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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Freise, Kurt: Neuerwerbungen holländischer Gemäldegalerien
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0290

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Monatshefte für Kunstwissenschaft


Abb. 1. JAN VERMEER VAN DELFT: Das Milchmädchen
Amsterdam, Rijksmuseum □

nachschaffende Kunst für sich. Denn das große Geheimnis des Kunst - „Verstehens"
liegt in der Hauptsache darin, daß der Beschauer eines Kunstwerkes auch selber mit
der realen Natur seelisch vertraut ist — natürlich auf seine persönliche Art. Aus den
Werken der anderen (seien es nun Maler, Bildhauer, Dichter oder Musiker) zu
erkennen, wie die Natur, die Dinge, auf sie gewirkt haben, gibt außerdem noch
den Genuß, der in dem Erschließen einer reichen Künstlerpersönlichkeit liegt. Nicht
um quantitativ möglichst viel zu besitzen, nicht aus Sammelinteresse werden von einem
Künstler mehr als ein oder zwei Werke von den Galerien angekauft, sondern weil
aus jeder einzelnen Arbeit neue Züge wahrnehmbar werden und bei gegenseitiger
Vergleichung immer feinere und feinste Züge in die Erscheinung treten, die das einzelne
Werk für sich allein, vielleicht nicht erkennen läßt. Zieht man ferner aber auch die
entwicklungsgeschichtliche Stellung eines Bildes im CEuvre seines Malers in Betracht,
so steht für das „Milchmädchen" fest, daß es zu Vermeers vollkommensten Schöpfungen
gehört. Schwächen, die man auf einigen seiner anderen Gemälde nicht leugnen kann,
finden sich hier nicht.
 
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