Weese. Burgunder Kirchen
181
VEZELAY: Vorhalle. Innere Portalwand
das Christentum scheu und fremd, wie in einem Jupitertempel, denn es ist in ihre
Marmorherrlichkeit hineingezerrt und wird von dem antiken Heidensinn mehr geängstigt
und erdrückt, als von der Pracht der Säulen und der Festlichkeit der Halle gefeiert
und erhoben. In Cluny aber wäre ein Olympier erblaßt und geflohen und die Kutten-
träger hätten das Sakrileg nicht ertragen, daß ein Heidengott auch nur an die Tür-
schwelle getreten wäre.
Langsam wurde der Laie durch eine Reihe von vorbereitenden Eindrücken zu
dem Anblick des Mysteriums geführt, ohne daß ihm ein Anteil daran gewährt wurde.
Nachdem er das Bild der turmgekrönten Kirche in sich aufgenommen hatte und in den
Klosterbezirk eingelassen war, stand er vor dem Heiligtum selbst. Und nun folgen sich
in wunderbarer Steigerung die künstlerischen Raumbilder von den stimmungweckenden
Szenerien der tiefen Vorhalle mit dem breiten Portal, zu der weiten Flucht der fünf
Schiffe in der hohen Halle bis zu jener Bannlinie, die der Ungeweihte nicht über-
schreiten durfte, wo sich Laienraum vom sacrosancten Presbyterium schied. Wie ein
retardierendes Moment, das besonders schwer akzentuiert wird, schiebt sich vor die
Längslinien der Schiffe das Quersdiiff, das hier in Doppelanlage dem Weltkind das
große Halt wiederholt und ihm nur noch gestattet, aus der Ferne auf den Hauptaltar
im Chor zu blicken, der, von hohen Säulen umstanden, sich feierlich abhebt von dem
dunklen Umgang der geheimnisvollen Kapellen, die als Nebenstätten der Andacht und
des Opfers den allbeherrschenden Punkt in der Mitte, wo der Hochaltar aufragt, wie
ein ausklingendes Finale abschließen.
181
VEZELAY: Vorhalle. Innere Portalwand
das Christentum scheu und fremd, wie in einem Jupitertempel, denn es ist in ihre
Marmorherrlichkeit hineingezerrt und wird von dem antiken Heidensinn mehr geängstigt
und erdrückt, als von der Pracht der Säulen und der Festlichkeit der Halle gefeiert
und erhoben. In Cluny aber wäre ein Olympier erblaßt und geflohen und die Kutten-
träger hätten das Sakrileg nicht ertragen, daß ein Heidengott auch nur an die Tür-
schwelle getreten wäre.
Langsam wurde der Laie durch eine Reihe von vorbereitenden Eindrücken zu
dem Anblick des Mysteriums geführt, ohne daß ihm ein Anteil daran gewährt wurde.
Nachdem er das Bild der turmgekrönten Kirche in sich aufgenommen hatte und in den
Klosterbezirk eingelassen war, stand er vor dem Heiligtum selbst. Und nun folgen sich
in wunderbarer Steigerung die künstlerischen Raumbilder von den stimmungweckenden
Szenerien der tiefen Vorhalle mit dem breiten Portal, zu der weiten Flucht der fünf
Schiffe in der hohen Halle bis zu jener Bannlinie, die der Ungeweihte nicht über-
schreiten durfte, wo sich Laienraum vom sacrosancten Presbyterium schied. Wie ein
retardierendes Moment, das besonders schwer akzentuiert wird, schiebt sich vor die
Längslinien der Schiffe das Quersdiiff, das hier in Doppelanlage dem Weltkind das
große Halt wiederholt und ihm nur noch gestattet, aus der Ferne auf den Hauptaltar
im Chor zu blicken, der, von hohen Säulen umstanden, sich feierlich abhebt von dem
dunklen Umgang der geheimnisvollen Kapellen, die als Nebenstätten der Andacht und
des Opfers den allbeherrschenden Punkt in der Mitte, wo der Hochaltar aufragt, wie
ein ausklingendes Finale abschließen.