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Monatshefte für Kunstwissenschaft
wahrscheinlich, daß diese kleinere Stucknachbildung nicht nach dem großen Tonrelief,
sondern nach einer kleinen Skizze des Meisters hergestellt worden ist. Auch die Skizze
zu einer in der Ausführung nicht erhaltenen oder doch nicht mehr bekannten Madonnen-
komposition Donatellos ist in einer runden Bronzeplakette auf uns gekommen. Maria
ist sitzend dargestellt, das Kind auf dem Schoße und von sieben kleinen Engeln um-
geben, welche spielen oder einen Blattkranz halten, der von oben, von drei Cherubim
herabhängt, und die ganze Gruppe umrahmt. Es gibt zwei Exemplare dieser Plakette,
die beide Abgüsse einer Wachsskizze sind, die eine im Kaiser Friedrich-Museum (Ge-
schenk der Frau Oscar Hainauer), die andere im Louvre (Vermächtnis His de Lasalle).
Daß nur Donatello diese Komposition ausgeführt haben kann, ist nach dem Ver-
gleich mit seinen anerkannten Werken nicht mehr zweifelhaft. Die Zusammen-
stellung der beiden Bronzeplaketten zeigt aber kleine Abweichungen, namentlich in
der Ausführung, die beweisen, daß sie nicht einfach mechanisch über dasselbe Wachs-
modell hergestellt wurden, sondern daß eine über die andere modelliert worden
ist, und zwar augenscheinlich das Exemplar im Louvre über das Berliner Exemplar;
denn letzteres ist voller in den Formen, skizzenhafter und doch freier und meister-
licher als die Louvre-Bronze, die auch in der Zeichnung, in der Punzierung des Kleides
und der Ornamentierung der Heiligenscheine die Hand eines Schülers, anscheinend
Goldschmieds verrät.1)
Diese verschiedenen Skizzen und Modelle Donatellos und die Ausführungen
oder Nachbildungen derselben geben uns den erwünschten Anhalt, um die Fülle Dona-
tollesker Madonnenkompositionen, die auf uns gekommen sind, in ihrer Beziehung
zum Meister mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen. Zunächst können wir daraus den
Schluß ziehen, daß zahlreiche, ja wohl die große Mehrzahl der Donatelloschen Ma-
donnenreliefs nach solchen kleinen Skizzen des Meisters von Schülern und Werkstatt-
genossen gearbeitet sind. Dann beweisen Ausführungen wie das große Marmorrelief
der Sammlung Andre, daß die Mittelmäßigkeit, ja selbst die Erbärmlichkeit der Arbeit,
an der man sich früher immer gestoßen hat, keineswegs gegen die Entstehung in der
Werkstatt Donatellos spricht, wenn Erfindung und Typen dessen Charakter aufweisen.
Auch die durch Urkunden beglaubigten Bronzebildwerke des Hochaltars in Santo lehren
uns, in welchem Umfange der Meister Genossen zur Arbeit heranzog, und wie wenig
er selbst oder die Auftraggeber um die Gleichmäßigkeit oder nur um die künstlerische
Güte der Ausführung sich kümmerten. Entscheidend bleibt für die Bestimmung, ob
die eine oder andere Arbeit dieser Art auf Donatello zurückgeht, nur Erfindung und
Charakter der Gestalten sowie die Art der Komposition. Sind diese zu schwach für
den Künstler, so dürfen wir mit Bestimmtheit annehmen, daß wir es mit der Arbeit
eines Nachahmers zu tun haben; anderenfalls werden wir aber je nach der Art der
Ausführung auf direkte Ausführungen nach der Skizze oder dem Modell des Meisters
oder auf die Arbeit eines Schülers oder Nachfolgers nach solchen Werken Donatellos
schließen dürfen. In den letzteren Fällen, die uns unter dem reichen Denkmälervorrat
dieser Art besonders oft begegnen, wird die große Verwandtschaft mandier Kompo-
9 Die Berl. Plakette hat unten das Wappen der Pazzi, die Pariser das Wappen der Capponi.
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wahrscheinlich, daß diese kleinere Stucknachbildung nicht nach dem großen Tonrelief,
sondern nach einer kleinen Skizze des Meisters hergestellt worden ist. Auch die Skizze
zu einer in der Ausführung nicht erhaltenen oder doch nicht mehr bekannten Madonnen-
komposition Donatellos ist in einer runden Bronzeplakette auf uns gekommen. Maria
ist sitzend dargestellt, das Kind auf dem Schoße und von sieben kleinen Engeln um-
geben, welche spielen oder einen Blattkranz halten, der von oben, von drei Cherubim
herabhängt, und die ganze Gruppe umrahmt. Es gibt zwei Exemplare dieser Plakette,
die beide Abgüsse einer Wachsskizze sind, die eine im Kaiser Friedrich-Museum (Ge-
schenk der Frau Oscar Hainauer), die andere im Louvre (Vermächtnis His de Lasalle).
Daß nur Donatello diese Komposition ausgeführt haben kann, ist nach dem Ver-
gleich mit seinen anerkannten Werken nicht mehr zweifelhaft. Die Zusammen-
stellung der beiden Bronzeplaketten zeigt aber kleine Abweichungen, namentlich in
der Ausführung, die beweisen, daß sie nicht einfach mechanisch über dasselbe Wachs-
modell hergestellt wurden, sondern daß eine über die andere modelliert worden
ist, und zwar augenscheinlich das Exemplar im Louvre über das Berliner Exemplar;
denn letzteres ist voller in den Formen, skizzenhafter und doch freier und meister-
licher als die Louvre-Bronze, die auch in der Zeichnung, in der Punzierung des Kleides
und der Ornamentierung der Heiligenscheine die Hand eines Schülers, anscheinend
Goldschmieds verrät.1)
Diese verschiedenen Skizzen und Modelle Donatellos und die Ausführungen
oder Nachbildungen derselben geben uns den erwünschten Anhalt, um die Fülle Dona-
tollesker Madonnenkompositionen, die auf uns gekommen sind, in ihrer Beziehung
zum Meister mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen. Zunächst können wir daraus den
Schluß ziehen, daß zahlreiche, ja wohl die große Mehrzahl der Donatelloschen Ma-
donnenreliefs nach solchen kleinen Skizzen des Meisters von Schülern und Werkstatt-
genossen gearbeitet sind. Dann beweisen Ausführungen wie das große Marmorrelief
der Sammlung Andre, daß die Mittelmäßigkeit, ja selbst die Erbärmlichkeit der Arbeit,
an der man sich früher immer gestoßen hat, keineswegs gegen die Entstehung in der
Werkstatt Donatellos spricht, wenn Erfindung und Typen dessen Charakter aufweisen.
Auch die durch Urkunden beglaubigten Bronzebildwerke des Hochaltars in Santo lehren
uns, in welchem Umfange der Meister Genossen zur Arbeit heranzog, und wie wenig
er selbst oder die Auftraggeber um die Gleichmäßigkeit oder nur um die künstlerische
Güte der Ausführung sich kümmerten. Entscheidend bleibt für die Bestimmung, ob
die eine oder andere Arbeit dieser Art auf Donatello zurückgeht, nur Erfindung und
Charakter der Gestalten sowie die Art der Komposition. Sind diese zu schwach für
den Künstler, so dürfen wir mit Bestimmtheit annehmen, daß wir es mit der Arbeit
eines Nachahmers zu tun haben; anderenfalls werden wir aber je nach der Art der
Ausführung auf direkte Ausführungen nach der Skizze oder dem Modell des Meisters
oder auf die Arbeit eines Schülers oder Nachfolgers nach solchen Werken Donatellos
schließen dürfen. In den letzteren Fällen, die uns unter dem reichen Denkmälervorrat
dieser Art besonders oft begegnen, wird die große Verwandtschaft mandier Kompo-
9 Die Berl. Plakette hat unten das Wappen der Pazzi, die Pariser das Wappen der Capponi.