Rundschau
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plastischer Werke, die den Grundstock der
städtischen Kunstsammlungen bilden werden.
Es handelt sich um Ankäufe, die Dr. Swarzenski
meist auf Reisen im Verlaufe der letzten ein
einhalb Jahre mit besonderem Geschicke zu-
sammengebracht hat. Schon jetzt ist im Kleinen
der leitende Gedanke der städtischen Skulp-
turensammlung ausgeprägt, indem jede Kunst-
epoche nach Möglichkeit durch eine Anzahl von
Werken vertreten ist. In drei Sälen der Villa
befinden sich die verschiedenen Zeiten dermaßen
zusammengestellt, daß im ersten Werke der
Antike, der italienischen und vlämisdien Re-
naissance, in einem zweiten und dritten solche
der deutschen und französischen Kunst des XV.
und XVI. Jahrhunderts zur Aufstellung gelangt
sind. Die Aufmachung der Räume ist denkbar
schlicht und für die Wirkung der Kunstwerke
äußerst günstig, so daß ihrem provisorischen
Verbleib in der Pfungstschen Villa nichts im Wege
zu stehen scheint. Nun zu den Kunstwerken
selbst.
Der herrliche Marmortorso einer tanzenden
Mänade repräsentiert die Antike in hervor-
ragender Weise um so mehr, als von diesem
statuarischen Typus bis jetzt nur ein ähnliches
Stück in Berlin bekannt war. Es kann nicht
Wunder nehmen, daß sonst die griechische Kunst
nur mit zwei halblebensgroßen Köpfchen auf-
tritt, deren eines an die Formengebung Poly-
klets erinnert, während das eines lachenden
Fauns einer späteren Epoche anzugehören scheint.
Die römische Kunst ist dann durch zwei männ-
liche Köpfe, wenigstens zuerst für das Gebiet
des Porträts bezeichnend vertreten. Reichhaltigere
Schätze bietet die Sammlung für das Studium
der italienischen Renaissance. Ihre frühesten
Anfänge stellen sich dar in zwei Marmorstatuen,
des Verkündigungsengels und der Maria, aus
dem Kreise der Nachfolger der Pisani. Das
Quattrocento ist nach Möglichkeit durch je einen
Typus seines reichen Kunstschaffens dargestellt.
An erster Stelle rangiert die lebensgroße, be-
malte Portätbüste Niccolö Machiavellis, die durch
ihre Kraft und Frische den großen Staatsmann
erstaunlich lebendig vor die Augen zaubert.
Ferner zu erwähnen ist ein florentinischer Jo-
hannes der Täufer in Holz in alter Polychromie,
die charakteristisch die Farbenfreudigkeit der
Frührenaissance in Italien wiedergibt. Das Hagere
und das Asketische der Formengebung verweist
die Figur in die Richtung Donatellos. Ferner
noch einige Madonnenreliefs und die Holzfigur
eines lebensgroßen Sebastian mailändischer
Herkunft.
Das XVI. Jahrhundert stellt sich in ober-
italienischen Terracotten dar und in einigen
kleineren Bronzestatuetten, deren eine in die
Nähe Michelangelos zu setzen ist.
XV. und XVI. Jahrhundert der vlämischen
Kunst zeigen sich in einem bemalten Putto und
dem Porträtkopf eines älteren vornehmen Mannes,
der an Myts unvergeßliche Jugendbüste Karls V.
in Brügge erinnert.
In zwei weiteren Räumen hat die Skulptur
Frankreichs und Deutschlands Aufstellung ge-
funden. Die französische Gotik kommt zu ihrem
Recht mit der Steinfigur eines Bischofs in alter
Bemalung (aus dem Ende des XIV. Jahrhunderts);
ferner mit einem steinernen Antonius auf dem
Feuer aus dem burgundischen Kunstkreise und
einer Madonna mit dem Kind und Schlüssel-
blumen in jener weichen Gewandbehandlung,
wie sie in der Schule von Tournay sich findet.
Wie aus einem Bilde des Dirk Bouts mutet dann
die Holzfigur eines heiligen Jakobus, der in
einem Buche lesend aufrecht dasteht, an (etwa
1470).
Die Art der deutschen Kunst ist trefflich durch
den heiligen Georg auf dem Drachen von Syrlin
dem Älteren, einem Prachtstück der Sammlung ge-
kennzeichnet. Daneben ein Gethsemane in lebens-
großen Holzfiguren aus dem Kreise der schwä-
bisch-bayrischen Kunstübung. Diese Gruppe
zeichnet sich besonders durch den Gegensatz des
harten fast bäurischen Realismus mit der seelen-
vollen Belebung der Hände und Gesichtszüge
Christi aus. Zudem ist in den Figuren der
schlafenden Jünger das Problem der gelösten
Glieder erstaunlich mannigfaltig gegeben.
Noch sei aus der großen Zahl desVorhandenen
— die Sammlung birgt ungefähr 30 größere
und 10 kleinere Stücke — eine Erwerbung der
jüngsten Zeit genannt, eine Maria und ein
Johannes, Holzfiguren aus einer großen Kreu-
zigung; sie gemahnen in der Ausarbeitung der
Hände und des tief erregten Gesichtsausdruckes
an die Kunstart des Isenheimer Altars in Colmar.
Der Ankauf der Antikensammlung des ver-
storbenen Archäologen Adolf Furtwängler, die
letzte Erwerbung der städtischen Kunstsamm-
lungen, hat inzwischen seinen Abschluß gefunden
(siehe Kleine Nachrichten). E. A. B.
€
MÜNCHEN =
Die Winterausstellung der Münchener Se-
zession hat getreu ihrer Tradition auch diesmal
wieder drei Künstler zu Worte kommen lassen.
Unter ihnen steht Albert von Keller mit etwa
150 Bildern an erster Stelle. Keller gehört zu
den größten Malern, die Münchens Kunst um
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plastischer Werke, die den Grundstock der
städtischen Kunstsammlungen bilden werden.
Es handelt sich um Ankäufe, die Dr. Swarzenski
meist auf Reisen im Verlaufe der letzten ein
einhalb Jahre mit besonderem Geschicke zu-
sammengebracht hat. Schon jetzt ist im Kleinen
der leitende Gedanke der städtischen Skulp-
turensammlung ausgeprägt, indem jede Kunst-
epoche nach Möglichkeit durch eine Anzahl von
Werken vertreten ist. In drei Sälen der Villa
befinden sich die verschiedenen Zeiten dermaßen
zusammengestellt, daß im ersten Werke der
Antike, der italienischen und vlämisdien Re-
naissance, in einem zweiten und dritten solche
der deutschen und französischen Kunst des XV.
und XVI. Jahrhunderts zur Aufstellung gelangt
sind. Die Aufmachung der Räume ist denkbar
schlicht und für die Wirkung der Kunstwerke
äußerst günstig, so daß ihrem provisorischen
Verbleib in der Pfungstschen Villa nichts im Wege
zu stehen scheint. Nun zu den Kunstwerken
selbst.
Der herrliche Marmortorso einer tanzenden
Mänade repräsentiert die Antike in hervor-
ragender Weise um so mehr, als von diesem
statuarischen Typus bis jetzt nur ein ähnliches
Stück in Berlin bekannt war. Es kann nicht
Wunder nehmen, daß sonst die griechische Kunst
nur mit zwei halblebensgroßen Köpfchen auf-
tritt, deren eines an die Formengebung Poly-
klets erinnert, während das eines lachenden
Fauns einer späteren Epoche anzugehören scheint.
Die römische Kunst ist dann durch zwei männ-
liche Köpfe, wenigstens zuerst für das Gebiet
des Porträts bezeichnend vertreten. Reichhaltigere
Schätze bietet die Sammlung für das Studium
der italienischen Renaissance. Ihre frühesten
Anfänge stellen sich dar in zwei Marmorstatuen,
des Verkündigungsengels und der Maria, aus
dem Kreise der Nachfolger der Pisani. Das
Quattrocento ist nach Möglichkeit durch je einen
Typus seines reichen Kunstschaffens dargestellt.
An erster Stelle rangiert die lebensgroße, be-
malte Portätbüste Niccolö Machiavellis, die durch
ihre Kraft und Frische den großen Staatsmann
erstaunlich lebendig vor die Augen zaubert.
Ferner zu erwähnen ist ein florentinischer Jo-
hannes der Täufer in Holz in alter Polychromie,
die charakteristisch die Farbenfreudigkeit der
Frührenaissance in Italien wiedergibt. Das Hagere
und das Asketische der Formengebung verweist
die Figur in die Richtung Donatellos. Ferner
noch einige Madonnenreliefs und die Holzfigur
eines lebensgroßen Sebastian mailändischer
Herkunft.
Das XVI. Jahrhundert stellt sich in ober-
italienischen Terracotten dar und in einigen
kleineren Bronzestatuetten, deren eine in die
Nähe Michelangelos zu setzen ist.
XV. und XVI. Jahrhundert der vlämischen
Kunst zeigen sich in einem bemalten Putto und
dem Porträtkopf eines älteren vornehmen Mannes,
der an Myts unvergeßliche Jugendbüste Karls V.
in Brügge erinnert.
In zwei weiteren Räumen hat die Skulptur
Frankreichs und Deutschlands Aufstellung ge-
funden. Die französische Gotik kommt zu ihrem
Recht mit der Steinfigur eines Bischofs in alter
Bemalung (aus dem Ende des XIV. Jahrhunderts);
ferner mit einem steinernen Antonius auf dem
Feuer aus dem burgundischen Kunstkreise und
einer Madonna mit dem Kind und Schlüssel-
blumen in jener weichen Gewandbehandlung,
wie sie in der Schule von Tournay sich findet.
Wie aus einem Bilde des Dirk Bouts mutet dann
die Holzfigur eines heiligen Jakobus, der in
einem Buche lesend aufrecht dasteht, an (etwa
1470).
Die Art der deutschen Kunst ist trefflich durch
den heiligen Georg auf dem Drachen von Syrlin
dem Älteren, einem Prachtstück der Sammlung ge-
kennzeichnet. Daneben ein Gethsemane in lebens-
großen Holzfiguren aus dem Kreise der schwä-
bisch-bayrischen Kunstübung. Diese Gruppe
zeichnet sich besonders durch den Gegensatz des
harten fast bäurischen Realismus mit der seelen-
vollen Belebung der Hände und Gesichtszüge
Christi aus. Zudem ist in den Figuren der
schlafenden Jünger das Problem der gelösten
Glieder erstaunlich mannigfaltig gegeben.
Noch sei aus der großen Zahl desVorhandenen
— die Sammlung birgt ungefähr 30 größere
und 10 kleinere Stücke — eine Erwerbung der
jüngsten Zeit genannt, eine Maria und ein
Johannes, Holzfiguren aus einer großen Kreu-
zigung; sie gemahnen in der Ausarbeitung der
Hände und des tief erregten Gesichtsausdruckes
an die Kunstart des Isenheimer Altars in Colmar.
Der Ankauf der Antikensammlung des ver-
storbenen Archäologen Adolf Furtwängler, die
letzte Erwerbung der städtischen Kunstsamm-
lungen, hat inzwischen seinen Abschluß gefunden
(siehe Kleine Nachrichten). E. A. B.
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MÜNCHEN =
Die Winterausstellung der Münchener Se-
zession hat getreu ihrer Tradition auch diesmal
wieder drei Künstler zu Worte kommen lassen.
Unter ihnen steht Albert von Keller mit etwa
150 Bildern an erster Stelle. Keller gehört zu
den größten Malern, die Münchens Kunst um
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