^^ RUND SCHAU i
BERLIN ...==.
Von den Neuerwerbungen der Kgl. Museen
fallen nur die für das Kaiser-Friedrich-Museum
ins Auge. Außer einem guten Raeburn (Portrait
des Sir James Montgomery), dem dritten eng-
lischen Gemälde, das die Sammlung erworben
hat, sind es nordische Plastiken, über welche
Vöge zusammenfassend und klar berichtet.
Eine Antwerpener Arbeit vom Ende des
15. Jahrhunderts ist die Gruppe der Trauernden
unter dem Kreuz. Die geringe Zahl der elsässi-
schen Schnitzwerke im Museum wird durch ein
sehr anmutiges Relief vermehrt, Christus am
Ölberg (bemalter Stuck, nach dem gleichen Vor-
bild gearbeitet wie das entsprechende Relief
am Passionsaltar von Kaysersberg, also u. 1520);
ein zweites Stück aus dem Elsaß ist der schla-
fende Johannes in einer Landschaft, 1553 be-
zeichnet, von dem Meister Hans R., der den
Kienzheimer Altar (jetzt in Kolmarer Privat-
besitz) und wohl auch den eben erwähnten
Kaysersberger Altar geschnitzt hat. Dann ein
Augsburger Relieftäfelchen mit undeutbarem
Sujet, um 1525; und zwei Altäre, einer von
einem Pacherschüler (vielleicht Wolf Aßlinger,
von dem ein schöner Altar im Bayr. National-
Museum); und ein schwäbischer Altar von 1512,
der aus Augsburg stammen soll.
Die Verkehrsverhältnisse am Brandenburger
Tor bedürfen längst der Umgestaltung; die
Schwierigkeit liegt aber darin, daß man das Tor
selbst, wie es sich von selbst versteht, mit
seinen Flügelbauten schonen möchte. Nun hat
der Oberhofbaurat v. Ihne, der wegen des
Kaiser Friedrich-Museums in einem nicht näher
zu definierenden Rufe steht, dem Kaiser einen
Entwurf vorgelegt, welcher dessen volle Zu-
stimmung erhalten hat. Das Tor soll vollstän-
dig erhalten bleiben, an die Stelle der sich an-
schließenden Häuser aber zwei große seitliche
Säulenhallen mit Durchfahrten zu Seiten des
alten Tores. Diese Idee erscheint freilich am
günstigsten; wenn einmal etwas fallen muß, so
mögen es lieber noch die Privatbauten sein,
wenn sie auch den Pariser Platz neben dem
Tor aufs würdigste abschließen. Aber wenn an
ihre Stelle eine Doppelkolonnade von Ihne
kommen soll, so muß man zum mindesten auf
seiner Hut sein, daß nicht etwas Fürchterliches
Erreignis werde.
Die Ausstellungen in den Berliner Kunst-
salons brachten in den letzten Monaten wunder-
volle Vergleichsmöglichkeiten: sie stellten die
problematische Malkunst der Corinth, Slevogt
und Greiner der geschlossenen Einheit der Maler
von der Münchener Scholle gegenüber und zeig-
ten deutlich den unüberbrückbaren Spalt, der
zwischen Sachdarstellung und Monumental-
malerei besteht. Näher darauf einzugehen ist
hier nicht der Ort; ein paar Andeutungen mögen
Platz finden. Louis Corinth (bei Cassirer, im
Januar) repräsentiert die malerische Technik an
sich, nackt, kahl, ohne künstlerischen Ehrgeiz,
ohne Gesinnung, ohne Tradition; eine brutale
und abstoßende Kraftäußerung, aber keine Kunst
im rechten Sinne. Max Slevogt (bei Cassirer,
im Februar), eine höchst reiche Natur, so be-
schäftigt mit Problemen, daß er nie zu ihrer vollen
Lösung kommt; seine überquellende Fruchtbar-
keit, seine nervöse Persönlichkeit hindert ihn
am Ausreifen. Otto Greiner (bei Schulte, im
Februar) strebt, im Gegensatz zu den beiden,
nach Monumentalität; allein auf falschen Wege:
statt der Synthese, der hohen Form, will er
durch peinlichste Formanalyse und ungereinig-
ten Naturalismus zur Klassizität gelangen; und
muß freilich hieran scheitern: seine Bilder be-
stehen aus mehr oder minder guten Fragmen-
ten. Demgegenüber bedeuten die Leistungen
der Münchener Scholle (bei Gurlitt, im Februar)
die Synthese aus guter Malerei und dekorativem
Können. Der Stärkste an malerischer Fülle und
Lebenskraft ist Leo Putz (unvollkommen ver-
treten); seine Malerei ist längst über den platten
Impressionismus zu einer lebensvollen Aus-
drucks- und Phantasiekunst gelangt. Nadi der
Seite des Dekorativen aber bedeutet Fritz Erler
einen Höhepunkt nicht nur innerhalb der Scholle,
ja nicht nur in Deutschland, sondern in unserer
Zeit überhaupt: er kann sich neben Maurice
Denis und Hodler völlig behaupten. Er hat,
durch eine gewaltige Energie der Formzusammen-
fassung, einen modernen Stil der Wandmalerei
gefunden; seine Fresken für das Kurhaus in
Wiesbaden beweisen es jedem, der ein Organ
für Monumentalstil besitzt. Die Kartons dazu,
BERLIN ...==.
Von den Neuerwerbungen der Kgl. Museen
fallen nur die für das Kaiser-Friedrich-Museum
ins Auge. Außer einem guten Raeburn (Portrait
des Sir James Montgomery), dem dritten eng-
lischen Gemälde, das die Sammlung erworben
hat, sind es nordische Plastiken, über welche
Vöge zusammenfassend und klar berichtet.
Eine Antwerpener Arbeit vom Ende des
15. Jahrhunderts ist die Gruppe der Trauernden
unter dem Kreuz. Die geringe Zahl der elsässi-
schen Schnitzwerke im Museum wird durch ein
sehr anmutiges Relief vermehrt, Christus am
Ölberg (bemalter Stuck, nach dem gleichen Vor-
bild gearbeitet wie das entsprechende Relief
am Passionsaltar von Kaysersberg, also u. 1520);
ein zweites Stück aus dem Elsaß ist der schla-
fende Johannes in einer Landschaft, 1553 be-
zeichnet, von dem Meister Hans R., der den
Kienzheimer Altar (jetzt in Kolmarer Privat-
besitz) und wohl auch den eben erwähnten
Kaysersberger Altar geschnitzt hat. Dann ein
Augsburger Relieftäfelchen mit undeutbarem
Sujet, um 1525; und zwei Altäre, einer von
einem Pacherschüler (vielleicht Wolf Aßlinger,
von dem ein schöner Altar im Bayr. National-
Museum); und ein schwäbischer Altar von 1512,
der aus Augsburg stammen soll.
Die Verkehrsverhältnisse am Brandenburger
Tor bedürfen längst der Umgestaltung; die
Schwierigkeit liegt aber darin, daß man das Tor
selbst, wie es sich von selbst versteht, mit
seinen Flügelbauten schonen möchte. Nun hat
der Oberhofbaurat v. Ihne, der wegen des
Kaiser Friedrich-Museums in einem nicht näher
zu definierenden Rufe steht, dem Kaiser einen
Entwurf vorgelegt, welcher dessen volle Zu-
stimmung erhalten hat. Das Tor soll vollstän-
dig erhalten bleiben, an die Stelle der sich an-
schließenden Häuser aber zwei große seitliche
Säulenhallen mit Durchfahrten zu Seiten des
alten Tores. Diese Idee erscheint freilich am
günstigsten; wenn einmal etwas fallen muß, so
mögen es lieber noch die Privatbauten sein,
wenn sie auch den Pariser Platz neben dem
Tor aufs würdigste abschließen. Aber wenn an
ihre Stelle eine Doppelkolonnade von Ihne
kommen soll, so muß man zum mindesten auf
seiner Hut sein, daß nicht etwas Fürchterliches
Erreignis werde.
Die Ausstellungen in den Berliner Kunst-
salons brachten in den letzten Monaten wunder-
volle Vergleichsmöglichkeiten: sie stellten die
problematische Malkunst der Corinth, Slevogt
und Greiner der geschlossenen Einheit der Maler
von der Münchener Scholle gegenüber und zeig-
ten deutlich den unüberbrückbaren Spalt, der
zwischen Sachdarstellung und Monumental-
malerei besteht. Näher darauf einzugehen ist
hier nicht der Ort; ein paar Andeutungen mögen
Platz finden. Louis Corinth (bei Cassirer, im
Januar) repräsentiert die malerische Technik an
sich, nackt, kahl, ohne künstlerischen Ehrgeiz,
ohne Gesinnung, ohne Tradition; eine brutale
und abstoßende Kraftäußerung, aber keine Kunst
im rechten Sinne. Max Slevogt (bei Cassirer,
im Februar), eine höchst reiche Natur, so be-
schäftigt mit Problemen, daß er nie zu ihrer vollen
Lösung kommt; seine überquellende Fruchtbar-
keit, seine nervöse Persönlichkeit hindert ihn
am Ausreifen. Otto Greiner (bei Schulte, im
Februar) strebt, im Gegensatz zu den beiden,
nach Monumentalität; allein auf falschen Wege:
statt der Synthese, der hohen Form, will er
durch peinlichste Formanalyse und ungereinig-
ten Naturalismus zur Klassizität gelangen; und
muß freilich hieran scheitern: seine Bilder be-
stehen aus mehr oder minder guten Fragmen-
ten. Demgegenüber bedeuten die Leistungen
der Münchener Scholle (bei Gurlitt, im Februar)
die Synthese aus guter Malerei und dekorativem
Können. Der Stärkste an malerischer Fülle und
Lebenskraft ist Leo Putz (unvollkommen ver-
treten); seine Malerei ist längst über den platten
Impressionismus zu einer lebensvollen Aus-
drucks- und Phantasiekunst gelangt. Nadi der
Seite des Dekorativen aber bedeutet Fritz Erler
einen Höhepunkt nicht nur innerhalb der Scholle,
ja nicht nur in Deutschland, sondern in unserer
Zeit überhaupt: er kann sich neben Maurice
Denis und Hodler völlig behaupten. Er hat,
durch eine gewaltige Energie der Formzusammen-
fassung, einen modernen Stil der Wandmalerei
gefunden; seine Fresken für das Kurhaus in
Wiesbaden beweisen es jedem, der ein Organ
für Monumentalstil besitzt. Die Kartons dazu,