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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0321

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Rundschau

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tung nach repräsentiert; Böcklin mit zwei frühen
Bildern von 1861 „Spielende Putten" und „Amor
und Psyche", höchst geniale, skizzenhafte in
sehr lichten Farben hingehauchte Phantasien.
Aus demselben Jahre zwei Bilder Lenbachs, ein
Porträt Böcklins und ein von seiner späteren
bekannteren Art noch völlig abweichendes
Bauernstück. Zwei reizende Märchenzeichnungen
von Ludwig Richter, ein skizzenhafter Spitzweg,
eine vorzügliche Rötelzeichnung von Leibl, ein
weniger bedeutendes Landschafts-Aquarell von
Klinger, fünf prachtvolle Bleistiftzeichnungen
Menzels. Von Modernstem nenne ich Pastelle
von Khnopff und Rysselberghe.
Den Malereien und Zeichnungen zugesellt
finden wir vorzügliche Werke der Plastik. Hier
beginnt die Reihe mit einer römischen Bronze-
statuette, mit Medaillen des Pisanello, deutschen
Plaketten des XVI. Jahrhunderts, einer Bronze-
statuette „Nessus raubt Deianira" von Giovanni
da Bologna. Franzosen und Belgier des XIX.
Jahrhunderts stehen der Zahl nach durchaus
im Vordergrunde. Vier Tiergruppen von Barye,
eine Büste eines Chinesen von Carpeaux. Ein
Bronzerelief „la glebe" von Meunier, eine Porträt-
büste von Rodin, interessante Kopien nach
Donatello und der Antike von M. Rosso seien
des weiteren genannt.
Diese feine Sammlung von Kleinstücken großer
Qualität setzt zu ihrem Genüsse ein hohes
Maß künstlerischer Schulung voraus. Viele Be-
sucher haben das instinktiv gefühlt. Wann wird
Wien eine moderne Sammlung besitzen, die
planmäßig angelegt, die gebieterisch geforderte
Aufgabe zu erfüllen imstande wäre, der All-
gemeinheit ein klares Bild von Wegen und
Zielen der Kunst des XIX. Jahrhunderts zu geben
und damit die Basis für eine gerechte Beurtei-
lung der neuesten Bestrebungen zu schaffen?
Wilhelm Suida.
ROM. ========= — ^
Die Galerie Barberini wurde bis heute nicht
mit Unrecht eine Galerie der Enttäuschungen
genannt. Nachdem sich aber der Prinzipe Bar-
berini-Sacchetti entschlossen hat — vielleicht
als Sühne für den Verkauf von Botticellis Ver-
kündigung und Tizians Kardinal Bembo — die
Schätze seiner Privatgalerie mit der öffentlichen
Sammlung zu vereinigen, ist die Galerie Barbe-
rini eine der beachtenswertesten Privatgalerien
Roms geworden. Die früheren Hauptstücke der
Sammlung hatten ihre Anziehungskraft einge-
büßt, seitdem die Fornarina als Raffael ange-
zweifelt war, seitdem man behauptet hatte, das

berühmteste Porträt der Sammlung stelle weder
Beatrice Cenci dar noch sei es von Guido Reni
gemalt. Und Dürers Christus unter den Schrift-
gelehrten — ein wirres Beieinander von Händen
und Köpfen — hatte sich unter den italienischen
Meistern stets nur mühsam behauptet.
Der Principe Barberini ist mit zwölf Kindern
gesegnet, und es ist schon heute ein öffentliches
Geheimnis, daß höchstwahrscheinlicli einmal alle
Kunstschätze des berühmten Hauses, die An-
tiken, die Gemälde und die Skulpturen Berninis
in den Besitz des italienischen Staates übergehen
werden. Es dürfte dem Principe der Entschluß
nicht schwergefallen sein, die Perlen seiner
Privatsammlung in die öffentliche Galerie zu
überführen und dieser stark in Mißkredit gera-
tenen Gemäldesammlung durch die Namen des
Melozzo, des Justus von Gent, des Fra Carne-
vale neuen Glanz zu verleihen.
Allerdings läßt die Anordnung der Gemälde
viel zu wünschen übrig. Die vier Räume er-
weisen sich als völlig ungenügend, den Reich-
tum der jetzigen Sammlung zu fassen. Von
irgend einer künstlerischen Anordnung hat man
völlig abgesehen. Die Bilder hängen in drei
oder vier Reihen übereinander, und häufig hängen
die besten Bilder am höchsten. Trefflich kommen
Fra Carnevales merkwürdige Bilder der Geburt
Mariae und der Darstellung im Tempel zur
Geltung, und ebenso mühelos kann man Me-
lozzos Porträt des Herzogs Federigo von Ur-
bino studieren. Im Cicerone wird die Klarheit
und Leuchtkraft der Farbe dieses Bildes ge-
rühmt. Mit Unrecht! Die Möglichkeit, das
Tafelbild genauer zu untersuchen, läßt erkennen,
wie sehr gerade dieses Gemälde übermalt wor-
den ist. Ein besonders schönes Gemälde des
Francesco Cossa von Ferrara ist viel zu hoch
gehängt, wie auch der größere Teil der be-
kannten Idealporträts des Justus von Gent.
Aber daß gerade diese merkwürdigen Porträts
aus dem Studio des Herzogs von Urbino dem
allgemeinen Studium zurückgegeben worden
sind und mühelos mit den Bildnissen im Louvre
verglichen werden können, ist mit besonderer
Freude zu begrüßen.
^
Neuordnung der Protomoteca der berühm-
ten Männer im Conservatorenpatast. Die mo-
dernen Marmorbüsten berühmter Männer, welche
zuletzt in einem dunklen Raume des Conser-
vatorenpalastes äußerst ungünstig aufgestellt
waren, sind jetzt in höchst würdiger Weise
links im Erdgeschoß untergebracht worden, wo
früher irgend ein Korps der städtischen Wacht-
 
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