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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0233

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Literatur

225

gerade durch armenische Vermittlung" später
auch „in Byzanz festen Fuß" zu fassen. Idi
möchte in diesem Zasammenhang etwa noch
auf das letzterschienene Heft von Chabots
Ausgabe der Weltchronik Michaels des Syrers
hinweisen. Was man hier in den BB. XIII—XV
liest, ist in besonders hohem Maße geeignet,
uns die Bedeutung ahnen zu lassen, welche die
Kriege und Siege des Nikephoros Phokas, Tzi-
miskes und Basileios II dem Gebiet zwischen
Taurus und Euphrat als Transitland orientalischen
Einflusses auf Byzanz verleihen mußten. Widitig
scheint mir vor allem auch die Nachricht des
syrisdien Historikers (XV 7 ed V. Chabot III 185)
über das Bestehen je einer armenisdien wie
einer syrisch-jakobitischen Gemeinde in Kon-
stantinopel, in denen beiden das Kaufmanns-
element eine hervorragende Rolle spielte und
die bis in die Zeit des Alexios Komnenos sich
des ruhigen Besitzes ihrer von einem heimischen
Priester verwalteten Kirchen erfreuten.
Anhangsweise signalisiert Strzygowski S.26 f.,
auch noch den Buchsdimuck zweier weiterer
armenisdier Evangelienhandsdiriften in Tübingen,
Ma XIII 3 und Ma XIII 4, von welchen die letztere
im J.1644 in Konstantinopel entstanden, die erstere
„wohl etwas älter" ist. Diese gehören ganz
eng zusammen mit der Hauptmasse der in Jeru-
salem und Bethlehem mir zugänglich gewordenen
armenischen Tetraevangelien, über deren vom
J. 1263 bis zum J. 1733 reichende Reihe ich
Röm. Quartalschr. f. diristl. Archäologie
u.f. Kirchengeschichtel906, S.180-185 in vor-
läufiger Kürze orientiert habe. Auch hier konver-
giert denn alles nach Kilikien, wo drei der Jerusa-
lemer Handschriften selbst entstanden sind und
von wo aus wir die armenisdien Gemeinden Jeru-
salems, Konstantinopels und der Krim gleich-
mäßig in ihrer künstlerischen Betätigung ab-
hängig sehen. Das Tübinger Tetraevangelium
Ma XIII 1 bedeutet dem allem gegenüber und
gegenüber weiteren verwandten Erscheinungen
in den Bibliotheken der Mechitharisten zu S.
Lazzaro und in Wien, in der Kgl. Bibliothek in
Berlin und in den Beständen des ehemaligen
Museo Borgiano zu Rom um seines höheren
Alters willen einen „Eckstein" zwar nicht so-
wohl, wie Strzygowski S. 25 sich etwas miß-
verständlich ausdrückt, „der Kunstentwicklung"
selbst, als vielmehr unserer Einsicht in „den
Ursprung der jüngeren armenischen Miniaturen-
malerei überhaupt". Wie beispielsweise ihr
Johannesbild mit beinahe photographischer Treue
in einer Handschrift vom J. 1415 in Jerusalem
wiederkehrt, ist mir zur Beleuchtung des Sach-
verhaltes unschätzbar. Freilich führen — dies
möchte ich hier betonen, um einer Überschätzung

der Tübinger Handschrift vorzubeugen — auch
von späteren Denkmälern armenischer Buch-
malerei entwicklungsgeschichtliche Richtlinien an
ihr vorüber weit über sie zurück. Schon der
hellenistisch-kleinasiatische Typus des Evan-
gelistenbildes ist weit ursprünglicher als in dem
Evangelienbuch vom J. 1113 in dem erst im
J. 1263 geschriebenen und ausgemalten des Königs
Leo II zu Jerusalem erhalten. Dann aber und
vor allem bietet das Problem der armenischen
Buchmalerei noch eine Seite dar, welche dies-
mal bei Strzygowski mehr in den Hintergrund
getreten ist.
Auch der grundlegende altsyrische Einfluss,
den seinerzeit die beigehefteten Vollbilder des
Etschmiadziri-Evangeliars ihm festzustellen ge-
statteten, hat neben Erbstücken des kleinasiati-
schen Hellenismus wie dem Typus des sitzenden
Autorenbilds und neben der Hochflut persischer
Ornamentik eine dauernde und maßgebliche Be-
deutung im Miniaturenschmuck armenischer Hand-
schriften behauptet. Auf ihn der weit hinter der
Entstehungszeit auch der unmittelbaren Vorlage
von Ma XIII 1 in Tübingen zurückliegt, weist in
den Tetraevangelien des 14. bis 18. Jahrhs. ein
Zweifaches: eine reiche Randillustration des
Evangelientextes, deren innigen Zusammenhang
mit derjenigen der Eusebioskanones in orien-
talisch-altsyrischen Handschriften wie dem Rab-
bülä-Kodex und dem Tetraevangelium Syr. 33
der Bibliotheque Nationale denn auch Strzy-
gowski S. 26 anlässlich von Ma XIII 4 richtig
betont, und eine ursprünglich syrisch-hellenis-
tische Serie seitengrosser Vorsatzbilder, die trotz
vielfacher und teilweise schon unter neuzeitlich-
abendländischem Einfluß stehender Modifizie-
rungen im Grundstock ihrer ikonographischen
Typen mit den Vollbildern eines syrischen Evan-
geliars vom J. 1122 im jakobitischen Markus-
kloster zu Jerusalem zusammengehört. Aber
auch in Ma XIII 1 wird eine aufmerksame Be-
trachtung Spuren dieses altsyrischen Einschlags
erkennen. Hierher ist einmal die Darstellung
der Evangelisten im Rahmen rundbogiger Ar-
kaden zu rechnen. Eine entsprechende Umrah-
mung von Evangelisten in einigen mit dem
syrischen Kunstkreis zusammenhängenden grie-
chischen Tetraevangelien des 11. bis 13. Jahrhs.
wie cAy&ov Tc^ov 47 und 49 zu Jerusalem oder
4 a. 1 zu Grottaferrata, bezw. einiger Kreuzi-
gungsdarstellungen und einiger Exemplare des
syro-ägyptischen Muttergottestypus der O^
wh^a in der Elfenbeinplastik werden mir Ge-
legenheit geben, dem spezifisch altsyrischen
Charakter dieses Motivs noch näher zu treten.
Für heute genüge dieser flüchtige Hinweis.
Ferner ist nach meiner Erfahrung die eigentüm-
 
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