Posse. Die Neuerwerbungen des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin 157
Abb. 3. GONZALES COQUES: Familienbildnis
□ Berlin, Kaiser Friedrich-Museum
die reinste Eigenart. Figürliches und landschaftliches Motiv schließen sich zu höchster Ein-
heit zusammen. Das Bild scheint das Ergebnis einer Lichtvision zwischen alten Mauern
nach goldigem Sonnenuntergang, zu der sich der biblische Vorgang wie selbstver-
ständlich herbeiläßt. Hoch oben beugt sich über den Rand einer Zisterne die Samariterin;
sie vergaß den Eimer emporzuziehen beim Nachsinnen über die seltsamen Worte des
Fremdlings, der, zur Seite im Schatten sitzend, sich dem Beschauer nur verrät durch
die in eindringlicher Rede erhobene Hand. Das Weib trägt ein Gewand von gedämpftem
Gelbrot, und diese Farbe steht als stärkste Note gegen leuchtende rotgoldene Mauern;
ringsumher flutet warme Sonnenluft.
Um dieselbe Zeit mag das zweite Bild Rembrandts entstanden sein: das Brust-
bild eines jungen Juden in dem breiten markigen Pinselstrich dieser Schaffensperiode.
Es ist ein feingeschnittenes bleiches Antlitz von dem milden, sinnenden Ausdruck, wie
ihn Rembrandt seinen Christusköpfen zu geben liebt, mit auf die Schultern herab-
fließendem dunklem Haar. In die Sammlung eingereiht wird diese Studie, die wohl zu
den Vorarbeiten für eine Christuskomposition gehört, ein passendes Gegenstück zu dem
früher entstandenen Studienkopf eines jungen Juden in der Galerie bilden.
Abb. 3. GONZALES COQUES: Familienbildnis
□ Berlin, Kaiser Friedrich-Museum
die reinste Eigenart. Figürliches und landschaftliches Motiv schließen sich zu höchster Ein-
heit zusammen. Das Bild scheint das Ergebnis einer Lichtvision zwischen alten Mauern
nach goldigem Sonnenuntergang, zu der sich der biblische Vorgang wie selbstver-
ständlich herbeiläßt. Hoch oben beugt sich über den Rand einer Zisterne die Samariterin;
sie vergaß den Eimer emporzuziehen beim Nachsinnen über die seltsamen Worte des
Fremdlings, der, zur Seite im Schatten sitzend, sich dem Beschauer nur verrät durch
die in eindringlicher Rede erhobene Hand. Das Weib trägt ein Gewand von gedämpftem
Gelbrot, und diese Farbe steht als stärkste Note gegen leuchtende rotgoldene Mauern;
ringsumher flutet warme Sonnenluft.
Um dieselbe Zeit mag das zweite Bild Rembrandts entstanden sein: das Brust-
bild eines jungen Juden in dem breiten markigen Pinselstrich dieser Schaffensperiode.
Es ist ein feingeschnittenes bleiches Antlitz von dem milden, sinnenden Ausdruck, wie
ihn Rembrandt seinen Christusköpfen zu geben liebt, mit auf die Schultern herab-
fließendem dunklem Haar. In die Sammlung eingereiht wird diese Studie, die wohl zu
den Vorarbeiten für eine Christuskomposition gehört, ein passendes Gegenstück zu dem
früher entstandenen Studienkopf eines jungen Juden in der Galerie bilden.