Steinmann. Sancta Sanctorum
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von Gregorovius und Reumont, als der moderne Historiker des mittelalterlichen Roms,
für die Hebung des Schatzes von Sancta Sanctorum und seine wissenschaftliche Aus-
beute prädestiniert. Mancher mag den glücklichen Schatzfinder beneiden; dem Forscher,
der seinen Fund der Wissenschaft zugänglich gemacht hat, der diesen Schatz in seinen
historischen und künstlerischen Beziehungen meisterhaft zu erläutern verstand, wird
man die freudigste Anerkennung nicht versagen können.
Grisar beginnt seine Ausführungen mit der Geschichte der Kapelle seit den
frühen Zeiten des Mittelalters. Die erste Erwähnung des Oratoriums des hl. Laurentius
— denn diesem Namen war die älteste Palastkapelle der Päpste in Rom geweiht —
findet sich im Liber pontificalis schon unter Stephan III. (768—772). Schon damals
barg die Kapelle die heiligsten Reliquien Roms: das heute noch erhaltene, jüngst auch
von Wilpert (L'Arte 1907, p. 161 u. 246) mustergiltig edierte Salvatorbild L'archeropita)
und einen Splitter des h. Kreuzes. Zu diesen gesellten sich später die jetzt im
Lateran bewahrten Häupter der Apostelfürsten, denen Francesco Cancellieri eine
besondere Monographie gewidmet hat. Den Namen Sancta Sanctorum erhielt das
Heiligtum wohl von einer Aufschrift auf jenem Schrein von Cypressenholz, den Leo III.
(795- -416) als Reliquienbehältnis für das Innere des Altares gestiftet hat, von wo
er niemals entfernt worden ist.
Auch die glänzenden Stiftungen Innocenz III. (1198—1216) haben sich erhalten.
Er ließ für den Altar, der die Apostelhäupter barg, zwei massive Bronzetüren mit den
Hochreliefköpfen von Petrus und Paulus herstellen, und er stiftete für das Salvatorbild
jene merkwürdige silberne Bekleidung, die gleichfalls völlig unversehrt erhalten ist,
aber vor profanen Augen ängstlich durch eine Holzbedeckung geschützt wird. Diese
Bronzetür bedeutet auch für die Baugeschichte von Sancta Sanctorum ein höchst
beachtenswertes Dokument. Als Nicolaus III. (1277—80) die Kapelle erneuerte und
ihr die Gestalt gab, die ihr bis auf unsere Tage geblieben, brachte er auf dem rechten
Flügel dieses Schreines gegenüber der Stiftungsinschrift Innocenz III. eine neue Dedi-
kationsinschrift an: Nicolaus Papa III. hanc basilicam a fundamentis renovavit
et altare fieri fecit ipsumque et eandem basilica(m) consecravit. Auch der
Baumeister von Papst Nicolaus, Magister Cosmatus - — - nach Grisar der jüngere Cosmas,
ein Sohn des Petrus Mellini — hat sich in der Kapelle nahe beim Eingang in einer
Marmorinschrift verewigt. Und Grisar dürfte Recht behalten, wenn er behauptet, daß
diese Kapelle mit ihren edlen Verhältnissen das Reifste und Beste darstellt, was uns
der Meister hinterlassen hat.
Bis zur Verlegung der päpstlichen Residenz nach Avignon im Jahre 1309 blieb
die Laurentiuskapelle im Lateran das Palastheiligtum der Päpste, die hier nur allein
am Hochaltar die Messe feiern durften. In dieser Kapelle fand am Gründonnerstag
die feierliche Zeremonie der Fußwaschung statt, hier öffneten vom ganzen Kardinals-
kollegium begleitet die Päpste am Ostermorgen und an der Vigilie des Assuntatages
den Schrein des Salvatorbildes, das dem besonderen Schutz einer Salvator-Bruderschaft
anvertraut worden war. Hier ordnete sich die nächtliche Prozession, die sich vom
Lateran nach S. Maria Maggiore bewegte, eins der gewaltigsten Schaugepränge im
mittelalterlichen Rom.
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von Gregorovius und Reumont, als der moderne Historiker des mittelalterlichen Roms,
für die Hebung des Schatzes von Sancta Sanctorum und seine wissenschaftliche Aus-
beute prädestiniert. Mancher mag den glücklichen Schatzfinder beneiden; dem Forscher,
der seinen Fund der Wissenschaft zugänglich gemacht hat, der diesen Schatz in seinen
historischen und künstlerischen Beziehungen meisterhaft zu erläutern verstand, wird
man die freudigste Anerkennung nicht versagen können.
Grisar beginnt seine Ausführungen mit der Geschichte der Kapelle seit den
frühen Zeiten des Mittelalters. Die erste Erwähnung des Oratoriums des hl. Laurentius
— denn diesem Namen war die älteste Palastkapelle der Päpste in Rom geweiht —
findet sich im Liber pontificalis schon unter Stephan III. (768—772). Schon damals
barg die Kapelle die heiligsten Reliquien Roms: das heute noch erhaltene, jüngst auch
von Wilpert (L'Arte 1907, p. 161 u. 246) mustergiltig edierte Salvatorbild L'archeropita)
und einen Splitter des h. Kreuzes. Zu diesen gesellten sich später die jetzt im
Lateran bewahrten Häupter der Apostelfürsten, denen Francesco Cancellieri eine
besondere Monographie gewidmet hat. Den Namen Sancta Sanctorum erhielt das
Heiligtum wohl von einer Aufschrift auf jenem Schrein von Cypressenholz, den Leo III.
(795- -416) als Reliquienbehältnis für das Innere des Altares gestiftet hat, von wo
er niemals entfernt worden ist.
Auch die glänzenden Stiftungen Innocenz III. (1198—1216) haben sich erhalten.
Er ließ für den Altar, der die Apostelhäupter barg, zwei massive Bronzetüren mit den
Hochreliefköpfen von Petrus und Paulus herstellen, und er stiftete für das Salvatorbild
jene merkwürdige silberne Bekleidung, die gleichfalls völlig unversehrt erhalten ist,
aber vor profanen Augen ängstlich durch eine Holzbedeckung geschützt wird. Diese
Bronzetür bedeutet auch für die Baugeschichte von Sancta Sanctorum ein höchst
beachtenswertes Dokument. Als Nicolaus III. (1277—80) die Kapelle erneuerte und
ihr die Gestalt gab, die ihr bis auf unsere Tage geblieben, brachte er auf dem rechten
Flügel dieses Schreines gegenüber der Stiftungsinschrift Innocenz III. eine neue Dedi-
kationsinschrift an: Nicolaus Papa III. hanc basilicam a fundamentis renovavit
et altare fieri fecit ipsumque et eandem basilica(m) consecravit. Auch der
Baumeister von Papst Nicolaus, Magister Cosmatus - — - nach Grisar der jüngere Cosmas,
ein Sohn des Petrus Mellini — hat sich in der Kapelle nahe beim Eingang in einer
Marmorinschrift verewigt. Und Grisar dürfte Recht behalten, wenn er behauptet, daß
diese Kapelle mit ihren edlen Verhältnissen das Reifste und Beste darstellt, was uns
der Meister hinterlassen hat.
Bis zur Verlegung der päpstlichen Residenz nach Avignon im Jahre 1309 blieb
die Laurentiuskapelle im Lateran das Palastheiligtum der Päpste, die hier nur allein
am Hochaltar die Messe feiern durften. In dieser Kapelle fand am Gründonnerstag
die feierliche Zeremonie der Fußwaschung statt, hier öffneten vom ganzen Kardinals-
kollegium begleitet die Päpste am Ostermorgen und an der Vigilie des Assuntatages
den Schrein des Salvatorbildes, das dem besonderen Schutz einer Salvator-Bruderschaft
anvertraut worden war. Hier ordnete sich die nächtliche Prozession, die sich vom
Lateran nach S. Maria Maggiore bewegte, eins der gewaltigsten Schaugepränge im
mittelalterlichen Rom.
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