Bode. Ein Blick in Donatellos Werkstatt
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Aber hier können wir doch immer nur Verwandtes miteinander vergleichen, wir be-
sitzen nicht das Modell oder die Skizze und die Ausführung daneben. Audi dafür
fehlt es aber nicht an Beispielen. Ein solches ist uns erhalten in der Marmorstatue
des David im Palazzo Martelli und in dem in Bronze ausgegossenen kleinen
Wachsmodell im Kaiser Friedrich-Museum.1) Die Zusammenstellung der beiden Gestalten
im Bilde zeigt den gewaltigen Abstand zwischen Entwurf und Ausführung, zwischen
Meister und Schüler. An dem Martelli-Marmor hat Donatelli offenbar gar keinen An-
teil; der Handlanger, der es nach jenem Modell ausführte, hat dies so ungeschickt benutzt,
hat sich bei der Ausführung so verhauen, daß die Arbeit schließlich unfertig stehen blieb,
weil sie den Meister gar zu wenig befriedigte. Die alte Angabe, daß dieser Ladenhüter
als Donatellos Geschenk an die Martelli gekommen sei, hat daher viel Wahrscheinliches.
Ein zweites ebenso schlagendes Beispiel, das auf die Entstehung der meisten
Donatellesken Madonnenreliefs und die Beteiligung des Meisters daran helles Licht
wirft, bietet ein kleines Tonrelief im Kaiser Friedrich-Museum. Nicht nur die Kleinheit,
auch die flüchtige Breite, mit der die Figürchen in Ton geknetet sind, zeigt daß wir
es hier mit einer Skizze zu tun haben, die in der Meisterschaft der Raumausnutzung,
in der Klarheit der reichen Komposition und der Feinheit im Ausdruck trotz der Klein-
heit und Flüchtigkeit Donatello deutlich verrät. Durch einen glücklichen Zufall ist uns
das nach dieser Skizze ausgeführte große Marmorrelief erhalten, das sich im Besitz
von Mme. Edouard Andre in Paris befindet. Dieses übersorgfältig ausgeführte, sauber
geglättete Relief ist von so gewöhnlicher, unverstandener Ausführung, ist in der Zeichnung
zum Teil so roh, im Ausdruck so karrikiert, daß schon eine sehr genaue Kenntnis
Donatellos dazu gehört, um in dieser abschreckenden Arbeit noch irgend einen Bezug
zum Meister herauszufühlen. Durch die Skizze wird dies aber über alle Zweifel erhoben
und das Verhältnis des Meisters zu dem Handlanger, der nach dessen Skizze die Aus-
führung machte, deutlich ins Licht gestellt.
Ähnlich aber doch wieder eigenartig ist das Verhältnis bei einem anderen
Madonnenrelief Donatellos, bei dem uns Skizze und Ausführung nur in ein paar Nach-
bildungen erhalten sind. Von der Maria mit dem sich umblickenden Kinde besitzt
die Schnütgen-Sammlung im Kölner Kunstgewerbemuseum ein kleines Silberrelief und
das Kaiser Friedrich-Museum ein größeres Tonrelief. Ersteres ist augenscheinlich über
dem Modell des Meisters abgeschlagen, letzteres ein Tonabdruck nach dem danach
von dritter Hand trocken und teilweise unverstanden ausgeführten großen Relief. Noch
von einem anderen Madonnenrelief Donatellos besitzen wir die Nachbildung eines
Schülers; hier ist aber nicht die Skizze, sondern das große bronzierte Tonmodell oder
das Original des Meisters erhalten (im Victoria- und Albert-Museum), und die Stuck-
nachbildung (im Kaiser Friedrich-Museum und sonst) ist nur von etwa halber Größe,
sonst aber fast genau übereinstimmend. Der Halbkreis vom Cherubim über Maria, der im
Original fehlt, macht es bei dem stark Donatelloschen Charakter der Kinderköpfchen
9 Ein erstes kleineres Wachsmodell dafür, gleichfalls in Bronze ausgegossen, dem man die
Anerkennung bisher versagt hat, besitzt der Louvre; hier ist der junge jüdische Held noch ganz
nackt in ähnlicher Stellung gegeben wie in der früheren berühmten Bronzestatue des Bargello.
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Aber hier können wir doch immer nur Verwandtes miteinander vergleichen, wir be-
sitzen nicht das Modell oder die Skizze und die Ausführung daneben. Audi dafür
fehlt es aber nicht an Beispielen. Ein solches ist uns erhalten in der Marmorstatue
des David im Palazzo Martelli und in dem in Bronze ausgegossenen kleinen
Wachsmodell im Kaiser Friedrich-Museum.1) Die Zusammenstellung der beiden Gestalten
im Bilde zeigt den gewaltigen Abstand zwischen Entwurf und Ausführung, zwischen
Meister und Schüler. An dem Martelli-Marmor hat Donatelli offenbar gar keinen An-
teil; der Handlanger, der es nach jenem Modell ausführte, hat dies so ungeschickt benutzt,
hat sich bei der Ausführung so verhauen, daß die Arbeit schließlich unfertig stehen blieb,
weil sie den Meister gar zu wenig befriedigte. Die alte Angabe, daß dieser Ladenhüter
als Donatellos Geschenk an die Martelli gekommen sei, hat daher viel Wahrscheinliches.
Ein zweites ebenso schlagendes Beispiel, das auf die Entstehung der meisten
Donatellesken Madonnenreliefs und die Beteiligung des Meisters daran helles Licht
wirft, bietet ein kleines Tonrelief im Kaiser Friedrich-Museum. Nicht nur die Kleinheit,
auch die flüchtige Breite, mit der die Figürchen in Ton geknetet sind, zeigt daß wir
es hier mit einer Skizze zu tun haben, die in der Meisterschaft der Raumausnutzung,
in der Klarheit der reichen Komposition und der Feinheit im Ausdruck trotz der Klein-
heit und Flüchtigkeit Donatello deutlich verrät. Durch einen glücklichen Zufall ist uns
das nach dieser Skizze ausgeführte große Marmorrelief erhalten, das sich im Besitz
von Mme. Edouard Andre in Paris befindet. Dieses übersorgfältig ausgeführte, sauber
geglättete Relief ist von so gewöhnlicher, unverstandener Ausführung, ist in der Zeichnung
zum Teil so roh, im Ausdruck so karrikiert, daß schon eine sehr genaue Kenntnis
Donatellos dazu gehört, um in dieser abschreckenden Arbeit noch irgend einen Bezug
zum Meister herauszufühlen. Durch die Skizze wird dies aber über alle Zweifel erhoben
und das Verhältnis des Meisters zu dem Handlanger, der nach dessen Skizze die Aus-
führung machte, deutlich ins Licht gestellt.
Ähnlich aber doch wieder eigenartig ist das Verhältnis bei einem anderen
Madonnenrelief Donatellos, bei dem uns Skizze und Ausführung nur in ein paar Nach-
bildungen erhalten sind. Von der Maria mit dem sich umblickenden Kinde besitzt
die Schnütgen-Sammlung im Kölner Kunstgewerbemuseum ein kleines Silberrelief und
das Kaiser Friedrich-Museum ein größeres Tonrelief. Ersteres ist augenscheinlich über
dem Modell des Meisters abgeschlagen, letzteres ein Tonabdruck nach dem danach
von dritter Hand trocken und teilweise unverstanden ausgeführten großen Relief. Noch
von einem anderen Madonnenrelief Donatellos besitzen wir die Nachbildung eines
Schülers; hier ist aber nicht die Skizze, sondern das große bronzierte Tonmodell oder
das Original des Meisters erhalten (im Victoria- und Albert-Museum), und die Stuck-
nachbildung (im Kaiser Friedrich-Museum und sonst) ist nur von etwa halber Größe,
sonst aber fast genau übereinstimmend. Der Halbkreis vom Cherubim über Maria, der im
Original fehlt, macht es bei dem stark Donatelloschen Charakter der Kinderköpfchen
9 Ein erstes kleineres Wachsmodell dafür, gleichfalls in Bronze ausgegossen, dem man die
Anerkennung bisher versagt hat, besitzt der Louvre; hier ist der junge jüdische Held noch ganz
nackt in ähnlicher Stellung gegeben wie in der früheren berühmten Bronzestatue des Bargello.