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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 3
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Posse, Hans: Die Neuerwerbungen des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin: Gemälde aus der Sammlung Rudolf Kann
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0169

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Posse. Die Neuerwerbungen des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin 161

nordischer Herkunft zu suchen, die ihre Schulung in Venedig erhalten haben. Man
blicke zum Vergleich auf des Giorgione Bildnis eines jungen Mannes in der Berliner
Galerie: dort ein energischer Zusammenhalt der Linien, breite Flächen, Unterordnung
der Einzelheiten; hier eher eine gewisse Befangenheit, weiche verblasene Modellierung,
peinliche Durchführung der Einzelheiten.
Dagegen zeigt die Rückseite der Holztafel (Abb. 6) mit ihrer trotz teilweiser Zerstörung
auch heute noch köstlichen Malerei echt venetianischen Charakter. Die Formen sind
strenger im Stil, straffer und großzügiger in Zeichnung und plastischer Bildung, die Farben
kräftiger und leuchtender, so daß die Vermutung nahe liegt, Vorder- und Rückseite
seien von verschiedener Hand. Ein nacktes junges Liebespaar ist dargestellt in einem
Gemache von rein venetianischer Renaissancearchitektur, das sich rückwärts durch eine
Tür in grüne Landschaft öffnet. Die junge Frau, in leichter freier Haltung, blickt in
einen Handspiegel, den sie in der erhobenen Rechten hält. Vorn steht auf der Brüstung
(wie in Dürers Dresdener Altar) ein Wasserglas mit einem Zweig, rechts hinten, neben
der Säule, leuchtet ein tief carminroter Vorhang, dem ein Saftgrün darunter als Gegen-
farbe dient.
Zum Schlüsse sei noch einer wertvollen Bereicherung der deutschen Abteilung
des Museums gedacht, die aus der Sammlung Kann erworben wurde: ein Holzrelief
mit dem fast lebensgroßen Profilbrustbild des Bischofs Philipp von Freising, Herzogs von
Bayern. Auf Grund einer nur wenig in Einzelheiten abweichenden Medaille, welche
dieselbe Persönlichkeit darstellt, von der Hand Friedrich Hagenauers läßt sich
das Relief als eine Arbeit dieses Meisters bestimmen. Man darf es vielleicht 1525—27,
in seiner Münchener Zeit, entstanden denken.
 
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