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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 3
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0218

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

letzten Fragen noch keine endgültigen Beschlüsse
bekannt geworden. Es sollen zunächst nur die
notwendigen baulichen Ausbesserungen des
ganzen Gebäudes in Angriff genommen werden.
Für diese Arbeiten hat sich der Verein „Rem-
brandthuis" der Mitwirkung des Architekten
K. P. C. de Bazel in Bussum versidiert.
Eine trübere Perspektive eröffnet sich für
die Erhaltung der zwischen Kalverstraat und
Rokin in Amsterdam gelegenen sogenannten
„Nieuwe-Zijds-Kapel", eines der ältesten Amster-
damer Baudenkmale, mit dem auch ruhmvolle
historische Erinnerungen verbunden sind.1) Zu
dieser „heiligen Stätte in Amsterdam" wall-
fahrteten die Kaiser Maximilian (1484, als er
noch Erzherzog war, nach der Genesung von
einer Krankheit, die ihn im Haag befallen hatte)
und Karl V. (1531/32). Auf Beschluß des all-
gemeinen Kirdienrates der niederländischen
reformierten Gemeinde in Amsterdam soll jetzt
dies altehrwürdige Bauwerk abgebrochen wer-
den. Diese Absicht ist nicht mehr neu. Sie
hat schon 1898 Anlaß zu Kundgebungen gegen
solche Maßnahmen gegeben. Nachdem seit jenem
Jahre für die Instandhaltung der Kirche nichts
mehr getan ist, soll jetzt mit ihrer Niederlegung
Ernst gemacht werden. Dagegen erheben sich
aber energische Proteste. Herr J. F. M. Sterck,
der bereits 1898 in einer interessanten Broschüre
über die „Nieuwe Zijds-Kapel" gegen die Reali-
sierung jener Absichten das Wort ergriff, wendet
sich jetzt in einem die Überschrift „Kirchen-
schändung" tragenden Artikel in der „Kath.
Illustratie" in schärfstem Tone gegen den Kirchen-
rat, der den „traurigen Mut besitze, an eines
der schönsten und merkwürdigsten Werke mittel-
alterlicher Baukunst Hand anlegen zu wollen".
Auch von anderer Seite werden Anstrengungen
gemacht, die Kirche vor dem Untergange zu
bewahren. Sowohl der Nederlandsche Oud-
heidkundige Bond wie die Koninklijk Oudheid-
kundig Genootschap haben sich an den Kirchen-
rat gewandt. Zum mindesten solle man doch
nicht eher an die Niederlegung gehen, bevor
nicht ganz sicher durch fachmännische Gutachten
festgestellt ist, daß aus technischen Gründen die
Erhaltung des Bauwerkes unmöglich ist. Dann
ist es noch immer Zeit, die geplante kleinere
neue Kirche mit Verkaufsläden darum aufzu-
stellen. Die „Nieuwe- Zijds-Kapel" verdankt
ihre Gründung einer Wundergeschichte: daß eine
zufällig in ein Kaminfeuer geworfene Hostie
9 Es ist die Kirche, die man links auf der fälschlich
Rembrandt zugeschriebenen Zeichnung in der Albertina
mit der Ansicht des Rokin in Amsterdam sieht. Sie ist
abgebildet auf Seite IX in Rosenbergs „Rembrandt"
(Klassiker der Kunst).

dort nicht verbrannte. Zur Aufbewahrung der-
selben wurde an der „heiligen Stätte", wo am
15. März 1345 das Wunder geschehen sein
soll, die Kirche erbaut, zu deren wundertätigem
Heiligtume alljährlich feierliche Prozessionen
stattfanden. Aus dem Jahre 1361 stammt
die erste urkundliche Erwähnung der „Kapelle",
die allerdings später zwei Mal abbrannte
(1421 und 1452), aber wieder neu aufgebaut
wurde. Es würde zu weit führen, näher auf
ihre Geschichte und die nicht mehr erhaltenen
reichen Kunstschätze, mit denen sie einst ge-
schmückt war, einzugehen. Nur sei erwähnt,
daß Jacob Cornelisz van Oostzanen für die Kirche
(wahrscheinlich kurz vor 1518) eine Reihe von
Gemälden gemalt hat, die jene Wundergeschichte
der Hostie darstellten. Leider existieren davon
nur noch acht Fragmente, die von R. de Vries
zum ersten Mal mit Jacob Cornelisz van Oostzanen
zusammengebracht wurden („De Gids", 1876,
Sept. Seite 536. Weiteres über diese bisher so
gut wie völlig unzugänglichen Gemälde gibt
J. F. M. Sterck in Oud Holland, 1895, Seite 193
bis 208). Von Jacob Cornelisz van Oostzanen
ist auch noch ein monogrammierter und 1518
datierter Holzschnitt mit dem Hostienwunder
bekannt, der als „Bedefartprentje" an die zahl-
reichen Wallfahrer zu der heiligen Stätte ver-
teilt wurde. Die reformierte Gemeinde gibt als
Grund für ihr Vorgehen an, sie besitze nicht
die Mittel für eine Restaurierung der Kirche,
die in diesem Falle so gut wie ein völliger
Neubau wäre. Man nimmt aber als sicher an,
daß die Regierung eine materielle Beihülfe ge-
währen würde. Sie ist bis jetzt aber noch nicht
darum gebeten worden.
In Sachen der würdigeren Einrichtung des
Nachwache-Saales im Rijksmuseum wurde am
22. Februar von der „Nadiwache-Kommission"
eine Versammlung abgehalten, über deren Er-
gebnis nichts in die Öffentlichkeit gedrungen ist.
Im Rijksprentenkabinet in Amsterdamm wurde
Anfang März eine Ausstellung von Handzeich-
nungen und Stichen niederländischer Künstler
mit Darstellungen der Ruinen in und um Rom

g
DER DEUTSCHE VEREIN FÜR KUNST-
WISSENSCHAFT.
Am 7. März hat in Frankfurt a. M. im
Senckenbergisdien Institut die Gründung des
Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft unter
dem Vorsitz von Wilhelm Bode, Exzellenz Alt-
hoff und Geh. Rat. Schmidt stattgefunden. Es
 
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