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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 2. MASSIMO STANZIONI zugeschrieben
Die Naturkunde □
□ Dresden. Königl. Gemäldegalerie
Neapler Museums gehalten, wo der Heilige in seinem Ausdruck der Entrücktheit ihm
so ganz glaubhaft und so fein differenziert gelungen ist, daß gerade wir Modernen hier
persönlich sehr stark interessiert werden müßten.
Es ist bekannt, daß die Themen, die man den Künstlern damals in Andachts-
bildern stellte, nicht immer sehr erfreulicher Art waren. Auch Stanzioni, wenn er den
hl. Emidius darzustellen hatte, der den Segen der hl. Trinität auf Neapel herabfleht
(S. Trinitä de' Pellegrini), mußte spüren, daß das ein spröder, unfruchtbarer Stoff war
— und doch, hätte er
nur diesen einen, hin-
reißend ausdrucks-
vollen Kopf des
knienden Bischofs
gemalt, der beide
Arme fürbittend aus-
streckt, das Bild
würde uns schon
innerlich zu beschäf-
tigen haben. Wir
deuteten an, daß der
Künstler bei aller
Einfachheit doch kei-
neswegs als ein
Archaist erscheint,
selbst da nicht, wo
er die Mittel der
Darstellung so aufs
äußerste beschränkt,
wie etwa in einer
Madonna del Rosario
im rechten Querschiff
von S. Lorenzo, in
der er alles himm-
lische Geleit wegge-
lassen hat, und die
Szene, wie die Mutter
Gottes dem scheuen
Mönche den Rosen-
kranz spendet, in
ihrer ganzen Mensch-
lichkeit wirken läßt.
Und wie erfreut in
diesem Bilde doch
wieder die Naivetät,
mit der ein Reigen
nackter Engelchen zu
Häupten der Maria
sein Wesen treibt!
Nur ungern
schreitet man von sol-
chen Darstellungen
des bloßen Daseins
oder ganz einfacher
Handlungen zu den
komplizierteren Sze-
nen. Man sieht deut-
lich in Werken wie
dem „Abendmahl"
im Chor von S. Mar-
tino, daß es ihm
schwer fiel, dramati-
sche und vielfigurige
Bilder durchzuführen; es ist alles ganz gut erdacht, aber steht doch ohne rechten
Zusammenhang nebeneinander. Besser sind vielleicht die bozzetti zu den großen
Bildern, wenigstens gilt das von der Skizze zu einer „Hochzeit von Cana",
die man in der Sakristei von S. Filippo Neri sieht, wo einmal die trockene, echt
ribereske Technik interessiert, die wohl auf die späteren Dekorationsmaler Eindruck
gemadit hat, daneben aber aucli das Motiv der zum Mittelgrund hinaufführenden
Treppe als architektonisch wirkungsvolles Motiv bemerkenswert ist.
Neben dem Gebiete des Religiösen steht das der Mythologie für Stanzioni in
zweiter Linie. In einem Bacchanal, das er für den König vnn Spanien malte (heute
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 2. MASSIMO STANZIONI zugeschrieben
Die Naturkunde □
□ Dresden. Königl. Gemäldegalerie
Neapler Museums gehalten, wo der Heilige in seinem Ausdruck der Entrücktheit ihm
so ganz glaubhaft und so fein differenziert gelungen ist, daß gerade wir Modernen hier
persönlich sehr stark interessiert werden müßten.
Es ist bekannt, daß die Themen, die man den Künstlern damals in Andachts-
bildern stellte, nicht immer sehr erfreulicher Art waren. Auch Stanzioni, wenn er den
hl. Emidius darzustellen hatte, der den Segen der hl. Trinität auf Neapel herabfleht
(S. Trinitä de' Pellegrini), mußte spüren, daß das ein spröder, unfruchtbarer Stoff war
— und doch, hätte er
nur diesen einen, hin-
reißend ausdrucks-
vollen Kopf des
knienden Bischofs
gemalt, der beide
Arme fürbittend aus-
streckt, das Bild
würde uns schon
innerlich zu beschäf-
tigen haben. Wir
deuteten an, daß der
Künstler bei aller
Einfachheit doch kei-
neswegs als ein
Archaist erscheint,
selbst da nicht, wo
er die Mittel der
Darstellung so aufs
äußerste beschränkt,
wie etwa in einer
Madonna del Rosario
im rechten Querschiff
von S. Lorenzo, in
der er alles himm-
lische Geleit wegge-
lassen hat, und die
Szene, wie die Mutter
Gottes dem scheuen
Mönche den Rosen-
kranz spendet, in
ihrer ganzen Mensch-
lichkeit wirken läßt.
Und wie erfreut in
diesem Bilde doch
wieder die Naivetät,
mit der ein Reigen
nackter Engelchen zu
Häupten der Maria
sein Wesen treibt!
Nur ungern
schreitet man von sol-
chen Darstellungen
des bloßen Daseins
oder ganz einfacher
Handlungen zu den
komplizierteren Sze-
nen. Man sieht deut-
lich in Werken wie
dem „Abendmahl"
im Chor von S. Mar-
tino, daß es ihm
schwer fiel, dramati-
sche und vielfigurige
Bilder durchzuführen; es ist alles ganz gut erdacht, aber steht doch ohne rechten
Zusammenhang nebeneinander. Besser sind vielleicht die bozzetti zu den großen
Bildern, wenigstens gilt das von der Skizze zu einer „Hochzeit von Cana",
die man in der Sakristei von S. Filippo Neri sieht, wo einmal die trockene, echt
ribereske Technik interessiert, die wohl auf die späteren Dekorationsmaler Eindruck
gemadit hat, daneben aber aucli das Motiv der zum Mittelgrund hinaufführenden
Treppe als architektonisch wirkungsvolles Motiv bemerkenswert ist.
Neben dem Gebiete des Religiösen steht das der Mythologie für Stanzioni in
zweiter Linie. In einem Bacchanal, das er für den König vnn Spanien malte (heute