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Monatshefte für Kunstwissenschaft
wie er sich in der diagonalen, in die Tiefe ge-
richteten Anordnung der linken Eckgruppe auf
den eben bezeichneten Reliefs ausspricht. Dabei
ist diese Gruppe im Aufbau wie in den Motiven
der einzelnen Figuren, namentlich des im Vorder-
gründe gelagerten und halb vom Rücken ge-
sehenen Mädchens von hohem Reiz. Zu dem,
was wir unter römischer Plastik verstehen, ge-
hören diese milesischen Reliefs ganz sicher
nicht, ihr besonderer Stil in seinem Zusammen-
hänge mit den magnetischen Skulpturen weist
auf eine festgewurzelte, lang dauernde lokale
Tradition, in deren Wirkung wir einen flüchtigen
Blick erhalten. Es ist griechische, kleinasiatisch-
hellenistische Plastik aus der Zeit, da die römi-
schen Cäsaren das Szepter der Weltherrschaft
hielten, aber keine „römische Reichskunst", son-
dern von der am Tiber betriebenen im Kern
des Wesens verschieden.
P. Herrmann.
GOTLAND : .. =
Die Kunstgeschichte Gotlands im 13. und
14. Jahrhdt. behandelte Dr. Roosvaal in einem
Vortrag am 10. Januar in der Kunstgeschicht-
lichen Gesellschaft zu Berlin. Aus der ersten
Periode, die R. von 1050—1150 ansetzte, ist von
den holzgebauten Kirchen nichts erhalten; da-
gegen eine Anzahl Taufsteine in Sandstein, mit
wirkungsvollen bewegten Reliefs. In der zwei-
ten Periode (1150 — 1250) wurden steinerne
Kirchen gebaut, doch sind auch von ihnen nur
Einzelheiten der Außendekoration erhalten, ein-
gemauert in spätere Bauten. Diese, wie einige
Gemälde vom Ende des 12. Jahrhunderts in
Gade, zeigen russisch- byzantinischen Einfluß.
Einwirkung von Deutschland (Westfalen) her
weisen die Bauten der dritten Periode auf
(1250—1300). Die Bautätigkeit steigt, auch wird
viel nach Norddeutschland exportiert, namentlich
Tauf- und Grabsteine. Die vierte Periode
(1300—1400) kennzeichnet die Herrschaft der
Gotik in den Einzelformen; die Hauptformen
bleiben die alten einheimischen. Exportiert
werden hauptsächlich gravierte Grabplatten und
Figuren-Kapitelle. Ende des 14. Jahrhunderts
endet die reiche Kunstblüte Gotlands durch den
Sieg der deutschen Hanse. — Dr. Schmitz er-
gänzte den Vortrag von R. durch Erläuterungen
über die Beziehungen zwischen Westfalen und
Gotland im 12. und 13. Jahrhundert. S.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
wie er sich in der diagonalen, in die Tiefe ge-
richteten Anordnung der linken Eckgruppe auf
den eben bezeichneten Reliefs ausspricht. Dabei
ist diese Gruppe im Aufbau wie in den Motiven
der einzelnen Figuren, namentlich des im Vorder-
gründe gelagerten und halb vom Rücken ge-
sehenen Mädchens von hohem Reiz. Zu dem,
was wir unter römischer Plastik verstehen, ge-
hören diese milesischen Reliefs ganz sicher
nicht, ihr besonderer Stil in seinem Zusammen-
hänge mit den magnetischen Skulpturen weist
auf eine festgewurzelte, lang dauernde lokale
Tradition, in deren Wirkung wir einen flüchtigen
Blick erhalten. Es ist griechische, kleinasiatisch-
hellenistische Plastik aus der Zeit, da die römi-
schen Cäsaren das Szepter der Weltherrschaft
hielten, aber keine „römische Reichskunst", son-
dern von der am Tiber betriebenen im Kern
des Wesens verschieden.
P. Herrmann.
GOTLAND : .. =
Die Kunstgeschichte Gotlands im 13. und
14. Jahrhdt. behandelte Dr. Roosvaal in einem
Vortrag am 10. Januar in der Kunstgeschicht-
lichen Gesellschaft zu Berlin. Aus der ersten
Periode, die R. von 1050—1150 ansetzte, ist von
den holzgebauten Kirchen nichts erhalten; da-
gegen eine Anzahl Taufsteine in Sandstein, mit
wirkungsvollen bewegten Reliefs. In der zwei-
ten Periode (1150 — 1250) wurden steinerne
Kirchen gebaut, doch sind auch von ihnen nur
Einzelheiten der Außendekoration erhalten, ein-
gemauert in spätere Bauten. Diese, wie einige
Gemälde vom Ende des 12. Jahrhunderts in
Gade, zeigen russisch- byzantinischen Einfluß.
Einwirkung von Deutschland (Westfalen) her
weisen die Bauten der dritten Periode auf
(1250—1300). Die Bautätigkeit steigt, auch wird
viel nach Norddeutschland exportiert, namentlich
Tauf- und Grabsteine. Die vierte Periode
(1300—1400) kennzeichnet die Herrschaft der
Gotik in den Einzelformen; die Hauptformen
bleiben die alten einheimischen. Exportiert
werden hauptsächlich gravierte Grabplatten und
Figuren-Kapitelle. Ende des 14. Jahrhunderts
endet die reiche Kunstblüte Gotlands durch den
Sieg der deutschen Hanse. — Dr. Schmitz er-
gänzte den Vortrag von R. durch Erläuterungen
über die Beziehungen zwischen Westfalen und
Gotland im 12. und 13. Jahrhundert. S.