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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Erst Sixtus V. ging wieder daran die baufällige Kapelle zu restaurieren, als er
das ehrwürdige Patriarchium des Laterans zerstörte und den Monumentalbau der Scala
santa vor die Kapelle verlegte. Damals haben auch die höchst merkwürdigen
Gemälde der Kapelle, von Pietro Cavallini oder seiner Schule ausgeführt, nicht un-
wesentlich gelitten. Die Mosaiken des Absisraumes dagegen scheinen weder damals
noch bei einer zweiten Restauration im Jahre 1625 wesentlichen Schaden genommen
zu haben.
Zu einer Zeit, wo der Wahlspruch „Italia farä da se" vielfach auch auf die
Wissenschaft angewandt worden ist, darf vielleicht besonders darauf hingewiesen
werden, daß in Rom Wissenschaft und Kunst ihren internationalen Charakter nach wie
vor behaupten. Einem deutschen Forscher gebührt der Ruhm, den Schatz von Sancta
Sanctorum gehoben zu haben, ein deutscher Forscher wurde zum Hüter dieses
Heiligtumes in der vatikanischen Bibliothek erkoren. In einem der alten Bibliotheks-
schränke und in einer großen Vitrine des Museo christiano hat P. Ehrle alle Reliquien-
behälter, Gemälde und Stoffe in würdigster Weise aufgestellt, nachdem die Reliquien
selbst sorgfältig herausgehoben und wieder im Cypressenschrein Leos III. niedergelegt
worden sind.
Schon in dem Inventar der Reliquien von Sancta Sanctorum, welches Johannes
Diakonus unter Papst Alexander III. (1159—1181) seiner Beschreibung der Laterans-
kirche einverleibte, wird die „Crux de smalto depicta" erwähnt, die jetzt in der vati-
kanischen Bibliothek als Hauptstück des ganzen Schatzes zur Ausstellung gelangt ist.
Seit dem 12. Jahrhundert also wurde dieses Kreuz in Sancta Sanctorum bewahrt, und
es ist höchst wahrscheinlich identisch mit jenem Kreuz, welches Papst Sergius I. in einem
Winkel der alten Sakristei von St. Peter in einem silbernen Behältnis fand. Auch in
den Riten der Päpste des Mittelalters wird dieses wundervolle Reliquar erwähnt, welches
einen Splitter des heiligen Kreuzes barg, der in der stillen Woche mit den Häuptern
der Apostelfürsten in feierlicher Prozession in die Lateransbasilika getragen und auf
dem Hochaltar zur Kreuzanbetung ausgestellt wurde.
Grisar und auch der französische Forscher Lauer, welcher den Schatz von Sancta
Sanctorum gleichfalls schon ausführlich behandelt hat, setzen die Entstehungszeit des
Kreuzes ungefähr um das 6. oder 7. Jahrh. an. Es ist in byzantinischem Zellenschmelz
ausgeführt und die Farbentafel Tabanellis, welche Grisar seiner Publikation beigefügt
hat, gibt von der Pracht der Farben und der unendlichen Sorgfalt der Ausführung
einen ziemlich klaren Begriff. Die Darstellungen auf diesem Kreuz: Verkündigung,
Geburt Christi, Anbetung der Könige, Flucht nach Egypten, Taufe usw. lassen sich
mühelos deuten; leider aber war es nicht möglich, bis heute den Sinn der Buchstaben
klarzulegen, die auf den Seitenflächen des Kreuzes zu lesen sind. Man darf aber wohl
behaupten, dass Grisars Forscliungen die Fragen, die dieses herrliche Objekt frühchrist-
licher Kunst stellt, keineswegs abschließend beantworten wollen. Im Gegenteil, es sind
jetzt erst die Grundlagen geschaffen, auf denen die Zukunft weiter bauen wird.
Auch das goldene Gemmenkreuz, nächst dem Emailkreuz das wertvollste Stück
des Schatzes, ist schon im 12. Jahrhundert von Johannes Diakonus aufgeführt worden.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Erst Sixtus V. ging wieder daran die baufällige Kapelle zu restaurieren, als er
das ehrwürdige Patriarchium des Laterans zerstörte und den Monumentalbau der Scala
santa vor die Kapelle verlegte. Damals haben auch die höchst merkwürdigen
Gemälde der Kapelle, von Pietro Cavallini oder seiner Schule ausgeführt, nicht un-
wesentlich gelitten. Die Mosaiken des Absisraumes dagegen scheinen weder damals
noch bei einer zweiten Restauration im Jahre 1625 wesentlichen Schaden genommen
zu haben.
Zu einer Zeit, wo der Wahlspruch „Italia farä da se" vielfach auch auf die
Wissenschaft angewandt worden ist, darf vielleicht besonders darauf hingewiesen
werden, daß in Rom Wissenschaft und Kunst ihren internationalen Charakter nach wie
vor behaupten. Einem deutschen Forscher gebührt der Ruhm, den Schatz von Sancta
Sanctorum gehoben zu haben, ein deutscher Forscher wurde zum Hüter dieses
Heiligtumes in der vatikanischen Bibliothek erkoren. In einem der alten Bibliotheks-
schränke und in einer großen Vitrine des Museo christiano hat P. Ehrle alle Reliquien-
behälter, Gemälde und Stoffe in würdigster Weise aufgestellt, nachdem die Reliquien
selbst sorgfältig herausgehoben und wieder im Cypressenschrein Leos III. niedergelegt
worden sind.
Schon in dem Inventar der Reliquien von Sancta Sanctorum, welches Johannes
Diakonus unter Papst Alexander III. (1159—1181) seiner Beschreibung der Laterans-
kirche einverleibte, wird die „Crux de smalto depicta" erwähnt, die jetzt in der vati-
kanischen Bibliothek als Hauptstück des ganzen Schatzes zur Ausstellung gelangt ist.
Seit dem 12. Jahrhundert also wurde dieses Kreuz in Sancta Sanctorum bewahrt, und
es ist höchst wahrscheinlich identisch mit jenem Kreuz, welches Papst Sergius I. in einem
Winkel der alten Sakristei von St. Peter in einem silbernen Behältnis fand. Auch in
den Riten der Päpste des Mittelalters wird dieses wundervolle Reliquar erwähnt, welches
einen Splitter des heiligen Kreuzes barg, der in der stillen Woche mit den Häuptern
der Apostelfürsten in feierlicher Prozession in die Lateransbasilika getragen und auf
dem Hochaltar zur Kreuzanbetung ausgestellt wurde.
Grisar und auch der französische Forscher Lauer, welcher den Schatz von Sancta
Sanctorum gleichfalls schon ausführlich behandelt hat, setzen die Entstehungszeit des
Kreuzes ungefähr um das 6. oder 7. Jahrh. an. Es ist in byzantinischem Zellenschmelz
ausgeführt und die Farbentafel Tabanellis, welche Grisar seiner Publikation beigefügt
hat, gibt von der Pracht der Farben und der unendlichen Sorgfalt der Ausführung
einen ziemlich klaren Begriff. Die Darstellungen auf diesem Kreuz: Verkündigung,
Geburt Christi, Anbetung der Könige, Flucht nach Egypten, Taufe usw. lassen sich
mühelos deuten; leider aber war es nicht möglich, bis heute den Sinn der Buchstaben
klarzulegen, die auf den Seitenflächen des Kreuzes zu lesen sind. Man darf aber wohl
behaupten, dass Grisars Forscliungen die Fragen, die dieses herrliche Objekt frühchrist-
licher Kunst stellt, keineswegs abschließend beantworten wollen. Im Gegenteil, es sind
jetzt erst die Grundlagen geschaffen, auf denen die Zukunft weiter bauen wird.
Auch das goldene Gemmenkreuz, nächst dem Emailkreuz das wertvollste Stück
des Schatzes, ist schon im 12. Jahrhundert von Johannes Diakonus aufgeführt worden.