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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Voss, Hermann: Charakterköpfe des Decento: I. Massimo Stanzioni
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0280

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272

Monatshefte für Kunstwissenschaft


Abb. 4. MASSIMO STANZIONI: Susanna und die beiden Alten
Frankfurt a. M. Städelsches Institut □

der neapolitanischen, noch mit der römischen oder bolognesischen Schule etwas zu tun
hat, erweist sich jedenfalls als abhängig von späteren Venezianern, besonders von
Paolo Veronese, an den das Kostüm, zumal die Partie um die Brust, aufs lebhafteste
erinnert. Auch die Stanzioni ganz fernstehende Behandlung des Fleisches und das
weiche Helldunkel, ferner das Stilleben weisen nach Venedig. Einen bestimmten
Meister weiß ich nicht zu nennen.
Dagegen besitzt das Städelsche Institut zu Frankfurt unter dem Namen des
Spagnoletto, neuerdings mit ?, ein Meisterwerk Massimos. Es ist das eindrucksvolle
große Bild „Susanna und die beiden Alten". Wohl nur, weil die deutschen Galerien
kein Vergleichsmaterial bieten, wurde der wahre Urheber des Bildes nicht erkannt.
Zur stilistischen Analyse besonders geeignet erscheint uns die Halbfigur der hl. Agata
im Museo Nazionale zu Neapel. Schon der Typ der Frau ist hier und dort der
gleiche: breit, mit niederer, aber großer Stirn, von ganz gleich angeordneten schwarzen
Haaren umgeben; charakteristisch die Form des Mundes, die Augen, der weich gegen
die Schultern absetzende Nacken. Man halte ferner Bewegung gegen Bewegung, man
verfolge die für Stanzionis Schönheitssinn bezeichnende flüssige, elastische Linie der
Schultern und Arme, weiter die fleischigen, stark vorgewölbten Hände mit den rund-
lichen Fingern, man beachte malerische Eigentümlichkeiten wie die dünn beginnenden,
dann anschwellenden Schatten.
 
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