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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 3
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0219

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Rundschau

211

ist damit eine Idee zur Tat geworden, deren
Folgen für die Entwicklung der deutschen Kunst-
wissenschaft auf der einen Seite — und die
Pflege nationaler Kultur im weitesten Sinne
des Wortes auf der anderen Seite heute noch
gar nicht zu übersehen sind. Eine erlesene Ver-
sammlung, in der überwiegenden Mehrzahl Ver-
treter der Wissenschaft aus allen Teilen des
Reiches — aus Wien war als Delegierter Prof.
Dvorak, aus Bern Prof. Artur Weese erschienen
— hatte sich zu der wichtigen Tagung ein-
gefunden. Am Abend vorher hatte in einem
kleinen geschlossenen Kreise von Delegierten
und Freunden des Vereins eine Vorberatung
stattgehabt, in der die Statuten einer ein-
gehenden Erörterung unterzogen wurden, die
dann am nächsten Tage ohne erhebliche Ände-
rungen im Plenum der Versammlung angenom-
men wurden.
Trotz der Einwendungen Prof. Lichtwarks,
der prinzipiell von einer Heranziehung der
Lehrer im Dienste der künstlerischen Vorbildung
der Jugend nichts wissen wollte, erblickt der
Deutsche Verein für Kunstwissensdiaft die Haupt-
aufgaben seiner Wirksamkeit nach zweierlei
Richtungen hin: Einmal in der Erforschung und
systematischen Bearbeitung der deutschen Kunst-
denkmäler, für die eine große Publikation ge-
schaffen werden soll, die „Monumenta artis
Germaniae", oder wie sie auf Thodes Vorschlag
richtiger heißen wird, „Die Denkmäler deutscher
Kunst", zweitens aber — und darin liegt, wie
Exzellenz Althoff und der Großindustrielle Ge-
heimrat von Böttinger sehr richtig bemerkten,
die eigentlich werbende Kraft — soll es sich der
Deutsche Verein zur Aufgabe machen, die all-
gemeine Kunstbildung im Volke zu heben. Ob-
wohl die eigentlichen Bestimmungen hierüber
auf den Antrag Lichtwarks aus den Statuten
gestrichen wurden, so wird doch dies auch für
die Zukunft eine wichtige Seite der Betätigung
sein, die man nicht aus dem Auge verlieren
darf, soll der Verein in der Tat sein großes
Werk auf breiter Basis und unter Beteiligung
der Gebildeten aller Stände aufbauen.
In der Nachmittagssitzung wurde sodann ein
Ausschuß von 100 Mitgliedern, davon nur die
Hälfte Kunsthistoriker, und von diesen wiederum
der Vorstand von 25 Mitgliedern gewählt. Zum
Ehrenvorsitzenden, der aber zugleich Mitglied
bleibt, wurde unter allgemeiner Zustimmung
Exzellenz Althoff ernannt. Erster Vorsitzender
ist Wilhelm Bode, zweiter Geheimrat Schmidt
als Vertreter des preußischen Ministeriums,
dritter Geheimrat Winterstein im bayrischen
Ministerium. Zu Schriftführern wurden Hofrat
Koetschau-Weimar und Prof. Goldschmidt-Halle,

zu Schatzmeistern Dr. Eduard Simon und Ver-
lagsbuchhändler A. Scherl, beide in Berlin, er-
nannt. Unter den übrigen Mitgliedern des Vor-
standes seien die Herren v. Seidlitz, Dresden,
v. Reber, München, Thode, Heidelberg, Licht-
wark, Hamburg, v. Oettingen, Reichenberg,
Dehio, Straßburg, Wickhoff, Wien, v. Böt-
tinger,Elberfeld, v.Bezold, Nürnberg, genannt.
Die vorbereitende Arbeit für die Denkmälerpubli-
kation, die naturgemäß verschiedenen Arbeits-
sektionen übertragen werden muß, liegt in
Händen der Herren Prof. Dvorak, Wien und
Prof. Goldschmidt, Halle.
Inzwischen ist es bekannt geworden, daß
der deutsche Kaiser das ihm angetragene Pro-
tektorat des Vereins angenommen hat. Es ist
vorauszusehen, daß auch die übrigen deutschen
Fürsten sowie die hohen geistlichen Würden-
träger gern dem Beispiel folgen werden, um
einer Gesellschaft, die die Pflege deutscher Kunst
sowohl in wissenschaftlicher wie populärer Form
zu ihrer vornehmsten Aufgabe gemacht hat,
Förderung und tatkräftige Unterstützung zu ge-
währen.
Die Gebildeten aller Stände aber werden die
Idee Bodes hoffentlich mit der Begeisterung
aufgreifen, ohne die noch nie in der Welt-
geschichte wahrhaft Großes vollführt werden
konnte. Der Anfang ist gemacht. Wir haben
allen Grund, der Zukunft unserer deutschen
Kunstwissenschaft und der künstlerischen Bil-
dung des deutschen Volkes mit froher Zuversicht
entgegenzusehen. B.
g
KLEINE NACHRICHTEN
Augsburg. In der Barfiißerkirche ist ein großes
Fresko entdeckt worden, das aus dem Mittelalter stammt,
(13. oder 15. Jahrhundert?); es sind fünf überlebensgroße
Engel schwebend dargestellt.
Berlin. Geheimrat Julius Lessing, der Direktor des
Berliner Kunstgewerbe-Museums, ist in der Nacht vom
13. zum 14. März im Krankenhause nach längerem Leiden
gestorben; kurz vor der Übergabe der Museumsleitung
an seinen Nachfolger, Otto v. Falke, die am 1. April statt-
finden sollte. Eine kurze Würdigung seiner Persönlichkeit
und Verdienste haben wir bereits in Heft 1/2, S.66 gegeben.
Ein anderer sehr schmerzlicher Verlust hat die Kgl.
Museen in diesen Tagen betroffen: Hugo v. Tschudi hat
aus Gesundheitsrücksichten einen Urlaub von einem Jahr
genommen. In Wirklichkeit bedeutet das wohl seinen
Rücktritt von der Leitung der Nationalgalerie, die er in
wahrhaft künstlerischem Sinne geführt hat. Als sein Nach-
folger wird von der Frankfurter Zeitung Prof. Dr. Ludwig
Justi, Sekretär der Kgl. Akademie der Künste in Berlin,
früher Direktor des Städelschen Instituts in Frankfurt,
genannt. — Über die ganze Angelegenheit ist von den
Tageszeitungen so ausführlich berichtet worden, daß es
sich erübrigt, an dieser Stelle näher darauf einzugehen. S.
Düsseldorf. Nicht Olbridi, sondern der Dresdener
Architekt Wilhelm Kreis ist als Direktor an die Kunst-
gewerbeschule berufen worden und hat den Ruf ange-
nommen. *
Frankfurt a. M. Das neue städtische Museum ist
nun von der Stadt selber finanziell fundiert worden. Von
Plan und Organisation der Sammlungen war im letzten
 
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