Voss. Charakterköpfe des Secento
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Abb. 3. MASSIMO STANZIONI: Santa Agata
Neapel. Museo Nazionale □
im Prado), geht es nicht allzu bacchantisch zu, aber man hat Grund, sich wenigstens
über die Vielseitigkeit des Künstlers zu wundern und anzuerkennen, wie weit er in
der Darstellung weiblicher Grazie Ribera übertrifft. Nannte man ihn doch zu jener Zeit
geradezu den „Guido Reni von Neapel"! Andererseits konnte es ihm in einer (sig-
nierten) Sibylle der Galleria Doria zu Rom zustoßen, daß statt idealer mythologischer
Stimmung naturalistische Gemeinheiten sich breitmachen und das begeisterte prophetische
Aufsehen, wie es etwa Domenichino gibt, zu einem blöden Erstaunen wird.
In den deutschen Galerien ist Stanzioni, wie gesagt, kaum vertreten, — in
Dresden wird ihm seit 1812 eine Allegorie der Naturkunde zugewiesen, die im Galerie-
werk als Domenichino wiedergegeben worden ist, allein die Zuschreibung erscheint
mir durchaus unhaltbar. Das interessante, hieneben reproduzierte Bild, das weder mit
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Abb. 3. MASSIMO STANZIONI: Santa Agata
Neapel. Museo Nazionale □
im Prado), geht es nicht allzu bacchantisch zu, aber man hat Grund, sich wenigstens
über die Vielseitigkeit des Künstlers zu wundern und anzuerkennen, wie weit er in
der Darstellung weiblicher Grazie Ribera übertrifft. Nannte man ihn doch zu jener Zeit
geradezu den „Guido Reni von Neapel"! Andererseits konnte es ihm in einer (sig-
nierten) Sibylle der Galleria Doria zu Rom zustoßen, daß statt idealer mythologischer
Stimmung naturalistische Gemeinheiten sich breitmachen und das begeisterte prophetische
Aufsehen, wie es etwa Domenichino gibt, zu einem blöden Erstaunen wird.
In den deutschen Galerien ist Stanzioni, wie gesagt, kaum vertreten, — in
Dresden wird ihm seit 1812 eine Allegorie der Naturkunde zugewiesen, die im Galerie-
werk als Domenichino wiedergegeben worden ist, allein die Zuschreibung erscheint
mir durchaus unhaltbar. Das interessante, hieneben reproduzierte Bild, das weder mit