Rundschau
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Lippi erkannt. Es handelt sich um eine Kreu-
zigung. Zu Füßen des Gekreuzigten, dessen
Züge in auffälliger Weise den Typus antiker
Zeus-Köpfe aufweisen, ist Maria Magdalena
niedergesunken; links und rechts knieen S. Giro-
lamo und S. Francesco. Die ganze Gruppe ist
aus der Tafel herausgesägt, offenbar in späterer
Zeit, ein Fall, der immerhin mehrfach vorkommt.
Trotz teilweisen scharfen Putzens und einigen
Übermalungen kann man den Erhaltungszustand
des interessanten Werkes nicht als schlecht an-
sehen.
Die Statue des hl. Ludwig von Donatello,
welche ursprünglich vielleicht den Platz der
Thomas-Gruppe an der Fassade von Or S.
Michele eingenommen hat, zur Zeit Vasaris aber
außen über dem Portal von S. Croce stand
und bei dem Ausbau der Fassade ins Innere
gebracht wurde, wo sie hoch oben über der
Eingangstür aufgestellt wurde, konnte eben
wegen ihres schlechten Standpunktes nie recht
sorgfältig studiert werden. In diesen Tagen ist
sie nun von ihrem Höhenpostament entfernt
worden und ruht gegenwärtig, bis zu einer
neuen Aufstellung, liegend zu ebener Erde im
Refektorium von S. Croce. Diese Situation ge-
stattet nun eine gründliche Prüfung des Werkes.
Die Statue ist vollständig vergoldet gewesen.
Als Guß ist sie von großer Primitivität: sie ist
nämlich in zahlreichen Stücken gegossen und
diese sind meist gar nicht zusammengelötet son-
dern lose und ohne Verbindung anein-
ander gefügt. Die schweren wulstigen Falten,
welche viele verdeckte Tiefen bilden, erleichterten
diese Art der Ausführung. An zahlreichen Stellen
ist der Guß mangelhaft gekommen und hat aus-
geflickt werden müssen. Sehr reizvoll sind drei
kleine Putten am Bischofsstab in ihren echt
donatellesken humorvollen Bewegungen. Die
Bischofsmütze ist als ein Prachtstück der Gold-
schmiedekunst gearbeitet: Auf blauem Email-
Grunde treten in flacher Silberarbeit die fran-
zösischen Lilien heraus — und ein silbertau-
schiertes Bandmuster belebt sonst noch die
Fläche. Über die künftige Aufstellung ist noch
nicht entschieden. Es mag hier die dringende
Zuversicht ausgesprochen werden, daß die Statue
nicht im Exil des ein tristes Magazin eher als
ein Museum bildenden Refektoriums verbleibt,
vielmehr wieder in die Kirche S. Croce zurück-
kehrt, die ja so viel günstige Plätze dafür
bietet.
Eine Aufstellung im Mittelschiff der Kirche
unter Anlehnung an einen Pfeiler, so etwa wie
die S. Petersstatue in S. Pietro aufgestellt ist,
würde in besonders vorteilhafter Weise die
Statue zur Geltung bringen.
Mit Freude können wir feststellen, daß unser
Wunsch (siehe Heft 3. S. 203) die Kreuzigung
Signorellis in der Akademie besser gehängt zu
sehen, durch Fürsorge des Ispettore Dott. Bacci
Erfüllung gefunden hat. Sie hängt jetzt, gut
seitlich beleuchtet, tief unten und der Beschauer
kann dies Meisterwerk an Farbe und Zeichnung
voll aufnehmen.
Die Predella des Pesellino (Akademie) ist
durch Kopien der zwei im Louvre befindlichen
Teile ergänzt worden und unter das Madonnen-
bild Filippo Lippis gehängt, sodaß der einst in
S. Croce befindlich gewesene Altar nun wieder
als Ganzes zusammenwirkt.
Adolf Gottschewski.
ROM == —===^^==
Berninis berühmte Gruppe Pluto und Pro-
serpina gab jüngst im Parlament Veranlassung
zu erregter Debatte. Da diese Skulptur gleich-
zeitig mit der Buoncompagni-Antiken-Samm-
lung vom Staat erworben wurde, mußte es aller-
dings Befremden erregen, daß die Gruppe bis
heute noch im Palazzo Piombino bewahrt wird.
Wenn auch die Eigentümerin des Palastes, die
Königin Margherita, die Besichtigung auf Wunsch
gestattet, so fehlen doch den Meisten Mittel
und Wege, die Bewilligung zu erlangen. Der
Wunsch einiger Deputierter die Gruppe Berninis
möchte in die Galleria Borghese oder in eine
andere der vielen Sammlungen Roms überführt
werden, ist der Erfüllung wert. Und nachdem
die Königin-Witwe selbst für die Überführung
der Gruppe in eine öffentliche Sammlung ein-
getreten ist, darf man hoffen, Berninis Meister-
werk im nächsten Winter im Palazzo Borghese
wiederzufinden.
Galleria Borghese. Die Restaurationsarbeiten
in der Galleria Borghese sind vollendet, und das
obere Stockwerk der Villa ist den vielen Frem-
den, wieder zugänglich gemacht worden. Tizians
Meisterwerk hängt wieder an dem alten Platz
zwischen anderen Bildern, und man kann es nicht
mehr im Erdgeschoß bewundern, wo „die
himmlische und irdische Liebe" mit wenigen
Perlen der Malerei unter lauter Skulpturen auf-
gestellt, so unbeschreiblich wirkte. Audi sonst
kann man ein Gefühl der Enttäuschung nicht
unterdrücken, alles und alles an den alten
Plätzen wiederzufinden. So vieles ließe sich in
Roms herrlichster Gemäldegalerie besser zur
Schau stellen als es heute geschehen ist, und
die beste Gelegenheit dazu ist wahrscheinlich
auf viele Jahre hinaus versäumt worden.
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Lippi erkannt. Es handelt sich um eine Kreu-
zigung. Zu Füßen des Gekreuzigten, dessen
Züge in auffälliger Weise den Typus antiker
Zeus-Köpfe aufweisen, ist Maria Magdalena
niedergesunken; links und rechts knieen S. Giro-
lamo und S. Francesco. Die ganze Gruppe ist
aus der Tafel herausgesägt, offenbar in späterer
Zeit, ein Fall, der immerhin mehrfach vorkommt.
Trotz teilweisen scharfen Putzens und einigen
Übermalungen kann man den Erhaltungszustand
des interessanten Werkes nicht als schlecht an-
sehen.
Die Statue des hl. Ludwig von Donatello,
welche ursprünglich vielleicht den Platz der
Thomas-Gruppe an der Fassade von Or S.
Michele eingenommen hat, zur Zeit Vasaris aber
außen über dem Portal von S. Croce stand
und bei dem Ausbau der Fassade ins Innere
gebracht wurde, wo sie hoch oben über der
Eingangstür aufgestellt wurde, konnte eben
wegen ihres schlechten Standpunktes nie recht
sorgfältig studiert werden. In diesen Tagen ist
sie nun von ihrem Höhenpostament entfernt
worden und ruht gegenwärtig, bis zu einer
neuen Aufstellung, liegend zu ebener Erde im
Refektorium von S. Croce. Diese Situation ge-
stattet nun eine gründliche Prüfung des Werkes.
Die Statue ist vollständig vergoldet gewesen.
Als Guß ist sie von großer Primitivität: sie ist
nämlich in zahlreichen Stücken gegossen und
diese sind meist gar nicht zusammengelötet son-
dern lose und ohne Verbindung anein-
ander gefügt. Die schweren wulstigen Falten,
welche viele verdeckte Tiefen bilden, erleichterten
diese Art der Ausführung. An zahlreichen Stellen
ist der Guß mangelhaft gekommen und hat aus-
geflickt werden müssen. Sehr reizvoll sind drei
kleine Putten am Bischofsstab in ihren echt
donatellesken humorvollen Bewegungen. Die
Bischofsmütze ist als ein Prachtstück der Gold-
schmiedekunst gearbeitet: Auf blauem Email-
Grunde treten in flacher Silberarbeit die fran-
zösischen Lilien heraus — und ein silbertau-
schiertes Bandmuster belebt sonst noch die
Fläche. Über die künftige Aufstellung ist noch
nicht entschieden. Es mag hier die dringende
Zuversicht ausgesprochen werden, daß die Statue
nicht im Exil des ein tristes Magazin eher als
ein Museum bildenden Refektoriums verbleibt,
vielmehr wieder in die Kirche S. Croce zurück-
kehrt, die ja so viel günstige Plätze dafür
bietet.
Eine Aufstellung im Mittelschiff der Kirche
unter Anlehnung an einen Pfeiler, so etwa wie
die S. Petersstatue in S. Pietro aufgestellt ist,
würde in besonders vorteilhafter Weise die
Statue zur Geltung bringen.
Mit Freude können wir feststellen, daß unser
Wunsch (siehe Heft 3. S. 203) die Kreuzigung
Signorellis in der Akademie besser gehängt zu
sehen, durch Fürsorge des Ispettore Dott. Bacci
Erfüllung gefunden hat. Sie hängt jetzt, gut
seitlich beleuchtet, tief unten und der Beschauer
kann dies Meisterwerk an Farbe und Zeichnung
voll aufnehmen.
Die Predella des Pesellino (Akademie) ist
durch Kopien der zwei im Louvre befindlichen
Teile ergänzt worden und unter das Madonnen-
bild Filippo Lippis gehängt, sodaß der einst in
S. Croce befindlich gewesene Altar nun wieder
als Ganzes zusammenwirkt.
Adolf Gottschewski.
ROM == —===^^==
Berninis berühmte Gruppe Pluto und Pro-
serpina gab jüngst im Parlament Veranlassung
zu erregter Debatte. Da diese Skulptur gleich-
zeitig mit der Buoncompagni-Antiken-Samm-
lung vom Staat erworben wurde, mußte es aller-
dings Befremden erregen, daß die Gruppe bis
heute noch im Palazzo Piombino bewahrt wird.
Wenn auch die Eigentümerin des Palastes, die
Königin Margherita, die Besichtigung auf Wunsch
gestattet, so fehlen doch den Meisten Mittel
und Wege, die Bewilligung zu erlangen. Der
Wunsch einiger Deputierter die Gruppe Berninis
möchte in die Galleria Borghese oder in eine
andere der vielen Sammlungen Roms überführt
werden, ist der Erfüllung wert. Und nachdem
die Königin-Witwe selbst für die Überführung
der Gruppe in eine öffentliche Sammlung ein-
getreten ist, darf man hoffen, Berninis Meister-
werk im nächsten Winter im Palazzo Borghese
wiederzufinden.
Galleria Borghese. Die Restaurationsarbeiten
in der Galleria Borghese sind vollendet, und das
obere Stockwerk der Villa ist den vielen Frem-
den, wieder zugänglich gemacht worden. Tizians
Meisterwerk hängt wieder an dem alten Platz
zwischen anderen Bildern, und man kann es nicht
mehr im Erdgeschoß bewundern, wo „die
himmlische und irdische Liebe" mit wenigen
Perlen der Malerei unter lauter Skulpturen auf-
gestellt, so unbeschreiblich wirkte. Audi sonst
kann man ein Gefühl der Enttäuschung nicht
unterdrücken, alles und alles an den alten
Plätzen wiederzufinden. So vieles ließe sich in
Roms herrlichster Gemäldegalerie besser zur
Schau stellen als es heute geschehen ist, und
die beste Gelegenheit dazu ist wahrscheinlich
auf viele Jahre hinaus versäumt worden.
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