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Monatshefte für Kunstwissenschaft
mannschaft ihr ziemlich schmutziges Quartier
hatte. Bekanntlich wurde diese Galerie — ein
Seitenstück zu der weit berühmteren Maler-
galerie der Uffizien — unter Pius VII gegrün-
det, dessen herrliche Büste von Canovas Hand
zu den schönsten Stücken der Sammlung ge-
hört. Damals wurden auch die Büsten aus dem
Pantheon nach dem Kapitol überführt, unter
ihnen die Bildnisse von Raffael und Annibale
Caracci, welche Carlo Maratta ausführen ließ,
die des Taddeo Zuccari, des Nicola Poussin
u. a. m. Außer Poussin wurden noch Winkel-
mann, Raffael Mengs und Angelica Kaufmann
der besonderen Ehre gewürdigt, in einem
Ruhmestempel prangen zu dürfen, der eigent-
lich" nur Italienern offen stehen sollte. Auch
sonst finden sich unter vielem Minderwertigen
mancherlei gute und merkwürdige Bildnisse
wie das des i. J. 1554 in Rom ermordeten be-
rühmten Architekten Bartolomeo Baronio und
einige Arbeiten Canovas, der aus Dankbarkeit
gegen seinen großmütigen Gönner Pius VII.
auch eine Anzahl Büsten gestiftet hat.
Agostino Tofanelli hat in seiner Beschreibung
der Gemälde und Skulpturen des Kapitols diese
Büsten im Einzelnen aufgezeichnet. Schon bei
ihm vermissen wir aber die mythische Büste
Gabriel Faernos, des Cremoneser Dichters, die
niemand anders als Michelangelo ausgeführt
haben soll. In seinen Cremonensium monumenta
Romae extantia hat Vairani die Büste abgebil-
det, allerdings ohne beweisen zu können, daß
sie den Faerno darstellt und daß sie ein Werk
des Michelangelo ist. Immerhin würde man
dankbar sein zu erfahren, was aus dieser Büste
geworden, ob sie sich unter den antiken Büsten
in den kapitolinischen Museen verbirgt, ob sie
in ein anderes römisches Museum gelangte, oder
ob sie überhaupt nicht mehr aufzufinden ist.
Man wird die neue Sammlung, die den gan-
zen linken Flügel des Erdgeschosses umfaßt,
von demselben Korridor aus betreten, der zu
den Sammlungen im oberen Stockwerk führt.
Die Eröffnung ist in nächster Zeit zu erwarten.
€
Am neuerbauten Palazzo Venezia schräg
gegenüber von S. Maria di Loreto ist nun
endlich wieder am 29. Januar d. J. die Inschrift an-
gebracht worden, die man früher in der ver-
schwundenen Via de' Fornari am Hause Michel-
angelos las. Sie lautet:
QUI ERA LA CASA CONSACRATA DALLA
DIMORA E DALLA MORTE DEL DIVINO
MICHELANGELO S. P. Q. R.
1871
Fast zehn Jahre lang hat diese Inschrift in
einem römischen Magazin verborgen gelegen,
bis sie von den Assicurazioni generali di Venezia
an dem ihnen gehörenden Palast angebracht
wurde. Nichts erinnert heute mehr an dieser
Stätte an den Macell' de' Corvi, nichts an das
Haus und den Garten Michelangelos mit seinen
hohen Lorbeerbäumen. Und diese armselige
Inschrift stellt bis jetzt eigentlich alles dar, was
die Stadt Rom getan hat, das Andenken des
Mannes zu ehren, der in der Sixtina die Decke
gemalt und über St. Peter die Kuppel ge-
wölbt hat.
An der alten Münze Roms in der Via de'
Bauchi vecchi haben die Goldschmiede der
ewigen Stadt dem Benvennto Cellini unlängst
eine Denktafel errichtet. Sie besagt, daß Ben-
venuto Cellini in diesem Hause „eretto ad uso
di zecca" seine köstlichen Goldschmiedearbeiten
ausgeführt hat. Höchst bezeichnend für den
mangelnden historischen Sinn der Römer, der
sich durch den Abbruch des Palazzetto di Venezia
in so erschreckender Weise dokumentiert, ist es,
daß eine alte Inschrift ihren Platz verändern
mußte, um für eine neue Platz zu machen. Die
berühmte Inschrift, in welcher Julius II die Be-
freiung Roms und die Erneuerung des Kirchen-
staates feierte, wurde aus der Via de' Banchi
vecchi ohne weiteres an ein naheliegendes Haus
der Via de' Banchi nuovi versetzt. Schon Fea
sah diese Inschrift im Jahre 1822 dort, wo auch
wir sie bis zum Jahre 1907 gesehen und brachte
sie in seinen Notizie intorno Raffaelle zum
Abdruck.
€
Der neue Entwurf eines Gesetses „per le
Antichitä e Belle Arte" wurde am 12. Februar
vom Parlament genehmigt. Das neueste Heft
des Bolletino d'Arte, das sich in kürzester Zeit
zum vornehmsten offiziellen Organ der Archäo-
logie und Kunstwissenschaft in Italien durch-
gesetzt hat, bringt diesen Entwurf extense. Die
hauptsächstlichsten Punkte beschäftigen sich mit
den Kunstwerken historischen, archäologischen
und künstlerischen Interesses, die dem Staate
selbst gehören oder als Privateigentum ohne
Zustimmung des Staates nicht veräußert werden
dürfen. Unter diesen Paragraphen fallen alle
Immobilien Gärten, Wälder, ganze Landschaften,
Wasserläufe usw. als Mobilien: Codices, Manu-
skripte, Incunabeln, seltene Drucke und Stiche
und Münzsammlungen. Veräußerung aller sol-
cher Gegenstände darf ohne Vorwissen des
Staates bei einer Geldstrafe von 500—10000 Lire
überhaupt nicht geschehen. Ausführung aus
Monatshefte für Kunstwissenschaft
mannschaft ihr ziemlich schmutziges Quartier
hatte. Bekanntlich wurde diese Galerie — ein
Seitenstück zu der weit berühmteren Maler-
galerie der Uffizien — unter Pius VII gegrün-
det, dessen herrliche Büste von Canovas Hand
zu den schönsten Stücken der Sammlung ge-
hört. Damals wurden auch die Büsten aus dem
Pantheon nach dem Kapitol überführt, unter
ihnen die Bildnisse von Raffael und Annibale
Caracci, welche Carlo Maratta ausführen ließ,
die des Taddeo Zuccari, des Nicola Poussin
u. a. m. Außer Poussin wurden noch Winkel-
mann, Raffael Mengs und Angelica Kaufmann
der besonderen Ehre gewürdigt, in einem
Ruhmestempel prangen zu dürfen, der eigent-
lich" nur Italienern offen stehen sollte. Auch
sonst finden sich unter vielem Minderwertigen
mancherlei gute und merkwürdige Bildnisse
wie das des i. J. 1554 in Rom ermordeten be-
rühmten Architekten Bartolomeo Baronio und
einige Arbeiten Canovas, der aus Dankbarkeit
gegen seinen großmütigen Gönner Pius VII.
auch eine Anzahl Büsten gestiftet hat.
Agostino Tofanelli hat in seiner Beschreibung
der Gemälde und Skulpturen des Kapitols diese
Büsten im Einzelnen aufgezeichnet. Schon bei
ihm vermissen wir aber die mythische Büste
Gabriel Faernos, des Cremoneser Dichters, die
niemand anders als Michelangelo ausgeführt
haben soll. In seinen Cremonensium monumenta
Romae extantia hat Vairani die Büste abgebil-
det, allerdings ohne beweisen zu können, daß
sie den Faerno darstellt und daß sie ein Werk
des Michelangelo ist. Immerhin würde man
dankbar sein zu erfahren, was aus dieser Büste
geworden, ob sie sich unter den antiken Büsten
in den kapitolinischen Museen verbirgt, ob sie
in ein anderes römisches Museum gelangte, oder
ob sie überhaupt nicht mehr aufzufinden ist.
Man wird die neue Sammlung, die den gan-
zen linken Flügel des Erdgeschosses umfaßt,
von demselben Korridor aus betreten, der zu
den Sammlungen im oberen Stockwerk führt.
Die Eröffnung ist in nächster Zeit zu erwarten.
€
Am neuerbauten Palazzo Venezia schräg
gegenüber von S. Maria di Loreto ist nun
endlich wieder am 29. Januar d. J. die Inschrift an-
gebracht worden, die man früher in der ver-
schwundenen Via de' Fornari am Hause Michel-
angelos las. Sie lautet:
QUI ERA LA CASA CONSACRATA DALLA
DIMORA E DALLA MORTE DEL DIVINO
MICHELANGELO S. P. Q. R.
1871
Fast zehn Jahre lang hat diese Inschrift in
einem römischen Magazin verborgen gelegen,
bis sie von den Assicurazioni generali di Venezia
an dem ihnen gehörenden Palast angebracht
wurde. Nichts erinnert heute mehr an dieser
Stätte an den Macell' de' Corvi, nichts an das
Haus und den Garten Michelangelos mit seinen
hohen Lorbeerbäumen. Und diese armselige
Inschrift stellt bis jetzt eigentlich alles dar, was
die Stadt Rom getan hat, das Andenken des
Mannes zu ehren, der in der Sixtina die Decke
gemalt und über St. Peter die Kuppel ge-
wölbt hat.
An der alten Münze Roms in der Via de'
Bauchi vecchi haben die Goldschmiede der
ewigen Stadt dem Benvennto Cellini unlängst
eine Denktafel errichtet. Sie besagt, daß Ben-
venuto Cellini in diesem Hause „eretto ad uso
di zecca" seine köstlichen Goldschmiedearbeiten
ausgeführt hat. Höchst bezeichnend für den
mangelnden historischen Sinn der Römer, der
sich durch den Abbruch des Palazzetto di Venezia
in so erschreckender Weise dokumentiert, ist es,
daß eine alte Inschrift ihren Platz verändern
mußte, um für eine neue Platz zu machen. Die
berühmte Inschrift, in welcher Julius II die Be-
freiung Roms und die Erneuerung des Kirchen-
staates feierte, wurde aus der Via de' Banchi
vecchi ohne weiteres an ein naheliegendes Haus
der Via de' Banchi nuovi versetzt. Schon Fea
sah diese Inschrift im Jahre 1822 dort, wo auch
wir sie bis zum Jahre 1907 gesehen und brachte
sie in seinen Notizie intorno Raffaelle zum
Abdruck.
€
Der neue Entwurf eines Gesetses „per le
Antichitä e Belle Arte" wurde am 12. Februar
vom Parlament genehmigt. Das neueste Heft
des Bolletino d'Arte, das sich in kürzester Zeit
zum vornehmsten offiziellen Organ der Archäo-
logie und Kunstwissenschaft in Italien durch-
gesetzt hat, bringt diesen Entwurf extense. Die
hauptsächstlichsten Punkte beschäftigen sich mit
den Kunstwerken historischen, archäologischen
und künstlerischen Interesses, die dem Staate
selbst gehören oder als Privateigentum ohne
Zustimmung des Staates nicht veräußert werden
dürfen. Unter diesen Paragraphen fallen alle
Immobilien Gärten, Wälder, ganze Landschaften,
Wasserläufe usw. als Mobilien: Codices, Manu-
skripte, Incunabeln, seltene Drucke und Stiche
und Münzsammlungen. Veräußerung aller sol-
cher Gegenstände darf ohne Vorwissen des
Staates bei einer Geldstrafe von 500—10000 Lire
überhaupt nicht geschehen. Ausführung aus