426
Monatshefte für Kunstwissenschaft
langen des a. h. Kaiserhauses, Bd. XXIV, 1903) vorgezeichnet. Speziell die Lokalisierung
Pfennings in Salzburg beseitigte die verwirrende Annahme Thodes von der Zu-
gehörigkeit des Künstlers zur Nürnberger Schule, und schuf einen festen Ausgangs-
punkt für die Erkenntnis der ferneren Entwicklung. Diese wird jedoch wieder getrübt,
wenn Voss in Verkennung des autochthonen Geistes der Donauschule einen so weit-
hergeholten Einfluß wie den des Kölnischen Bartholomaeusmeisters in sie hinein-
interpretiert, während die Bekanntschaft Frueaufs mit Schongauer schon von mir
betont worden ist. Die Einbeziehung des Rueland-Altärchens zu Klosterneuburg in das
Werk des Frueauf der Großgmainer und Wiener Bilder lehne ich nach wie vor ab
und sehe mich in dieser Auffassung bestärkt durch die Existenz eines jüngeren
Frueauf, gleichfalls Rueland geheißen, den W. M. Schmid in einer aufschluß-
reichen Anzeige meiner Publikation (Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1904, No. 113)
als Maler des Cyklus in Vorschlag brachte. Allerdings erscheint die Bezeichnung
„Rueland" auf einer der Klosterneuburger Tafeln, also der bloße Vorname ohne
den üblichen Zusatz einer Ortsangabe, angesichts der Gleichnamigkeit von Vater
und Sohn, erst recht befremdlich und singulär. Dem alten Frueauf näher steht ein
höchst beachtenswertes Votivbild des Probstes Georg Eissner von Herzogenburg aus
dem Jahre 1497 mit der getreuen Stadtansicht Passaus im Hintergründe und der
Porträtfigur Bischof Ulrichs I. Schmid, dem das Verdienst zukommt, auf die Tafel
hingewiesen zu haben, hielt sie für verschollen, während sie sich noch an ihrem
ursprünglichen Bestimmungsorte befindet, in der genannten niederösterreichischen Abtei.
Ich werde sie mit zwei anderen, der Forschung bisher entgangenen Frueaufs aus
Klosterneuburg und St. Florian nächstens veröffentlichen. Wie lange seine Richtung
an der Donau nachlebte, beweisen ein Epitaph zweier Pfleger von Neuburg bei
Passau aus dem Jahre 1516, vormals in der Sammlung Hamminger zu Regensburg,
jetzt in der Galerie Miethke in Wien, und eine um 1520 entstandene Szene aus der
Legende des hl. Wolfgang, die das Germanische Museum kürzlich ebenda erworben
hat (Abb. 4).
Jedenfalls darf der Klosterneuburger Rueland als der nächste Vorläufer Alt-
dorfers gelten, schon darum, weil kein anderer Maler der Donaugegend vor ihm in
der Raumbehandlung soweit gelangt ist. Altdorfer mit dem großen Perspektivmaler
des hochgebirgigen Südens, mit Michael Pacher in unmittelbare Verbindung zu bringen,
geht aber nicht an, denn gerade die Raumanlage, besonders das Größenverhältnis der
menschlichen Staffage zur Architektur ist durchaus andersartig bei beiden. Gegenüber
den streng durchkonstruierten Prospekten und Binnenraumdarstellungen Pachers bleiben
Altdorfer und die Seinen vielfach spielerisch und unklar in ihren Bauansichten, die
bei aller Originalität des Gesamteindruckes gewöhnlich keine Kontrolle im einzelnen
vertragen. Manches, was außerdem Pacherisch anmutet bei Altdorfer, ist, wofern es
nicht aus dem allgemeinen Streben der Zeit nach optischer Illusion und größerer
Körperlichkeit der Anschauung sich erklärt, den Stichen Mantegnas entlehnt, während
der kleinmeisterliche Zug des Regensburgers und des Donaustiles überhaupt im
schärfsten Gegensätze steht zur Monumentalität des Tirolers. Statt der hier ein-
geschalteten Abbildung des Wolfgang-Altares, der, nebenbei bemerkt, wie sämtlichen
Monatshefte für Kunstwissenschaft
langen des a. h. Kaiserhauses, Bd. XXIV, 1903) vorgezeichnet. Speziell die Lokalisierung
Pfennings in Salzburg beseitigte die verwirrende Annahme Thodes von der Zu-
gehörigkeit des Künstlers zur Nürnberger Schule, und schuf einen festen Ausgangs-
punkt für die Erkenntnis der ferneren Entwicklung. Diese wird jedoch wieder getrübt,
wenn Voss in Verkennung des autochthonen Geistes der Donauschule einen so weit-
hergeholten Einfluß wie den des Kölnischen Bartholomaeusmeisters in sie hinein-
interpretiert, während die Bekanntschaft Frueaufs mit Schongauer schon von mir
betont worden ist. Die Einbeziehung des Rueland-Altärchens zu Klosterneuburg in das
Werk des Frueauf der Großgmainer und Wiener Bilder lehne ich nach wie vor ab
und sehe mich in dieser Auffassung bestärkt durch die Existenz eines jüngeren
Frueauf, gleichfalls Rueland geheißen, den W. M. Schmid in einer aufschluß-
reichen Anzeige meiner Publikation (Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1904, No. 113)
als Maler des Cyklus in Vorschlag brachte. Allerdings erscheint die Bezeichnung
„Rueland" auf einer der Klosterneuburger Tafeln, also der bloße Vorname ohne
den üblichen Zusatz einer Ortsangabe, angesichts der Gleichnamigkeit von Vater
und Sohn, erst recht befremdlich und singulär. Dem alten Frueauf näher steht ein
höchst beachtenswertes Votivbild des Probstes Georg Eissner von Herzogenburg aus
dem Jahre 1497 mit der getreuen Stadtansicht Passaus im Hintergründe und der
Porträtfigur Bischof Ulrichs I. Schmid, dem das Verdienst zukommt, auf die Tafel
hingewiesen zu haben, hielt sie für verschollen, während sie sich noch an ihrem
ursprünglichen Bestimmungsorte befindet, in der genannten niederösterreichischen Abtei.
Ich werde sie mit zwei anderen, der Forschung bisher entgangenen Frueaufs aus
Klosterneuburg und St. Florian nächstens veröffentlichen. Wie lange seine Richtung
an der Donau nachlebte, beweisen ein Epitaph zweier Pfleger von Neuburg bei
Passau aus dem Jahre 1516, vormals in der Sammlung Hamminger zu Regensburg,
jetzt in der Galerie Miethke in Wien, und eine um 1520 entstandene Szene aus der
Legende des hl. Wolfgang, die das Germanische Museum kürzlich ebenda erworben
hat (Abb. 4).
Jedenfalls darf der Klosterneuburger Rueland als der nächste Vorläufer Alt-
dorfers gelten, schon darum, weil kein anderer Maler der Donaugegend vor ihm in
der Raumbehandlung soweit gelangt ist. Altdorfer mit dem großen Perspektivmaler
des hochgebirgigen Südens, mit Michael Pacher in unmittelbare Verbindung zu bringen,
geht aber nicht an, denn gerade die Raumanlage, besonders das Größenverhältnis der
menschlichen Staffage zur Architektur ist durchaus andersartig bei beiden. Gegenüber
den streng durchkonstruierten Prospekten und Binnenraumdarstellungen Pachers bleiben
Altdorfer und die Seinen vielfach spielerisch und unklar in ihren Bauansichten, die
bei aller Originalität des Gesamteindruckes gewöhnlich keine Kontrolle im einzelnen
vertragen. Manches, was außerdem Pacherisch anmutet bei Altdorfer, ist, wofern es
nicht aus dem allgemeinen Streben der Zeit nach optischer Illusion und größerer
Körperlichkeit der Anschauung sich erklärt, den Stichen Mantegnas entlehnt, während
der kleinmeisterliche Zug des Regensburgers und des Donaustiles überhaupt im
schärfsten Gegensätze steht zur Monumentalität des Tirolers. Statt der hier ein-
geschalteten Abbildung des Wolfgang-Altares, der, nebenbei bemerkt, wie sämtlichen