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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Farben lassen über den Urheber keinen Zweifel,
das Bild ist die Hälfte des Originals (ob die
andere noch existiert, weiß ich nicht), nach dem
die bekannte, dem Pietro Lorenzetti zugeschrie-
bene Tafel der Uffizien eine alte, in den Farben
etwas veränderte Kopie ist. Damit wäre das
Geheimnis des Uffizienbildes gelöst.
Bernardino Parentino ============
Als ich die Liste der Werke dieses Malers,
wie sie Berenson in seinen „North Italian
Painters" aufstellt, durchsah, war ich erstaunt,
so manche Bilder darin zu finden, die mir unter-
einander denn doch recht erhebliche Verschieden-
heiten aufzuweisen scheinen. Mein Staunen
wuchs, als ich die beglaubigten, zwischen 1489
und 1494 ausgeführten, in recht beträchtlichen
Fragmenten noch erhaltenen Wandmalereien des
Klosterhofs von S. Giustina in Padua (jetzt
Kaserne) in Berensons Liste verschwiegen sah.
Drei sehr charakteristische Bilder des Meisters
möchte ich ergänzend an dieser Stelle namhaft
machen.
In der Budapester Galerie scheint mir die
als „Paduanisch" ausgestellte Pietä, Halbfigur
Christi, von Maria gestützt, in ihren Typen
sowie in den rosa Fleischtönen ganz untrüglich
Parentinos Hand zu verraten, als großfiguriges
Bild mit das bedeutendste des Meisters. Ein
kleiner Christus als Schmerzensmann mit der
knieenden Stifterin ist von Exzellenz Baron
Tudier, der das Bild im Kunsthandel fand, so-
gleich als Werk Parentinos erkannt worden.
Ein drittes interessantes und charakteristisches
Bildchen, offenbar Illustration einer Novelle, be-
sitzt Herr Emil Weinberger in Wien.
Der Meister der Spielkarten — — ==
Die Vermutung, daß dieser interessante, am
Oberrhein tätige Kupferstecher auch als Maler
tätig gewesen sei, ist schon geäußert worden.
Hat man doch versucht, denselben mit Konrad
Witz zu identifizieren, und die allgemeine nahe
Verwandtschaft zwischen den Stichen und den
Bildern des Witz ist nidit zu leugnen. An die
Identität beider Künstler konnte ich nicht glauben.
Nun besitzt Herr Dr. Albert Figdor in Wien ein
Gemälde einer lebensgroßen Madonna mit dem
Kinde in Halbfigur über der Mondsichel, deren
Typus mir mit dem aus den Spielkarten wohl-
bekannten so völlig gleich zu sein scheint, daß
ich nicht zweifeln möchte, es handle sich hier
um ein malerisches Werk des großen Stechers.
Für seinen unmittelbaren Schüler als Maler
haben wir dann jenen interessanten Künstler zu
halten, der das Breitbild mit Georgs Drachen-
kampf und der Predigt Johannis im Museum
von Colmar malte, das wieder zum Meister
E. S. überleitet.
Der Meister des Peringsdörffer Altars =
Über einen prachtvollen Teppich mit der Ver-
kündigung, datiert 1486, der zweifellos nach der
Zeichnung dieses Meisters ausgeführt wurde
und der als altes Familienkleinod wieder in den
Besitz seiner Exzellenz des Freiherrn Heinrich
von Tudier zurückkehrte, durch dessen Güte ich
auch interessante ältere Notizen darüber erfuhr,
hoffe ich demnächst ausführlicher zu berichten.
Der Meister des Thalheimer Altars —
Die herrlichen Holzstatuen dieses altschwä-
bisdien Altarwerkes in der Stuttgarter Alter-
tümersammlung sind der Allgemeinheit be-
kannter als die Malereien der Flügel und der
Predella, deren stilistische Verwandtschaft mit
den Skulpturen in die Augen springt. Auf
diesen Schwaben vom Anfänge des XVI. Jahr-
hunderts, der aus des älteren Holbein Schule
seinen Stil ableitet, möchte ich die schönen
Glasfenster zurückführen, die sich in der Kirche
S. Nazaro in Mailand befinden. Auf die Be-
ziehung zur schwäbischen Kunst und speziell
zu der des älteren Holbein hat mich vor Jahren
schon Thode hingewiesen. Genauere Vergleiche
lassen mich an diesen feinen Szenen aus der
Legende der Katerina, die wir in der Kirche an
einem Fenster des Hauptschiffes und an einem
der angebauten geräumigen Katerinenkapelle
finden, speziell den Stil des Thalheimer Meisters
erkennen. Dieselbe Kirche S. Nazaro birgt ja
auch noch einen der delikatesten deutschen
Schnitzaltäre des beginnenden XVI. Jahrhunderts
(eine figurenreiche Anbetung der heiligen drei
Könige im Mittelfelde).
Hans Leonhard Schäuffelein -■■—.
Dem Hinweise Seiner Durchlaucht des Fürsten
Franz Liechtenstein verdanke ich die Bekannt-
schaft mit einem Bilde im Besitz von Dr. von
Schwarz in Ödenburg (Sopron, in Ungarn), das
ehemals dem Lukas Cranach zugeschrieben
wurde. Hatte schon Fürst Franz Liechtenstein
den Charakter der fränkischen Schule darin er-
kannt, so glaube ich speziell Schäuffeleins Hand
aus dem Bilde lesen zu können. Wenig unter
Lebensgröße sehen wir die Halbfiguren des
leidenden Christus im Grabe, dessen Hände
trauernd Maria und Johannes halten, indessen
vier kleinere Engel in blaugrünen Gewändern
die Marterwerkzeuge weisen. Die wohlerhaltene,
nur durch zwei Sprünge beschädigte Tafel dürfte,
von Staub gereinigt, wohl an Farbenpracht den
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Farben lassen über den Urheber keinen Zweifel,
das Bild ist die Hälfte des Originals (ob die
andere noch existiert, weiß ich nicht), nach dem
die bekannte, dem Pietro Lorenzetti zugeschrie-
bene Tafel der Uffizien eine alte, in den Farben
etwas veränderte Kopie ist. Damit wäre das
Geheimnis des Uffizienbildes gelöst.
Bernardino Parentino ============
Als ich die Liste der Werke dieses Malers,
wie sie Berenson in seinen „North Italian
Painters" aufstellt, durchsah, war ich erstaunt,
so manche Bilder darin zu finden, die mir unter-
einander denn doch recht erhebliche Verschieden-
heiten aufzuweisen scheinen. Mein Staunen
wuchs, als ich die beglaubigten, zwischen 1489
und 1494 ausgeführten, in recht beträchtlichen
Fragmenten noch erhaltenen Wandmalereien des
Klosterhofs von S. Giustina in Padua (jetzt
Kaserne) in Berensons Liste verschwiegen sah.
Drei sehr charakteristische Bilder des Meisters
möchte ich ergänzend an dieser Stelle namhaft
machen.
In der Budapester Galerie scheint mir die
als „Paduanisch" ausgestellte Pietä, Halbfigur
Christi, von Maria gestützt, in ihren Typen
sowie in den rosa Fleischtönen ganz untrüglich
Parentinos Hand zu verraten, als großfiguriges
Bild mit das bedeutendste des Meisters. Ein
kleiner Christus als Schmerzensmann mit der
knieenden Stifterin ist von Exzellenz Baron
Tudier, der das Bild im Kunsthandel fand, so-
gleich als Werk Parentinos erkannt worden.
Ein drittes interessantes und charakteristisches
Bildchen, offenbar Illustration einer Novelle, be-
sitzt Herr Emil Weinberger in Wien.
Der Meister der Spielkarten — — ==
Die Vermutung, daß dieser interessante, am
Oberrhein tätige Kupferstecher auch als Maler
tätig gewesen sei, ist schon geäußert worden.
Hat man doch versucht, denselben mit Konrad
Witz zu identifizieren, und die allgemeine nahe
Verwandtschaft zwischen den Stichen und den
Bildern des Witz ist nidit zu leugnen. An die
Identität beider Künstler konnte ich nicht glauben.
Nun besitzt Herr Dr. Albert Figdor in Wien ein
Gemälde einer lebensgroßen Madonna mit dem
Kinde in Halbfigur über der Mondsichel, deren
Typus mir mit dem aus den Spielkarten wohl-
bekannten so völlig gleich zu sein scheint, daß
ich nicht zweifeln möchte, es handle sich hier
um ein malerisches Werk des großen Stechers.
Für seinen unmittelbaren Schüler als Maler
haben wir dann jenen interessanten Künstler zu
halten, der das Breitbild mit Georgs Drachen-
kampf und der Predigt Johannis im Museum
von Colmar malte, das wieder zum Meister
E. S. überleitet.
Der Meister des Peringsdörffer Altars =
Über einen prachtvollen Teppich mit der Ver-
kündigung, datiert 1486, der zweifellos nach der
Zeichnung dieses Meisters ausgeführt wurde
und der als altes Familienkleinod wieder in den
Besitz seiner Exzellenz des Freiherrn Heinrich
von Tudier zurückkehrte, durch dessen Güte ich
auch interessante ältere Notizen darüber erfuhr,
hoffe ich demnächst ausführlicher zu berichten.
Der Meister des Thalheimer Altars —
Die herrlichen Holzstatuen dieses altschwä-
bisdien Altarwerkes in der Stuttgarter Alter-
tümersammlung sind der Allgemeinheit be-
kannter als die Malereien der Flügel und der
Predella, deren stilistische Verwandtschaft mit
den Skulpturen in die Augen springt. Auf
diesen Schwaben vom Anfänge des XVI. Jahr-
hunderts, der aus des älteren Holbein Schule
seinen Stil ableitet, möchte ich die schönen
Glasfenster zurückführen, die sich in der Kirche
S. Nazaro in Mailand befinden. Auf die Be-
ziehung zur schwäbischen Kunst und speziell
zu der des älteren Holbein hat mich vor Jahren
schon Thode hingewiesen. Genauere Vergleiche
lassen mich an diesen feinen Szenen aus der
Legende der Katerina, die wir in der Kirche an
einem Fenster des Hauptschiffes und an einem
der angebauten geräumigen Katerinenkapelle
finden, speziell den Stil des Thalheimer Meisters
erkennen. Dieselbe Kirche S. Nazaro birgt ja
auch noch einen der delikatesten deutschen
Schnitzaltäre des beginnenden XVI. Jahrhunderts
(eine figurenreiche Anbetung der heiligen drei
Könige im Mittelfelde).
Hans Leonhard Schäuffelein -■■—.
Dem Hinweise Seiner Durchlaucht des Fürsten
Franz Liechtenstein verdanke ich die Bekannt-
schaft mit einem Bilde im Besitz von Dr. von
Schwarz in Ödenburg (Sopron, in Ungarn), das
ehemals dem Lukas Cranach zugeschrieben
wurde. Hatte schon Fürst Franz Liechtenstein
den Charakter der fränkischen Schule darin er-
kannt, so glaube ich speziell Schäuffeleins Hand
aus dem Bilde lesen zu können. Wenig unter
Lebensgröße sehen wir die Halbfiguren des
leidenden Christus im Grabe, dessen Hände
trauernd Maria und Johannes halten, indessen
vier kleinere Engel in blaugrünen Gewändern
die Marterwerkzeuge weisen. Die wohlerhaltene,
nur durch zwei Sprünge beschädigte Tafel dürfte,
von Staub gereinigt, wohl an Farbenpracht den