annotationen