Der Kunstsammler
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größten Herzeleid der hiesigen Händler, und
Murillo, Tiepolo, Amberger, Lucas Cranach, van
Eyck, MemlingZurbaran, sogar ein Lionardo usw.,
alle Zeiten und Schulen waren vertreten. Als echt
hat man offenbar nur anerkannt Tiepolos Imma-
culata (410 gs.) und vielleicht Murillos schöne
Landschaft: Blick über ein Tal hin, mit Figuren
im Vordergrund und Bergen im Hintergrund
(250 gs., worin der Zweifel klar genug ausge-
drückt ist). Auch der Teil eines Altares aus der
Sammlung des Conte Passalaqua in Mailand
wird wohl von Luini selber herrühren (200 gs.
1898, brachte er 300 gs.). Zu erwähnen wären
sonst nur noch zwei weibliche Heilige von
H. de Bles (700 gs.); Luca Longhi: Madonna
mit Knaben und zwei Heiligen (110. gs); G. Ter-
bürg: Ritter Dame und Page (100 gs.); J. Oditer-
veld: Interieur (125 gs.); van Huysum: Blumen-
stillleben (210 gs.); van Goyen: Flußlandschaft
(100 gs.) und Dirk Hals: Nähende Frau am Tisch
(100 gs.). Einige Guardi hätten hier, wo in der
Wallace Kollektion einige Werke des neuer-
dings wieder so hochgeschätzten Meisters für
ihn Propaganda gemacht haben sollten, ein
besseres Los verdient. Der sogenannteAmberger,
ein reizvolles Frauenporträt, brachte 147 gs.
Das der Ekletiker Mengs nicht gefiel, ist weiter
nicht auffallend; dafür wird die anglisierte
Angelica Kaufmann immer wieder geschätzt. —
Aus all dem Angelührten, das leicht noch nach
verschiedenen Richtungen hin ergänzt werden
könnte, läßt sich ersehen, welch eifriges Leben
auf dem hiesigen Kunstmarkt wieder eingezogen
und wie enorm der Umsatz an Werten gewesen
ist. — Für die kommende Saison steht bei
Christie, zunächst noch ohne festes Datum, in
Aussicht: die Versteigerung der Sammlung
Stephen Holland. Die Sammlung Humphrey
Roberts, reich an erstklassigen Werken von
Corot, Diaz und Millet, von Gainsborugh, Rey-
nolds und Constable, von Millais, Israels und
Maris, und auch Whistler wird Ende Mai (21—23)
bei Christie zur Auktion gelangen (sieheAuktions-
kalender. In der Sammlung Holland finden sich
Stücke Turners und des oben ausführlich be-
sprochenen Walkers. Von „alten Meistern" aller-
dings dürfte so bald kaum etwas außergewöhn-
liches auf den Markt kommen; deren Erscheinen
ist auch in den Londoner Auktionsräumen ein
gar seltenes. F.
€
EIN KÜNSTLERPROTEST
IN SACHEN DER „BILDFALSCHER-
ANGELEGENHEIT."
In der Presse des In- und Auslandes sind
über eine in München anhängige strafrechtliche
Untersuchung wegen Bilderfälschung und Ver-
triebes gefälschter Bilder seit einiger Zeit Nach-
richten verbreitet worden, welche den Umfang
der Fälschungen und des Vertriebes gefälschter
Bilder als sehr bedeutend hinstellen. Es sollen
ferner angeblich die „meisten Falsifikate" nach
England und Amerika verkauft worden sein,
weiter unter den Verdächtigen sich mehrere
„hochangesehene und altrenommierte Münchner
Kunsthändler", sowie Münchner Künstler be-
finden.
Die Unterfertigten haben sich im Interesse
des Ansehens der Kunststadt München bemüht,
amtliche Auskunft zu erhalten und sind infolge-
dessen in der Lage, nachfolgendes festzustellen:
1. Wegen Bilderfälschung ist eine einzige
Person verdächtig, die mit der bildenden
Kunst beruflich gar nichts zu tun hat.
2. Auch wegen Vertriebs von gefälschten
Bildern sind — außer zwei verhafteten
Händlern und einem Dritten, dessen Auf-
enthalt bisher unbekannt ist — keine
Personen verdächtig, welche in irgend-
einer berufsmäßigen Beziehung zur bil-
denden Kunst stehen.
3. Anhaltspunkte, daß gefälschte Bilder nadi
England oder Amerika vertrieben wurden,
sind bisher überhaupt nicht vorhanden,
geschweige denn dafür, daß die in der
Presse in dieser Richtung verbreiteten
Ziffern richtig wären.
Ebenso sind die in der Presse ver-
breiteten Nachrichten bezüglich der von
den in Betracht kommenden Händlern im
ganzen für Falsifikate erzielten Preise
audi nicht entfernt richtig.
Prof. Hans v. Petersen, Präsident der
Münchener Künstlergenossenschaft; Hugo Frei-
herr v. Habermann, Präsident der Münchener
Sezession; Prof. Fritz Baer, Präsident der
Luitpoldgruppe; D. Heinemann, Gemälde-
galerie; A. Riegner, Königlicher Hof-Buch-
und Kunsthändler; Wimmer & Co., K. B.
Hofkunsthandlung; E. A. Fleischmann, Hof-
kunsthandlung.
□ VERMISCHTES □
London. Am 12. März starb hier der Bankier H. L.
Bis dioffsheim, der als Kunstfreund und -Mäcen weit
bekannt war. Millais bestes weibliches Porträt stellt die
Frau des Verstorbenen dar. Die Porzellansammlung der
Bischoffsheims ist berühmt. Der Verstorbene hatte be-
reits vor einiger Zeit dem Londoner Conty Council eine
Sammlung seltner alter Schnitte und Stiche von Alt-
London zum Geschenk gemacht. Und jetzt hofft man,
daß das Testament eine Schenkung an eine der oftent-
375
größten Herzeleid der hiesigen Händler, und
Murillo, Tiepolo, Amberger, Lucas Cranach, van
Eyck, MemlingZurbaran, sogar ein Lionardo usw.,
alle Zeiten und Schulen waren vertreten. Als echt
hat man offenbar nur anerkannt Tiepolos Imma-
culata (410 gs.) und vielleicht Murillos schöne
Landschaft: Blick über ein Tal hin, mit Figuren
im Vordergrund und Bergen im Hintergrund
(250 gs., worin der Zweifel klar genug ausge-
drückt ist). Auch der Teil eines Altares aus der
Sammlung des Conte Passalaqua in Mailand
wird wohl von Luini selber herrühren (200 gs.
1898, brachte er 300 gs.). Zu erwähnen wären
sonst nur noch zwei weibliche Heilige von
H. de Bles (700 gs.); Luca Longhi: Madonna
mit Knaben und zwei Heiligen (110. gs); G. Ter-
bürg: Ritter Dame und Page (100 gs.); J. Oditer-
veld: Interieur (125 gs.); van Huysum: Blumen-
stillleben (210 gs.); van Goyen: Flußlandschaft
(100 gs.) und Dirk Hals: Nähende Frau am Tisch
(100 gs.). Einige Guardi hätten hier, wo in der
Wallace Kollektion einige Werke des neuer-
dings wieder so hochgeschätzten Meisters für
ihn Propaganda gemacht haben sollten, ein
besseres Los verdient. Der sogenannteAmberger,
ein reizvolles Frauenporträt, brachte 147 gs.
Das der Ekletiker Mengs nicht gefiel, ist weiter
nicht auffallend; dafür wird die anglisierte
Angelica Kaufmann immer wieder geschätzt. —
Aus all dem Angelührten, das leicht noch nach
verschiedenen Richtungen hin ergänzt werden
könnte, läßt sich ersehen, welch eifriges Leben
auf dem hiesigen Kunstmarkt wieder eingezogen
und wie enorm der Umsatz an Werten gewesen
ist. — Für die kommende Saison steht bei
Christie, zunächst noch ohne festes Datum, in
Aussicht: die Versteigerung der Sammlung
Stephen Holland. Die Sammlung Humphrey
Roberts, reich an erstklassigen Werken von
Corot, Diaz und Millet, von Gainsborugh, Rey-
nolds und Constable, von Millais, Israels und
Maris, und auch Whistler wird Ende Mai (21—23)
bei Christie zur Auktion gelangen (sieheAuktions-
kalender. In der Sammlung Holland finden sich
Stücke Turners und des oben ausführlich be-
sprochenen Walkers. Von „alten Meistern" aller-
dings dürfte so bald kaum etwas außergewöhn-
liches auf den Markt kommen; deren Erscheinen
ist auch in den Londoner Auktionsräumen ein
gar seltenes. F.
€
EIN KÜNSTLERPROTEST
IN SACHEN DER „BILDFALSCHER-
ANGELEGENHEIT."
In der Presse des In- und Auslandes sind
über eine in München anhängige strafrechtliche
Untersuchung wegen Bilderfälschung und Ver-
triebes gefälschter Bilder seit einiger Zeit Nach-
richten verbreitet worden, welche den Umfang
der Fälschungen und des Vertriebes gefälschter
Bilder als sehr bedeutend hinstellen. Es sollen
ferner angeblich die „meisten Falsifikate" nach
England und Amerika verkauft worden sein,
weiter unter den Verdächtigen sich mehrere
„hochangesehene und altrenommierte Münchner
Kunsthändler", sowie Münchner Künstler be-
finden.
Die Unterfertigten haben sich im Interesse
des Ansehens der Kunststadt München bemüht,
amtliche Auskunft zu erhalten und sind infolge-
dessen in der Lage, nachfolgendes festzustellen:
1. Wegen Bilderfälschung ist eine einzige
Person verdächtig, die mit der bildenden
Kunst beruflich gar nichts zu tun hat.
2. Auch wegen Vertriebs von gefälschten
Bildern sind — außer zwei verhafteten
Händlern und einem Dritten, dessen Auf-
enthalt bisher unbekannt ist — keine
Personen verdächtig, welche in irgend-
einer berufsmäßigen Beziehung zur bil-
denden Kunst stehen.
3. Anhaltspunkte, daß gefälschte Bilder nadi
England oder Amerika vertrieben wurden,
sind bisher überhaupt nicht vorhanden,
geschweige denn dafür, daß die in der
Presse in dieser Richtung verbreiteten
Ziffern richtig wären.
Ebenso sind die in der Presse ver-
breiteten Nachrichten bezüglich der von
den in Betracht kommenden Händlern im
ganzen für Falsifikate erzielten Preise
audi nicht entfernt richtig.
Prof. Hans v. Petersen, Präsident der
Münchener Künstlergenossenschaft; Hugo Frei-
herr v. Habermann, Präsident der Münchener
Sezession; Prof. Fritz Baer, Präsident der
Luitpoldgruppe; D. Heinemann, Gemälde-
galerie; A. Riegner, Königlicher Hof-Buch-
und Kunsthändler; Wimmer & Co., K. B.
Hofkunsthandlung; E. A. Fleischmann, Hof-
kunsthandlung.
□ VERMISCHTES □
London. Am 12. März starb hier der Bankier H. L.
Bis dioffsheim, der als Kunstfreund und -Mäcen weit
bekannt war. Millais bestes weibliches Porträt stellt die
Frau des Verstorbenen dar. Die Porzellansammlung der
Bischoffsheims ist berühmt. Der Verstorbene hatte be-
reits vor einiger Zeit dem Londoner Conty Council eine
Sammlung seltner alter Schnitte und Stiche von Alt-
London zum Geschenk gemacht. Und jetzt hofft man,
daß das Testament eine Schenkung an eine der oftent-